24.

Wie Wilbaldus deß hochmeisters forstmeister ward, unnd wie er sich so artlich und jegerisch auff dem gejägd gehalten hatt.

[80] Erstlich haben ir das gantz läben, anfang und mittel gehört, wie und welcher gestalt Wilbaldus sein zeit herbracht hab; jetzund wend wir sein end und außgang auch besehen. Er wonet bey seinem vatter und Fridberten in grossen freüden, was gantz außrichtig in allen dingen. Diß gerucht von im erschal an deß hochmeisters hoff, der dann noch von seiner[80] widerkunfft nit gehört hatt. Er ließ den alten ritter für sich beruffen, befragt in aller ding seines sones halb; deß ward er gantz gruntlich von im bericht. Also befalch der hochmeister dem ritter, er solt im seinen son zů hoff schicken, er wolt in zů einem diener annemen. Deß der gůt alt ritter aber zůfriden was; er schicket Wilbaldum gen hoff.

Als in der hochmeister ersehen ward, fing er gantz gütiglich an zů lachen. Er befragt in gar eygentlich, wie es in ergangen, seid er von Boßna außgereyßt wer. Des alles in Wilbaldus gar eigentlich berichtet. ›Also‹, sagt der hochmeister, ›soll es allen bösen ungehorsammen sönen gelingen; sunst wirdend ir gar vil von vatter und můter lauffen und denselbigen gantz ungehorsam sein. Nun wolan, Wilbalde, dieweil du nun weyst, was armůt und eilend gethůn mag, wa es dein gelegenheit sein, wolt ich dich zů einem diener annemen. So mir dann die deinen dienst angenem sein wöllen, wirst du erfaren, das ich dich je von tag zů tag mit besseren und hohern diensten begaben und versehen will. Dann ich mit deinem vatter schon darvon geredt hab, in auch gantz willig funden. Du solt wyssen, daß mir kurtzlich ein forstmeister abgangen ist. So dir solch ampt anmütig unnd du lust zůr jägerey hettest, solt dir die forstmeisterey zůgestelt werden.‹

Wer was frölicher dann Wilbaldus, als er im jetz ein gnädig unnd geneigten herren wußt! Er nam das ampt zů grossem danck an, versprach dem hochmeister allen fleyß im forst und andren höltzern außzůrichten. Bald darnach stalt im der herr ein schönen gaul zů; deßgleich ein knecht, so stetig uff in warten und mit im reiten solt; demselbigen waren alle schlipff, weg und steg im gantzen forst, wiltnüssen und wälden wol bewußt, darumb ihn dann Wilbaldus dest lieber annam.

Als er nun urlob von seinem herren genummen, ist er eilens zů Fridberten gangen, damit er in seiner freüden auch teilhafftig machet. Er sagt: ›O mein lieber brůder, freüd euch mit mir! Dann das glück meynet es fast gůt mit mir; dann mich mein gnädiger herr zů einem dienstmann und forstmeister auffgenummen hat, mir auch ein weidlichen diener zůgestellet, so alweg uff mich warten [ist].‹ Sagt ihm dabey alle ding, was sein geschefft unnd befelch sein würd. Darab sich Fridbert[81] nit wenig erfreüwen thet, deßgleich Gottlieb, der alt ritter, insunderheit dieweil sie sahen, das sich Wilbaldus an seinem ampt so unstraffbar halten und gantz geflissen auff das wiltbret was. Nichts mocht sich vor im verbergen, es ward von ihm erspecht und zům jagen anbrocht, wiewol er manch hart obenteüwr darauff beston můst, als mit fressamen bären, wilden schweinen und andren grausammen wilden thieren. Also bleib er an solchem dienst lange zeit, das er manig stück wiltpret an den hoff brocht, so er mit seinem bogen und schuß fellet. So was sein diener auch sunderlich darauff abgericht; dann wann sie beid beynander waren, mocht kein bär noch wildschwein so gross sein, so in zů mechtig was, sie brochtens mit irer geschwinden und behenden geschickligkeit zů grund.

Einsmals aber begab sichs mit einer grausammen bärin, die hat junge in einem felsen, dieselbigen jetzund zimlicher größ und stercke waren. Sie kamen von ungeschicht zů dem hool und sahen zwen junger bären darvor gan, mit grossen steinen spilen und an der sonnen hin und her welgeren; sie klammen auch etwann auf die jungen tannbäum, damit sie ir stercke und geschicklicheit üben und brauchen lerneten. Wilbaldus und sein diener sahen in mit grossem verwunderen zů; die bärin aber was jetzund außgangen nach speiß. Wilbaldus und sein diener, als sie den jungen bären lang zůgesehen, seind sie zů raht worden auff sie abzůschiessen. Also hand sie sich nit lang gesaumet, ire beiden bogen auffgezogen und auff die jungen bären abgeschossen. Wilbaldus hat den einen getroffen, aber sein knecht, als er des andren gefelet, ist er mit grossem praßlen hinab zů thal gefallen.

Des ihn die alte bärin bald erhört hat und mit grosser ungestüm den berg hinauff irem hool zů gelaufen, die beiden jäger ob dem erschossnen bären ston funden, die sie mit grosser ungestüm angelauffen. Haben kein andre wehr mer, dann ire scharpfen schwinenspies zů hant genummen und sich zů weer gestellet. Als aber der diener seinem herren fürgesprungen ist, hat vermeynt die bärin zů erlegen, do hat sie im schnell seinen spies genummen unnd den zů kleinen stücken zerbrochen, die stang weyt hinunder verworffen. Der knecht[82] saumet sich nit lang, nam sein bogen, warff die bärin damit so hart auff den kopff, das ir davon getummelt. Wilbaldus ersahe das, zücket sein güte spies und stach die bärin auff stund zů todt.

Als sie nun die mit grossen sorgen überwunden, hand sie die beid, alt und jung, zůsam geschleifft, mit reiß und laub bedecket, auff ire roß gesessen, auß dem forst geritten, im nechsten dorff ein bawren bestelt, der in die beiden alt und jung bären auß dem walt gefürt, hand sie gen Boßna an hoff brocht nit mit kleinen verwundern aller deren, so sie gesehen hand, dieweil sie die sunder alle hund, seil unnd garn in dem forst gefangen unnd erlegt hatten.

Gottlieb, als er das vernam, kam er auch gen hoff, das übergroß thier zů besehen. Als er nun von dem knecht Wilbaldi vernam, wie sich alle sachen auff dem forst zůgetragen, hatt er heymlich in im selb gedocht: ›Ey du lieber Gott, wie seind deine urteil so wunderbarlich! Diser mein son můß gewißlich noch grosse far beston, dieweil du in in so manchen und grossen geferden bewarest. Ich glaub, das er zů einer seltzammen stund an die welt sey kummen. Wolan, ich bitt dich, bewar in alzeit vor schand und laster und gib im sunst zů schaffen genůg, damit er sein üppiges voriges wesen nit mehr anfoch!‹

Diß lond wir also beston. Dann solt alles gemelt werden, was Wilbaldo und seinem diener in forsten, welden, wiltnüssen und gebirgen zů handen gangen, es geb ein eygen bůch davon. Darumb wend wir weiter schreiben, wie es im sunst ergangen, wie er sich in ehlichen stand begeben, auch wie es seinem vatter, dem alten ritter, weiter gangen sey, deßgleichen Fridberten, dem cantzler, und Felixen, dem secretarien.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 80-83.
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