Dritter Aufftrit.


[22] Roderigo.


RODERIGO. So muß eine Regiments-Person sein Hertz in der Gewalt haben / und was er innerlich gedencket / dasselbe muß er von aussen verbergen. Ich sehe wohl / was vor ein Ungewitter über diese Stadt aufziehen wil / und was der Marggraff von Velez in Sicilien hat erfahren müssen / solches möchte mir auch durch eine verwirrte Tragœdie begegnen. Allein je besorglicher die Sache scheinet / desto hertzhafftiger müssen meine Anschläge seyn / weil ich sonst meine getreuesten Freunde verliehren / und vielleicht bey der allgemeinen Furcht jhre Partie meinen Widersachern zuführen möchte. Wiewohl ich habe nichts verspielet: die guten Worte und die liebreichen Versprechungen sind bey mir zu gewisser Zeit gar wohlfeil.

FERRANTE komt gelauffen. Jhr Exellentz werden um dero eigenen Wohlfarth willen gebeten / des Unglücks in diesem Pallaste nicht zuerwarten. Ein verdamter Fischer-Knecht unternimt sich einer That / darüber gantz Neapolis zu einem Steinhauffen werden möchte.

RODERIGO. Es ist mir schon gesagt worden / daß ein närrischer Fischer-Bube durch ungeschickte Reden den Strang verdienen[22] wil: vielleicht eh dieser Tag vergehet / so kan jhm nach seinen Willen geschehen.

FERRANTE. Immittels wolle sich jhr Excellentz dero hohen Person versichern. Es ist dem unbändigen Gesinde gar ein leichtes / so geht der gantze Sturm auff den Pallast dergestalt loß / dabey wir alle das euserste Unglück erwarten müsten.

RODERIGO. Die Soldaten haben schon jhre Ordre, daß wir einen Anlauff wohl aushalten können. Es stünde mir auch übel an / aus der Stadt in ein Castel zuweichen / da mein Befehl und meine Gegenwart noch das meiste operiren müssen.

FERRANTE. Die Sonne operiret von dem Firmament biß in die Unter-Welt: Und ein Vice-Roy kan von dem neuen Castel seine Gegenwart biß in die Stadt bekant machen.

RODERIGO. Unterdessen werde doch unsere Flucht den Pöbel kühne machen. Wer mitten in der Gefahr standhafftig ist / der bringet den Feind erstlich in Verwunderung / hernach in einen Zweifel / endlich in eine Furcht / daß er sich der angefangenen Frevelthat nicht unbillich schämen mus.

FERRANTE. Die Ursachen sind so wichtig / daß ich Bedencken trage / das geringste darwieder einzuwenden. Aber wenn die schwachen Personen dieses Pallastes / jhr Excellentz verstehen / wen ich meine / bey Zeiten auf das Castell gebracht werden / so möchte solches wol zu entschuldigen seyn.

RODERIGO. Die Anordnung ist allbereit gemacht: wir wollen sehen / daß die Gefahr durch keinen Verzug gehäuffet werde / und jhr Fürst Ferrante werdet mich nicht verlassen.


Geht ab.


FERRANTE. Was wil ich thun? der Vice-Roy verachtet die Gefahr / er trotzet auf seine Autorität, also wil er den Pallast nicht verlassen / das heist / er wil sich und seine Freunde dem Tode gleichsam zu einem Opffer entgegen führen.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 22-23.
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