Vorred

An den günstigen und seiner Seelen liebhabenden Leser.

[896] Ein erschröcklich doch heylsames Büchlein hast allhier geliebter Leser, welches ich aus dem Welschen an das Teutsche Liecht gebracht. Erschröcklich ist es, weilen dir darinnen greulich verdammte Gespennster begegnen werden, heylsam, weilen es sichere Mittel an die Hand gibt das ewige Heyl zu versorgen. Wie kurtz ist unser ablauffendes Leben, in dem es erschröcklich ist zu gedencken, daß wir zwischen dem Himmel und der Höllen wanderen, bald ewig seelig oder verdammet: Warum setzet uns GOtt in dieses ungewisse und gefährliche Mittel? Will zwar, und begehrt uns seelig zu machen, entweders durch ein unschuldig Christliches, oder bußfertiges Leben; so wir aber sündigen, und halsstärrig in der Boßheit verharren, oder keine würdige Früchten der Buß herfür bringen, so ist es schon geschlossen über uns, wir seynd ewig verdammet. Willst du die Ursach wissen, warum unmittelbahr und unvermeydlich uns vorstehe, zur Rechten die ewige Seeligkeit, zur lincken Seyten die ewige Verdammnuß, wohin wir täglich eylen, auf einer Seyten in Glück oder Unglück immerdar zu verbleiben; diese eintzige Ursach ist es, damit wir mit grosser Sicherheit uns befleissen die ewige Seeligkeit zu erlangen, und der ewigen Verdammnus zu entgehen.

Es ist eine grosse Sicherheit in der rechtschaffenen Beicht und Buß begriffen zu seyn; förchtest du die ewige Verdammnus? [896] Ach! wer hat Vernunft, und wolte es nicht förchten, so folge dem geheimen Rath dieses Büchleins: Timor Consiliarios facit, die Forcht macht gute Rathgeber. Diese Forcht gibt dir den Rath, du sollst aufrichtig mit zerknirschtem Hertzen alle deine Sünd bekennen demselben, welcher ein göttlicher Gewalts-Trager ist dir alle deine Sünden zu vergeben. Hoffest du die ewige Seeligkeit, Ach! wer ist, der da glaubt den Worten Christi, und wolte nicht hoffen seelig zu werden; aber Spes alit, & fallit, die Hofnung ist manchem in den Brunnen gefallen, viel seynd in Abgrund gefallen des äussersten Verderbens, die ihnen grüne Hofnung gemacht durch einen äusserlichen sittlichen Wandel, durch einen gleissenden Schein der Tugend, durch andere gute Werck, welche alle ohne wahrhafte Buß keinen Verdienst gehabt, GOttes Gnad zu überkommen, und seelig zu werden. Willst du sicher handlen von der breiten Strassen, welche zu der Verdammnus führet, abweichen; Lese mit Gottesforcht dieses erschröckliche Büchel, und folge dem hierinn begriffenen geheimen Rath, verrichte einmahl eine vollkommene General-Beicht von deinem gantzen Leben. Willst du wandlen in die Freyheit der Kinder GOttes, und wanderen auf dem engen Gang-Steig der Auserwählten, mit guter Hofnung lese dieses Büchlein, und folge dessen geheimen Rath, in allen und jeden Beichten, die du verrichtest, verdamme alle Sünd, und mache allezeit einen steiffen Vorsatz, die grobe Sünden, und nähere sündliche Gelegenheit behutsam zu vermeyden. Laß dir rathen, was du willst, nichts ist sicherer gerathen, als vollkommene Reu der begangenen Sünden, rechtschaffene Buß, und die würdige Bußfertigkeit.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 896-897.
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