Dritte Begebenheit.

[440] Es giengen auf eine Zeit drey Pilgram nach einem Heil. Ort wallfahrten, sie müßten ihren Weeg durch einen Wald nehmen. Zween aus ihnen, so voraus gangen, fielen unter die Mörder, von welchen sie erstlich ihrer Kleider; darnach auch des Lebens beraubt worden. Der dritte, welcher langsam nach ihnen gienge, und seiner Gewohnheit nach die kleine Cron U.L. Frau zu betten angefangen, fiele gleichfalls diesen Mördern unter die Händ. Und da sie ihn ermorden wolten, bathe er sie um GOttes willen, ihme so viel Zeit zu lassen, daß er das zu Ehren der Heil. Jungfrauen angefangene Gebett vollenden möchte; so er auch von ihnen, (wiewohl schwerlich) erlangt hat. Was geschiehet? unter währendem Gebett erbarmet sich die Mutter der Barmhertzigkeit über diesen ihren andächtigen Diener, und erscheinet ihm klarer, als die Sonn, sitzend auf einem herrlichen Thron, zwischen der Heil. Catharina und Lucia, welche beyde dieses armen Pilgrams Patroninnen waren. Diese wurden auch von denen Mörderen gesehen, welche vermerckt haben, daß aus dem Mund des Bettenden auf ein jedes Vatter unser ein rothe, auf ein jedes Ave Maria aber ein weisse Rosen gienge. Diese Rosen klaubte die Heil. Catharina auf Befehl Mariä zusammen, und überreichte sie der Heil. Luciä, welche selbige an ein goldenen Schiene mit silbern Fäden gebunden, und daraus ein schönes Kräntzlein geflochten. Nach vollendtem Gebett, und gemachten Kräntzlein setzte es die Himmels-Königin diesem ihrem andächtigen Diener auf das Haupt, und verschwande mir ihren Jungfrauen gen Himmel. Die Mörder aber giengen in sich selbsten, erzählten dem von ihnen Uberfallenen, was sie gesehen, und zeigten ihm das von Rosen zusammen geflochtenes Kräntzlein. Dieses hatte Ursach geben, daß der Pilgram um GOtt, und seiner Jungfräulichen Mutter andächtiger zu dienen, in ein Closter gangen, die Mörder aber sich bekehrt, und forthin ein frommes Christliches Leben geführt haben.

Franc. la Croix. S.J. in Hortul. Mariano cap. 8.


Wilt du nun wissen lieber Leser, in wem dieses Cron-Gebett bestehe? vernimme es: drey Vatter unser zur Ehr der allerheiligsten Dreyfaltigkeit; nach einem jeden aber vier Ave Maria: um hierdurch GOtt Danck zu sagen für die Gnaden, die er der seligsten Jungfrauen, und durch diese der Welt erwiesen hat. Zwey für Ausreutung der Ketzereyen, und anderer Sünden, durch welche die Kirch GOttes betrübt wird. Drittens einen seligen Tod allen denenjenigen zu erlangen, so diese Cron alle Tag betten. In diese Gesellschaft kan sich einer selbst einverleiben, wann er nur drey Vatter unser, zwölf Ave Maria bettet, nach Meinung deren, so diese Andacht zu beförderen begehren.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 440-441.
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