1. An den Neugebohrnen Friede-Fürsten

[22] Willkommen/ süßes Kind/ Du schöne Himmels-Speise/

Du Brunn von Bethlehem/ da Nectar überquillt

und unsre Seele tränckt. Vergönne/ daß ich preise/

Du Wort des Vaters/ Dich; Gib Gnade/ so du wilt/

Daß ich dein Nahmens-Lob erheben mag auf Erden/

Wodurch ein fromm Gemüth die Seeligkeit gewinnt.

Ach! möchte nun mein Hertz alßbald zur wiegen werden!

So wolt ich nehmen ein/ dich/ wunder-schönes Kind/

Du liegst da bloß und arm und zihst vor frost die Lippen/

Du Leit-stern Israels/ Du Väter Vater Du

und auch des Vaters Sohn; Du hast in einer Krippen/

Du Schöpfer aller Ding'/ erwehlet deine Ruh:

Das soll die Wiege seyn! was hastu nun für Betten?

da find' ich Stroh und Heu/ das Ochs' und Esel frist:

Ach wolte/ wolte Gott! daß wir gelebet hetten/

Da Joseph dich/ ô Kind/ zum erstenmahl geküst

und fleischlich angeschaut! wie wolt ich dich empfangen!

Die Wiege solte seyn besteckt mit Roßmarien/

und was bey diesem frost und kälte nicht vergangen:

Ich wolte küssen dich/ Du Himmlischer Rubien!

Du edles Kleinod Du/ Du Trost der armen Schwachen

Du soltest meine Lust und beste Freude seyn:

Nun kann ich nicht allhier Dich leiblich sehen lachen/

So wird es geistlich dort geschehn/ mein Jesulein!


Quelle:
Philipp von Zesen: Sämtliche Werke, 17 Bände, Band 1, Berlin/ New York 1970 ff., S. 22-23.
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