X.

[113] Nur diese Caution darff nicht aussen bleiben / daß man keinen beleidiget / der sich durch solche unbesonnene Rede getroffen findet. Ich meine etwan einen hohen und vornehmen Patron / welcher dem Auctori aus bösen Verdacht schaden könte: den wer ohne Bedacht in die Laster hinein stürmet / der ist wie ein voller närrischer Mensch / der mit dem blossen Degen Lufft-Streiche thut / und hernach unversehens einen beleidiget / dem er gewiß nichts böses zugedacht / oder gegönnet hätte. Das ist war; Die Laster werden darum getadelt / daß sich jemand der Censur annehmen sol. Doch muß[113] man mit einem Laster seuberlicher eingehen / als mit dem andern. Zum Exempel wen ich zu Leipzig etwas schriebe / so mag sich jemand in Hamburg oder Dantzig des Handels annehmen: er wird doch schwerlich so unbesonnen handeln / das er mich als einen unbekandten eines specialen Absehens beschuldigen wolte: Aber wen ich auff das jenige gar zu scharff mit der spitzigen Feder loß gienge / welches an dem Orte da ich lebte / oder da auch die Schrifft gedruckt würde / an kundbaren Personen erst begegnet / und demnach in frischen Andencken noch enthalten wäre; so möchte ich mich entschuldigen wie ich ich wolte / die Præsumption wäre da / ich hätte eben hierauff gezielet: Gesetzt daß auch die heilige Innocentia selber vor mich eine Intercession einlegen / und mir ein Privilegium Inconsideratæ Scriptionis zuwege bringen wolte / wie etwan dort die Lacedæmonii, welche ausruffen liessen: Liceat Cluzomeniis ineptè facere.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 113-114.
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