XXIV.

[37] Doch solches bestehet erstlich bey dem Glücke / daß eben dergleichen Fälle sich ereignen / und den bey einer guten Resolution, daß man aus allen Umständen ex tempore was erdencken kan. Immittelst lassen sich unverhoffte[37] Dinge leicht vorbringen / derer sich der Zuhörer nie versehen hätte: und darauff sich gleichwol ein Redner zuvorher kan gefast machen. Zum Exempel kurtz vor meiner Abreise aus Weissenfels solte ich dem Seel. Hrn Ambts-Voigt Rüdinger die Leichabdanckung verrichten. So gebrauchte ich mich eben dieses unverhoften Kunstgrieffes. Den ich sagte / ich wäre ersuchet worden / so wohl denen Leichbegleitern Danck zu sagen / als auch einen Trost vor die Leidtragenden beyzufügen; Aber ich befände / daß keines von Beyden nöthig wäre. Nicht nötig wegen der Begleiter / weil sie den Dienst seiner Tugend wären schuldig gewesen: nicht nöthig vor die Leidtragenden / weil sie durch des Mannes Pietät, als durch ein tägliches Exempel zu einer Göttlichen Gelassenheit wären angewiesen / auch allbereit von der Cantzel zu Fortsetzung solches Osterglaubens erinnert worden. Hier kam alles vor / was man insgemein dem Verstorbenen zum Nachruhm /[38] und den Hinterbliebenen zum Troste ordentlich gedencken muß. Nur das unverhoffte Paradoxum, als wen die eingeführte Manir nicht nöthig wäre / muste dem alten Wercke ein neues Färbgen anstreichen.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 37-39.
Lizenz:
Kategorien: