Drey und dreyßigste Fabel.

Die Mäuß halten wider die Katz einen Rathschlag.

[777] Man sagt, daß sich die Mäuß auf eine Zeit versammlet haben, um zu rathschlagen, wie sie denen Nachstellungen der Katz im Haus entgehen möchten. Dann (sagten sie) wir schlupfen vielmahl kaum aus unseren Löcheren herfür, da ist uns die Katz schon auf dem Hals, und gibt uns den Rest, nachdem sie zuvor grob genug mit uns geschertzt hat. Da waren dann viele aus den jungen Mäusen, die sich für klug hielten, [777] sagende: sie seyen der Meynung, es wäre kein besseres Mittel, als wann man der Katzen ein Schellen anhenckte; dann auf solche Weiß wurde die Katz durch das Schellen ihre Gegenwart gleich verrathen; mithin wurden die Mäuß kein Gefahr haben von ihr ertappt zu werden. Allein eine aus den alten Mäusen, die nunmehr einen grauen Bart um das Maul hatte, stunde von ihrem Sessel auf und sagte: ihr gute Kinder, es ist nicht ohne, das vorgeschlagene Mittel ist sinnreich, allein, welche aus uns getraut ihr, der Katz die Schellen anzuhencken, ohne Gefahr von ihr aufgefressen zu werden. Ex Gabr. Faetno.


Also kan einem bald ein Gedancken einfallen, der sinnreich ist; allein, wann man ihn soll ausführen und ins Werck setzen da steht man am Berg, und zeigt sich eine Beschwehrnus über die andere, an die man nicht gedenckt hat. Ist also ein grosser Unterschied zwischen dem Rathgeben und dem Werck, zu dem man gerathen hat. Folgends gehört ein anderer Kopf zu dem Rathgeben, und ein anderer zum Vollziehen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 777-778.
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