Inhalt.

[157] Das Vorwort enthält einen beschönigenden Widerruf dessen, was der Dichter in der Erbitterung wider Eine von den Frauen überhaupt zu Anfange dieses Abschnitts gesagt hatte: es lebe nun kein Weib mehr, die wie Herzeleide die weltlichen Freuden um der himmlischen willen hingeben würde. Herzeleide hat sich, ihren Kronen entsagend, mit wenigen Leuten in die Wüste von Soltane zurückgezogen, wo sie ihren Knaben in bäurischer Einfalt erzieht und ihn sorgfältig vor aller Kunde des Ritterthums zu bewahren sucht. Doch schnitzt er sich Bogen und Bolzen und schießt nach den Vögeln, deren Tod er gleichwohl beweint, weil ihr Gesang ihm die Brust schwellt. Da will die Mutter alle Vögel fangen und tödten laßen; er aber bittet für sie und sie gedenkt, daß es auch Gottes Geschöpfe sind. Er fragt sie nach Gott und sie beschreibt ihn lichter als der Tag, und Er sollte ihn anflehen, dagegen den schwarzen Höllenwirth so wie den Zweifel meiden. Er übt sich auch mit dem Wurfspieß und erlegt viel Wild. Einst begegnen ihm auf seiner Jagd vier Ritter in glänzenden Rüstungen, welche den Jungfernräuber Meljakanz (vgl. 343, 25ff.) verfolgen. Er hält sie für Engel; sie bescheiden ihn aber, daß sie nur Ritter seien, und weisen ihn, da er auch Ritter zu werden verlangt, zu König Artus. Seinem Verlangen dahin kann die Mutter nicht[157] widerstehen, sie giebt ihm aber Thorenkleider und Lehren auf den Weg, die er allzuwörtlich befolgt. Sein Abschied bringt ihr den Tod. Im Walde Briziljan kommt er zu Orilus prächtigem Gezelte, dessen Gemahlin Jeschute er, nach der Mutter Rath, Fingerring und Fürspann (Halsschmuck) raubt. Er findet Sigunen, mit dem eben von Orilus (von dem auch Galoes gefallen ist) erschlagenen Schionatulander. Sie sagt ihm seinen Namen und weist ihn gen Bretagne. Ein Fischer, dem er den Fürspann schenkt, geleitet ihn bis in die Nähe von Nantes, der Hauptstadt des Artus. Hier begegnet ihm Ither, der rothe Ritter, der auf Artus Krone Anspruch erhebt und mit seinen Rittern zu kämpfen draußen hält. Mit dessen Aufträgen kommt er an den Hof, wo sein Aufzug wie seine Schönheit Alles in Verwunderung setzt. Kunneware, des Orilus Schwester, die nicht eher lachen wollte, bis sie den Ritter des höchsten Preises ersähe, lacht, und Antanor, der nicht eher reden wollte, bis sie lachte, bricht sein Schweigen. Beide werden von Keien gezüchtigt, welche Misshandlung Parzival zu rächen gedenkt. Mit dem Wurfspieß erschlägt er Itheren, und bemächtigt sich seiner Rüstung, die ihm Artus auf seine Bitte geschenkt hatte. So kommt er zu Gurnemans, dem Hauptmann der wahren Zucht (feinen höfischen Sitte), wo er seine kindische Einfalt ablegt. Gurnemans wünscht ihm seine Tochter zu vermählen, und entläßt ihn so ungern, als verlöre er in ihm den vierten seiner Söhne.

Quelle:
Wolfram von Eschenbach: Parzival und Titurel. 2 Bände, Stuttgart 1862, Band 1, S. 157-158.
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