[Widmungsschreiben]

[6] Die Schau-Spiele / welche sich vor kurtzer Zeit auf einer dunckelen Buhne / bey schwachen Lichtern prassentiret haben / wollen numehr auch an dem hellen Tage-Lichte gesehen werden. Und also wünschen sie nochmahls dieselben Zuschauer / derer Anwesenheit auch die geringen Erfindungen kostbar gemacht hat. Es mag- seyn daß die Liebe gegen die interessirenden Anverwandten kräftiger gewesen ist / als die Sache / welche gemeiniglich zur unglückseligen Stunde / das ist / mitten in der Unruhe / und bey ändern Verrichtungen nicht erdacht / sondern geschrieben wird. Allein ich darf mich der allgemeinen Gewohnheit bedienen/da man seinen selb-eigenen Vortheil niemahls ableget: Und ich wil mir die stoltze Einbildung nicht mißgönnen / als wäre solches geschehen /einige Vornehme Affection gegen mich / als einen geringen Diener zu conrestiren. Endlich bin ich in dem versichert / daß Gelehrte / und Adelichen Qvalitäten zugethane Personen / dieses Werck allerdings nicht verwerffen können / darbey die Adeliche Jugend zu einer geziemenden hardiesse auf gemuntert / hiernebenst auch zu einer curieusen Betrachtung Menschlicher und Politischer Begebenheiten angefuhret wird. Die Schule ist ein sdiattiditer Ort / da man dem rechten Lichte gar selten nahe körnt. Indessen darf sich der Schatten mit einigen Vorspielen belustigen / dar bey man des Lichtes nach und nach zu gewohnen pfleget. Ich hätte bald gesaget / das Studieren könne bey manchen Gemüthern einen Eckel erwecken / wenn die Bücher selbst mit dergleichen gelehrter Annehmligkeit nicht recommendiret werden. Uber dieß wie könte ich einen zukünftigen Cavallier von meiner Hand wegziehen lassen / wenn er zwar das Gemüthe mit Lateinischen Gedancken / hingegen aber die Zunge mit keiner anständigen Beredsamkeit / viel weniger das Gesichte und den Leib zu keiner Leutseligen Mine disponirt hätte? Ja weil das Menschliche Leben an sich selbst einer immerwährenden Comödie vergliechen wird/so kan ich nicht besser[6] thun / als wenn ich die Partheyen bey guter Zeit abzuschreiben gebe /welche sie anitzo in kurtzweil versuchen / bald aber im Ernste vor die Hand nehmen sollen.

Meine Hochgeneigte Patronen lassen sich die Weitläufftigkeit nicht mißfallen / in dem ich einer Sache das Wort rede / welche von hohen und rechtschaffenen Gemüthern niemahls verdammet,wird. Jhre bey wohnende Tugend ist mir so bekand / daß ich dem gegenwärtigen Papiere keinen unglücklichen Anblick prophezeyen darf. Und jemehr ich in der jüngsten Reise durch das redliche / und GOtt gebe lange Zeit gesegnete Schlesien / zu diesen Concepte bin veranlasset worden / desto begieriger muß ich seyn / alle Gelegenheit zu ergreiffen / darinn meine auffwartsame Danckbarkeit möchte / wo nicht erwiesen / gleichwohl in der Sehnsucht bezeuget werden. Gehet demnach der inbrünstige Wunsch zu dem höchsten Urheber aller Hoch-adelicher und Ritterlicher Tugenden/es wolle derselbe an dero allerseits Preißwürdigsten Personen ein vollkommenes Exempel der Menschlichen Glückseligkeit sehen lassen / auch dero Höchstgeliebte Familien mit solchen Wachs-thum erhöhen / als dero eigener Wunsch / und die gegenwärtige Zeit vertragen kan. Und in dem ich durch die Abstattung dieser Pietät wünsche recommendirt zu seyn / übergebe ich diese wenige Arbeit zu nochmahliger Gütigkeit /und nehme im übrigen / auch ehe die Resolution Jhres vornehmen Ortes erfolgen kan / mir die beständige Kühnheit Lebenslang zu heissen


E.E.E. Hoch-Adl. Herrligk.


Zittau den 1. Octobr. 1682.


Zu allen Diensten

ergebenster

Christian Weise.[7]

Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 6-8.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Masaniello
Masaniello: Trauerspiel
Masaniello
Masaniello