11. Auff die Thorheit der Welt

[137] Aus Ehrgeitz, Geitz, und viel zu wissen

Gehn wir nach Rom, Wien und Paris,

Nach Alcair, Algier und Cadiz,

Nach Leipzig, Königsberg und Giessen;[137]

Wir gehn ins Feld als Oberste,

An frembde Höf' als Abgesandte,

Auffs Rahthauss als des Rahts-Verwandte,

Als Flaggenführer in die See;

Wir gehn, verschwendend unsre Stunden,

Mit Brüdern in ein Sauff-Gelach,

Mit Schwestern in ihr Schlaff-Gemach,

Und ins Gehege mit den Hunden;

Wir gehn, um niemahls still zu stehn,

Und kitzeln uns mit stetem Wandern,

Wir gehn von einem Ort zum andern,

Und wolln doch in uns selbst nicht gehn.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 137-138.
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