31. An Strephon

[426] Hier, Strephon, hier ist meine Hand,

Der Deutschen Treue sichres Pfand,

Dass ich mich niemahls mehr verbinde

Mit einer Chloris, noch Chlorinde;

Weil sie im Lieben insgemein

Zu listig oder albern sein.

Gnug, dass mein Arm offt die umfangen,

Die annoch rauchend von der Lust,

Nur eben, doch mir unbewusst,[426]

Aus eines andern war gegangen;

Und ich, was von der Schuld herkam,

Vor Zeichen ihrer Liebe nam.

Hinfort weiss ich von keinem Triebe,

Als der mich führt, zu deiner Gunst:

Die Lieb' ist untern Männern Liebe;

Und untern Weibern ist sie Brunst,

Erfahrenheit macht mich gelehret;

Und ich halt' itzt in mindrer Acht'

Die Liebe, die die Welt vermehret,

Als die die Menschen glücklich macht.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 426-427.
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