Inhalt.

[579] Die Aventüre begehrt Einlaß in des Dichters Herz, um ihm weiter von Parzival zu sagen. Sie übergeht Manches, Anderes deutet sie nur an, wie das Abenteuer von dem zersprungenen, in dem Brunnen Lach bei Karnant wieder ganz gewordenen Gralsschwerte. Es folgt eine neue Begegnung mit Sigunen, die jetzt im härenen Hemde eine Klause über dem Grabe des Geliebten bewohnt. Sie verzeiht ihm, in Betracht, daß er hart genug gestraft sei, die unterlaßene Frage, und räth ihm, Kondrieen, welche ihr alle Samstag Nacht Speise brächte, und sie erst vor Kurzem verlaßen hätte, nachzureiten. Parzival folgt der frischen Spur, hat sie aber wieder verloren, als ein Gralsritter ihm Kampf bietet, weil er es gewagt habe, Monsalväsch so nahe zu reiten. Der Templeise wird besiegt, entkommt aber lebend; sein Ross mit der Turteltaube, dem Wappen des Grals, am Buge besteigt Parzival statt des ihm erschlagenen. Lange Zeit darnach begegnet ihm ein grauer Ritter, der mit seinem Weib, zweien Töchtern und fürstlichem Gefolge barfuß, obgleich Schnee gefallen war, seine jährliche Buß- und Bittfahrt durch den Wald zu einem Einsiedel unternommen hat, und es herzlich beklagt, daß Parzival im Harnisch die heilige Zeit nicht begehe, indem heute Karfreitag sei; er räth ihm, gleichfalls bei dem Einsiedel zu beichten und Buße zu thun. Die Jungfrauen laden ihn zu Gaste: er will aber nicht neben ihnen reiten, während Sie zu Fuße gehen, Den[579] zu verehren, welchen er haßt, beurlaubt sich und reitet weiter. Darauf aber wird er reuig, gedenkt zum Erstenmal seines Schöpfers, und überläßt, dessen hülfreiche Führung zu versuchen, dem Ross die Zügel. Da bringt es ihn gen Fontain-sauvasche, wo Trevrezent als Einsiedel ein strenges Bußleben führt. Hier erfährt er die Märe von dem Gral, welche der Dichter bisher absichtlich verschwiegen hat. Parzival erkennt die Stelle, wo er Orilus durch einen Eid über Jeschutens Treue beruhigt hat. Er steigt vom Pferde, und erzählt dem Klausner von dem Ritter, der ihn hieher gewiesen habe, seine Sünden zu beichten. Trevrezent führt sein Ross an einen Felsenbrunnen, ihn selbst zu einem Feuer in einer Gruft, wo der Held sich wärmt, entwappnet und einen Rock des Einsiedels anlegt. In einer zweiten Höhle findet er auf dem Altar die Heilthumskapsel, der er bei jenem Schwur die Hand aufgelegt hat. Er fragt, wie lange das her sei, und erfährt, daß fünftehalb Jahre seitdem verfloßen sind. Er bekennt, in all dieser Zeit kein Gotteshaus besucht zu haben, indem er Haß zu Gott im Herzen trage. Der Klausner belehrt ihn über Gottes hülfreiche Barmherzigkeit und Güte, warnt ihn vor Vermeßenheit an Lucifers, Evas und Kains Beispiele, und fragt, welcher Kummer ihn beschwere. Als ihm Parzival seine Sorgen um den Gral und sein Weib klagt, lobt er letztere, und nennt die andere thöricht, weil den Gral nur der vom Himmel dazu Benannte gewinnen könne. Nun erzählt er von dessen himmlischem Ursprung, von der Taube mit der Oblate, von der erscheinenden und verschwindenden Schrift u.s.w. Als Parzival ihn mit dem Wunsch unterbricht, durch die Schrift zum Gral benannt zu werden, warnt er ihn vor Hochfahrt an dem Beispiele des Anfortas, und fährt fort zu berichten, wie die Templeisen die Grenzen des Gralreichs schützen; gleichwohl sei Lähelein bis an den See Brumbane vorgedrungen, wo er einen Gralsritter getödtet und dessen Ross erbeutet habe. Für Lähelein hält der[580] Einsiedel seinen Gast wegen seines Pferdes, doch bekennt sich dieser für den Sohn Gahmurets und Ithers Sieger. Trevrezent erschrickt als er hört, daß sein Neffe den nahen Blutsfreund (Ither war mit Lamiren, der Tochter Gandeins, also Gahmurets Schwester, vermählt) erschlagen; wie er denn auch scheidend seine Mutter, Trevrezents Schwester, getödtet habe. Er erzählt nun von seinen übrigen Geschwistern, Tschoisianen, der Mutter Sigunens, Repansen de Schoie, die den Gral zu tragen gewürdigt wird, und Anfortas, dem König des Grals; dann des letzten Verirrung im Minnedienst, seine Verwundung mit dem vergifteten Sper des Heiden, die vergeblichen Heilungsversuche, und wie zuletzt die Schrift am Gral einen Ritter gemeldet, dessen Frage Erlösung brächte, der aber dann keine Frage gethan habe. Dann gehen Beide Gras und Laub für das Ross, sich selber Wurzeln und Kräuter suchen. Nach dem kargen Mal gesteht Parzival, daß Er jener Ritter gewesen sei. Sein Oheim beklagt ihn, hofft aber, ihm werde noch Heil blühen, wenn er sein Herz so erkühnen könne, daß er an Gott nicht mehr verzweifle. Darauf erklärt er ihm Alles, was er zu Monsalväsche gesehen hat, die blutige Lanze, die Meßer mit den Silberklingen, Anfortas Frieren und Lehnen, sein Fischen auf dem See Brumbane und die dienenden Frauen; schildert ihm dann der Templeisen Leben, wie der Gral aus seiner Schar den herrenlosen Ländern Fürsten heimlich schicke, die Jungfrauen aber, wie Parzivals Mutter, öffentlich vermähle, und wie alle Gralsritter, außer dem Könige, Frauenminne verschwören müsten, eine Vorschrift, die auch Er in seiner Jugend unbeachtet gelaßen, wie seine Erzählung ergiebt. Nach solchen und ähnlichen Gesprächen gehen sie zur Ruhe. Vierzehn Tage bleibt Parzival bei dem Einsiedel; beim Abschied ermahnt ihn dieser, Frauen und Priester zu ehren und spricht ihn frei von Sünden.

Quelle:
Wolfram von Eschenbach: Parzival und Titurel. 2 Bände, Stuttgart 1862, Band 1, S. 579-581.
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