Gajus Plinius Secundus

an seinen Freund Ariston

... Sie melden mir, daß meine scherzhaften Gedichte der Gegenstand eines weitläufigen Gesprächs in Ihrem Hause gewesen, und daß sehr ungleiche Urteile darüber gefällt worden seien. Selbst diejenigen, (sagen Sie) welche diese Gedichte an sich selbst nicht, mißbilligten, konnten doch, aus Freundschaft für mich, nicht gut heißen, daß ich sie gemacht hätte; noch weniger aber, daß ich sie gar öffentlich bekannt werden ließe. Ich werde diesen Freunden eine Antwort geben, die mich in ihren Augen noch strafbarer machen wird: Es ist wahr, ich mache zuweilen Verse, und nicht sehr ernsthafte; ich mache Komödien, ich liebe alle Arten der Schauspiele; ich lese mit Vergnügen die Lyrischen Dichter; ich lese die Satyren-Schreiber, selbst die allerfreiesten, und brauche keinen Ausleger dazu; es gibt Stunden, wo es mir angenehm ist zu lachen, zu scherzen und zu kurzweilen; kurz, und um alle Arten der unschuldigen Ergötzungen in einem Worte zusammenzufassen: Ich bin ein Mensch. Es ist sehr schmeichelhaft für mich, wenn diejenigen, denen es unbekannt ist, daß die gelehrtesten, ansehnlichsten und rechtschaffensten Männer dergleichen Dinge geschrieben haben, aus guter Meinung von meinem Charakter sich verwundern, daß ich dergleichen schreibe. Von denen aber, welche wissen, wie viele und wie große Leute ich hierin zu Vorgängern habe, hoffe ich ohne Mühe zu erhalten, daß sie mich auf meinem Irrweg (wenn es anders einer ist) hinter denjenigen herschlendern lassen, denen nicht nur in ihren ernsthaften Beschäftigungen, sondern auch sogar in ihren Spielen nachzufolgen rühmlich ist; usw.

Im dritten Brief des fünften Buchs der Briefe des Plinius.page nr="75"/>

Quelle:
Christoph Martin Wieland: Werke. Band 4, München 1964 ff., S. 75.
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