Fünff- und zwantzigster Aufftrit.


[174] Roderigo, Leonisse, Celinde, Arcos, Philomarini, Matelone, Ferrante, Carlo, Roccella, Torrecuso, Donato, Anaclerio, Prospero, Allegro.


RODERIGO. Jhr Eminentz haben nechst der Göttlichen Hülffe dieses Königreich Neapolis von dem eusersten Untergange erlösen helffen. Und dessenwegen sey deroselben anitzt in[174] Gegenwart des gesamten Hofes gebührender Danck abgestattet / biß jhre Königliche Majestät dero gnädigstes Erkäntnis hierüber werden erklären können.

PHILOMARINI. Jhr Excellentz erweisen einen Uberfluß einer gnädigen Höfligkeit / daß sie etwas höher schätzen / als vielleicht der Werth zu lassen wil. Ich habe das jenige gethan / welches ich mit Verletzung meines Gewissens und meines hohen Amptes nicht hätte verwarlosen können. Ist nun hierunter etwas gutes gewircket worden / so wird man vielleicht mehr auf die Göttliche Providentz / als auf meine Schwachheit sehen müssen. Doch erfreue ich mich im Grunde meiner Seelen / das jhr hohe Excellentz nach einem so hefftigen Ungewitter die Freuden-Sonne wieder geniessen / und dieses gantze Königreich mit neuer Gratulation erfreuen können. Es gebe nur der Gnadenreiche GOtt / daß solche Gratulationes durch eine langwierige Glückseligkeit zu jhrer Majestät / und des gantzen Staats Auffnehmen befestiget werden.

RODERIGO. Der Himmel gebe auf beyden Theilen / was wir wünschen können. Jhr aber Hertzog Matelone soll ich meinen Willkommen mit einer Condolentz oder mit einer Glückwünschung anfangen. Es ist mir hertzlich leid / was jhr verlohren habt: Doch sey der Himmel noch gelobet / der uns noch ein kostbares Stücke in unserer Gewalt übrig gelassen hat.

MATELONE. Jhr hohe Excellentz lassen sich einen armen Hertzog zu allen Gnaden befohlen seyn / welcher an Gut und Blut fast den eusersten Ruin hat erdulden müssen.

RODERIGO. Die Treue / sol jederzeit unvergessen bleiben. Allein was rathen jhre Eminentz / daß numehr bey der Sach zu thun ist?

PHILOMARINI. Es wird rathsam seyn / daß sich der gantze Hof durch die Stadt in einer öffentlichen Procession sehen lasset / und daß also fort die Spanischen Soldaten wiederum in jhren Posten angewiesen werden. Und vor allen Dingen müssen die Befreundten und die Helffers-Helffer der Rebellischen[175] Buben in gefänglichen Hafft gezogen / und daselbst dem gantzem Volcke zum Schrecken biß auf erfolgende Straffe behalten werden.

RODERIGO. Es sey also. Doch daß zuvor ein Curierer nach dem Königlichen Hofe abgefertiget wird / welcher ein neues Wunderwerck / das ist / das Ende einer Rebellion überbringen soll / davon man noch keinen Anfang erfahren hat.

PHILOMARINI. Es wird ein Schrecken seyn / wie im Traume / da man sich im Erwachen erfreuet / daß die Furcht verschwunden ist.

RODERIGO.

So blüht Hispanien in diesem Reiche noch.

LEONISSE.

So träget unser Hoff kein unverdientes Joch.

CELINDE.

Die Kindern sollen noch den sichern Vater kennen.

ARCOS.

Und mögen ausser Furcht den süssen Nahmen nennen.

PHILOMARINI.

Die GOttes-Häuser sind am meisten unverstört.

MATELONE.

Dieweil des Pöbels Haß hinfort kein Hauß versehrt.

FERRANTE.

Wir dürffen Stadt und Hauß in Sicherheit betreten.

CARLO.

Und sollen Brodt und Lufft nicht von dem Volck erbeten.

ROCCELLA.

Der uns befehlen soll / zeigt uns den freyen Stab.

TORRECUSO.

Und wendet ferners Leid von unsern Pforten ab.

DONATO.

Nun kan die hohe Hand des Königs Wort besiegeln.

ANACLERIO.

Nun wil der offne Marckt die Wahren nicht verriegeln.

PROSPERO.

Nun stehet der Pallast und nimt wieder ein /[176]

ALLEGRO.

Und ich kan noch / wie vor / der Tafel-Steher seyn.

RODERIGO.

So wird ein Mann vergnügt / der auf die Tugend bauet.

LEONISSE.

Und in verliebter Gunst auf GOttes Gnade trauet.

CELINDE.

So spürt ein treues Kind des Bethens hohe Kraft;

ARCOS.

So kömt ein junger Sohn zu alter Wissenschafft.

PHILOMARINI.

So hat die Geistligkeit das jhre wohl verrichtet.

MATELONE.

So hat die kluge Flucht die gröste Noth zernichtet.

FERRANTE.

Es ist ein edles Thun / wer klug und tapffer ist /

CARLO.

Und gleichwohl der Gedult im Schrecken nicht vergist.

ROCCELLA.

So läufft es glücklich ab / mit Warten und mit Schweigen.

TORRECUSO.

Man sieht die Blüthe nicht / biß sich die Früchte zeigen.

DONATO.

Ach wird die Freude nicht im Lande kund gethan?

ANACLERIO.

Und schreibt man den Triumph nicht allen Thürnen an?

PROSPERO.

Die Nachwelt soll den Ruhm der Zeiten nicht vergessen.

ALLEGRO.

Der Koch hat angericht / jhr Herren komt zum Essen.

Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 174-177.
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