Das neunte Capitel.

Drey Eigenschaften der Beicht.

[870] Die Beicht sey demüthig, redlich, lauter.


Demüthige deine Seel vor dem Priester, lehret Ecclesiasticus Cap. 4. v. 7. äusserlich, mehr aber innerlich demüthige dich vor dem Priester: falle auf deine Knye, neige das Haupt, klopfe an die Brust, sprich, oder gedencke gleich dem verlohrnen Sohn: Ich hab gesündiget in Himmel, und vor dir O GOtt! nun bin ich nicht werth dein Sohn genennet zu werden. Oder mit dem offenen Sünder, welcher unterist im Tempel mit niedergeschlagenen Augen an das Hertz klopfend gesprochen: HErr sey mir armen Sünder gnädig. Oder aber gleich der büssenden Magdalena werffe dich dem Priester zu Füssen, damit du in der Bekantnus Gnad findest bey demjenigen, welcher die Demüthigen ansihet und erhöhet.

Alcuinus ein geistreicher Sitten-Lehrer gab Carolo dem Grossen diese Lehr, Euer Majestät müssen zur Zeit ihrer Beicht, ihre Herrlichkeit ablegen, zu Boden fallen, der Beichtvatter muß sie eine Zeitlang liegen lassen, darnach andeuten sich aufzurichten. Libr. de divinis officiis.

Constantina Kayserin beruffet am Charfreytag ihren Beichtvatter Joachim Abbten des Closters Florentz, willens zu beichten. Sie sitzet in ihrem herrlichen Sitz, dabey ein niederer Sitz für den Beichtvatter gerichtet war, dahin deutet sie, wo er niedersitzen und sie anhören solle; der getreue Seel-Sorger weigeret sich nieder zu sitzen, sprechend: So Euer Majestät in ihrem Sitz sitzen, so ist meine Schuldigkeit stehen, und dero Befehl vernehmen, will sie [870] aber beichten, so ist ihre Schuldigkeit knyen, meine Verrichtung sitzend, und sie anhören und loßsprechen von ihren Sünden. Und diese Wort fanden eine gute Statt. Vita B. Joachimi Abb. Florenns 29. Maji Franc. Boertius.

Eine Neapolitanische Fürstin knyet nieder auf einen sammeten Polster, ihre Beicht zu verrichten, dessen wird der Beichtvatter gewahr (der sie nie vorhero angehöret) weigerte sich ihre Beicht anzuhören, beredet sie den Polster hinweg zu thun. Seine Kühnheit macht keinen Verdruß, sondern erhaltet, daß sie den Polster weggeworffen, auf blossen Boden knyend, demüthig gebeichtet und allein diesen für ihren sichern Seel-Sorger und Beichtvatter erwählet.

Zu allen Zeiten war der Brauch, die Häupter mit Aschen bestreuen, den Leib mit Loden bekleyden, die Füß entblössen, mit verwachsenen Bart, und einen Strang am Halß äusserlich, die innerliche Bußfertigkeit erzeigen, das erfordert die Christliche Kirch nicht für nothwendig, doch eine äusserliche, ein Zeichen der innerlichen Demuth, Kraft dero sich niederbiegen, auch die, welche die Welt tragen.

Der Demuth folge die aufrichtige Redlichkeit: man muß sich anklagen, nicht entschuldigen, und verträulich sprechen: Meine Missethaten werde ich wider mich bekennen, etc. Ottmayr ein Teutscher zu Kentibrut in Türckey, weilen er mit Sünden besessen, wollte ihn auch der Teufel besitzen, dann aus einem besessenen Weib, welches beschworen worden, wollte er aus- aber in diesen einfahren, Ottmayr wird dessen von dem Priester berichtet, spricht und entschliest alsobald, wider sich seine Missethaten zu bekennen, entscheydet sich seiner Sünden, und verschliesset durch eine aufrichtige Beicht dem Teufel allen Eingang, Bolland. in vita B. Mauri Arch. Mogunt. 4. Febr. Tom. 1.

Der Sünden im Busen trägt, dem laufet nach Spott und Schand; und eben den will der Teufel vor GOtt und der Welt zu Schanden machen; einsmahls ruffet dieser höllische Feind, aus einer andern besessenen Person, von einem gewissen Herrn, jener benannter Herr darf sich vor mir nicht blicken lassen. Freylich erkennet dieser Herr, was für einen Last Sünden er im Busen traget, wollte derowegen sich bevor er gebeichtet, nicht sehen lassen: aber nach der Beicht, welche er bey dem H. Ertz Bischof Landfranco zu Candelberg verrichtet, erscheinet er vor der besessenen Person, und der Teufel konnte ihne nicht zu schanden machen, sondern müßte ruffen: Wer hat dir dein Schwärtze abgezogen? wer hat dich geweißnet? das hat die Kraft der redlichen Beicht gethan, dieses ist die Würckung der Sacramentalischen Buß. Vita B. Landfranci 28. Maji. Baertius Tom. 6.

Die Entschuldigung in unsern Sünden ist ein schädliches Erbtheil, das von unsern ersten Eltern uns zufallet. Adam leget sein Sünd auf das Weib, Eva auf die Schlangen, GOtt erforderet [871] von ihnen die Beicht ihrer Sünd, welche sie nicht laugnen, sondern entschuldigen. Nicht also müssen die Sünden gebeichtet, und mit der Entschuldigung beschämet, sondern ohne Entschuldigung redlich angeklagt werden. Laßt uns derowegen allezeit vor der Beicht mit dem büssenden König GOtt bitten: Neige mein Hertz nicht auf boßhafte Wort in Sünden mit Entschuldigung sich entschuldigen. Psalm. 140. v. 4.

Die dritte Beschaffenheit einer guten Beicht ist, daß sie pur lauter geschehe, forderist in dem, das wider das 6. und 9. Gebott gesündiget worden.

Die wirckliche Sünden in der Geilheit, wie auch die böse Begierden und Beliebungen der unzüchtigen Einbildungen müssen zwar benennt, ja auch der Unterschied der Sünden und die Anzahl angezeiget, doch so viel es seyn kan, keusch ohne anreitzige Beschreibung vorgebracht werden. Vide Jacob. Marchantium tr. 5. de condit. confess. cond. 3. in candelabro mystico.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 870-872.
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