Acht und zwantzigstes Exempel.

Ein 7. jähriger Knab ist bereit, ehender lebendig verbrennt zu werden, als dem Christlichen Glauben abzusagen.

[50] Im Jahr Christi 1624. erhebte sich in Japonien (einem Land, das im äussersten Welt Theil Asia liegt) wider den Christlichen Glauben eine so heftige Verfolgung, daß allenthalben fast nichts anders zu sehen war, als Creutz, Schwerdt, Feur und Flammen; durch welche Marter-Zeug [50] viel 100 Christen des zeitlichen Lebens beraubt, zu dem ewigen befördert wurden. Zu diesem End stärckten manche Eltern, und probierten ihre Kinder auf unterschiedliche Weiß; um selbige zur Marter bequem, und hertzhaft zu machen: unter welche forderist zu zählen ein gewisser Herr, aus dem vornehmsten Adel selbiges Lands; welcher sein 7. jähriges Söhnlein mit steten Ermahnungen, und nachfolgenden Proben also zur Marter aufmunterte: Gibe wohl acht (sprache er fast täglich zu ihm) daß du dich lieber durch den grausamen Tod hinrichten lassest, als dem wahren Christlichen Glauben abzusagen. Wenig Täg vorher, ehe man ihn ergriffen, und Handvest gemacht, sagte er zu dem Knaben: Mein Kind! gesetzt, du sehest die Gerichts-Diener wider dich ankommen, dich zur Marter abzuführen; wurdest du auch ehender dich lebendig verbrennen lassen, als Christum verlaugnen? Und was (antwortete der Knab) wurde der Herr Vatter thun? Ich wollte mich (sprach dieser) ehender 1000mahl verbrennen lassen, als Christum verlaugnen. Und ich auch, antwortete der Knab. So komme dann herbey (sagte der Herr Vatter) ich will dich probieren, ob du auch deinem Vorgeben nach, starckmüthig das Feur ertragen mögest. Nimm hin diese feurige Kohlen, und behalte sie so lang in der Hand, bis ich dir befehle solche fallen zu lassen. Der Knab reichte unverzüglich die Hand her, und hielte die brennende Kohlen unbeweglich (ob schon das Fleisch mercklich verletzt war) so lang, bis ihm der Herr Vatter gebotten, solche hinweg zu werffen, als man ihn fragte, ob er dann keinen Schmertzen empfunden habe? Gabe er zur Antwort: Einer, der bereit ist, lebendig verbrennt zu werden (wie dann ich bin) muß es wenig achten, eine glüende Kohlen so kurtze Zeit in die Hand zu nehmen, wie ich gethan hab. Hazart. S. J. in seinen Japonischen Kirchen-Geschichten 6. Theil, 10. Cap.


Wie groß muß die Liebe dieses Knabens gegen GOtt gewesen seyn; der sich nicht gescheuet ehender lebendig verbrennt zu werden, als von GOtt, und sei nem Glauben abzuweichen? Und wie müssen sich erwachsene Christen gegen diesem Knaben schämen, wann sie nur in Anhörung der Marter durch das Feur erschrecken! Allein da muß man die Güte GOttes anbetten, welche denen schwachen Kindern darum so viele Starckmüthigkeit verleyhet; damit diejenige zu schanden werden, welche sich mehr auf die natürliche Kräften, als GOttes Gnad verlassen. Ein Kind kan mit GOttes Gnad mehr, als alle Menschen mit ihren natürlichen Kräften.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 50-51.
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