An di

über-irdische

ROSEMVND.

[231] Kom, ädle Rosemund, komt hähr ihr Amstelinnen,

ihr töchter bei der Lech, ihr lihblichen Lindinnen;

der kühle mäi komt auch, der jahr-markt aller lust,

und zeugt der frohen wält di wider-junge brust.

Kom schöne Rosemund, kom unter dise linden,

lahs mit der windters-zeit den schwären unmuht schwünden,

und gihb mihr günstig zu, daß ich auf disen tahg

fohr deiner Amstel-burg von libe süngen mahg.

Des Himmels keusche braut, di ärd', ist schwanger worden,

der weisse west vertreibt den sauren wind von norden.

der wider-grüne wald krihgt ohren und gesicht;

der frechche wider-ruhf schweigt auch sein klagen nicht. [302]

Bluhminne stükt ihr kleid mit tulpen und narzissen;

di hiazinten-blüht schühsst auf bei klahren flüssen,

wor-in das klähglich' ach annoch geschriben stäht:

der lor-behr-baum grühnt auch, auf dehn kein donner gäht.

Der Bluhmen-käserin, di rose, so fohr zeiten

auf keinem dornen stund, begünnet aus zu breiten

der blätter blasses roht, da noch der feuchte kus

(durch dehn di morgen-röht ihr purpur leihen mus)

di fahlen furchen zeugt. Di vogel höhrt man süngen,

und ihr- und unsrem Gott' ein morgen-ständlein bringen;

es zwitschert jah so schöhn di sühsse nachtigal,

bald brummet si den grund, und züht den mittel-schal

bald hohch, bald über-hohch. man höhrt di buhlen-lider,

das lust-folk gattet sich mit schnäbeln hin und wider;

da sich das hürten-folk ins kühle grühne säzt, [303]

und eine schähfferin mit ihrem buhlen läzt.

Das stumme schupen-hehr sprüngt, klitschert, sträucht und leichet

in seiner warmen fluht: der reh-bok über-schleichet

di hindin unvermärkt; er hökkert, hüpft und sprüngt,

und ist in seiner brunst. jah alles, alles bringt[231]

dis jahr mit liben zu. Di kräuter sein verlibet,

Forst, wisen, tahl und fels zur libe sich begibet.

Lustinne schlägt nuhn auf ihr frohes libes-zelt,

wo Lihbreiz, als ihr sohn, zum Zeltner ist beställt.

Es tanzen üm si rüm di fräundlichen Holdinnen,

di ihre zohffen sein, di Hold-sün-räuberinnen.

ihr wagen stäht alhihr, ihr wagen fol rubihn,

dehn durch di graue luft zwe weisse schwäne zühn.

Den reichs-stuhl säh' ich auch, dahr-auf Lustinne sizzet,

di Libes-königin, und durch di lüfte blizzet, [304]

fohr dehr ein grohsses folk demühtig nider-kniht,

da Lihb-reiz üm und üm mit güldnen pfeilen sprüht.

der weih-rauch steigt entpohr. man sihet auf den höhen

di gaben angeflammt in follem rauche stähen.

Ganz Deutsch-land stället nuhn der Freien feier ahn,

und süngt, auch in der angst, so, als es nih getahn.

Ich wül nicht lätster sein. Lustinne lahs mich sprächchen

von dihr und deinem sohn; lahs aus dem munde brächchen

das sühsse zukker-wort; kom, schärfe meinen sün,

kom, wezze meinen geist, du sünnen-gäberin.

Di fäder rührt sich schohn, di mihr der kleine schüzze

aus seinen flügeln gahb, verzukkert an der spizze,

di nuhn so lihblich knarrt, daß manches jungfer-bild

di zahmen ohren neugt, di fohr-mahls mehr als wild.

Das auge, das sonst star, siht man fohr libe glimmern,

wan auf däm weissen blat di schwarzen dinten schimmern, [305]

di mit dem Azidahl, der blau-belihbten fluht,

Libinne selbst vermischt, das tuht den augen guht.

Wohlan! weil ich fohr-längst zu süngen dich erläsen,

so süng' ich, Freie, dich, doch nicht dein ganzes wäsen;

es ist zu hohch fohr mich: mein geist verfleugt sich nuhr,

und kömmt durch so vihl wäg' aus seiner rächten spuhr.

Der Grich' ist zweifälhaft; der Römer hats verlohren,

und weus nicht rächt, wi, wan und wo du bist gebohren.

der Deutsche gläubt gewüs und schreibet einerlei,

daß seine Freie blohs von Deutschem bluhte sei,

Istevons Eh-gemahl, dehr von dem Man und Sonne

sein ehrstes wäsen hat, der Deutschen lust und wonne;

ja dehr im deutschen reich der vihrde könig wahr,[232]

und nahch ihm hat genännt der Istevoner schahr.

Was machst-du, Griche, nuhn? mein! sage, wo Schauminne [306]

(wi du di deine nännst) ihr ehrstes sein gewünne?

der name zeugt es an, wi dehr von Sulmo sprücht,

daß si des himmels bluht und salz-schaum bracht' ans lücht.

Di perlen-muschel auch ist mutter, amm' und wagen,

als di si durch das mehr nahch Zipern zu getragen,

al-da das Lust-kind ihr als-bald entgegen ging,

und seine meisterin zum ehrsten mahl entfing.

Vihl Röhmer sagens auch; di ihre Venus ehren,

und durch di Tichterei ihr hohes lohb vermehren.

doch sein si nimmer eins; was einer izund sprücht,

das hat er oft-mahls selbst schohn anders üm-geticht't.

O Venus, was sahgst-du? wo bistu hähr gebohren?

hast-du dein Vaterland und ältern dan verlohren?

ist keine mutter da? wi? ist's Dione nicht,

di dich von Jupitern gebracht ans tage-lücht? [307]

O jah, si ist es auch: drüm heist-du Dioninne,

du feuchte Venus du, du himlische Lustinne.

Was aber höhr' ich noch? was schreibt uns Plato führ,

was sahgt Pausanias und Zizero von dihr?

Bestähet dan dein reich auf dreierlei personen,

di alle sein gezihrt mit unterschihdnen kronen?

da eine götlich ist, und wohnt in got al-ein;

di ander himmelisch, und nümmt den himmel ein;

di dritte von der wält, di irdisch ist und heisset,

und di beleibte fehl' zu zähmen sich befleisset.

di lätste, di bist-du, du Sehlen-herscherin,

di dises ganze rund beherscht von anbegün.

Du bist es, di Ovihd und Saffo so geprisen,

du bist es, dehr di wält ganz-götlich' ehr erwisen,

du bist es, di ich süng, du bist es nuhr alein, [308]

dehr so vihl bärge, büsch' und brunnen heilig sein.

Dehr so vihl länder, bäum' und stätte sein geweihet;

du bist es, dehr man nichts als schöne bluhmen sträuet.

di mirte kömt dihr zu; di ros' ist deine lust,

di manche jungfer trägt inzwischen ihrer brust;

mit welcher si gemach der buhler augen beizet,

und manche geile hand zum falschen griffe reizet:[233]

da dan der kleine schalk, dehr nuhr auf list bedacht,

so dein und Hermes sohn, in seinen köchcher lacht.

wan sich di röhtin pflägt aus ihrer burg zu machchen,

züht fohr der sonnen auf in purpur und scharlachen,

und durch ihr gold vergüldt das silber auf der se,

dan gäht dein schöner stärn und flinkert in der höh

fohr ihren strahlen hähr. jah wan si se-wärts steiget

und üm das schlahf-gemach der schönen sonnen fleuget, [309]

di schohn in sühsser rast, so siht ihr auch von färn

mit fahlem munde nahch dein schöner abänd-stärn.

So ehrt dich Jupiter. Du kanst di Götter zwüngen,

und an das saure Jogh der sühssen libe bringen.

du bist es, di aus krihg den ädlen friden macht,

weil dich der kriges-her fohr seine Göttin acht't.

Des tichters stränger geist, di sühssen wütereien,

di eifer-folle brunst, di ihn der wält entfreien,

(wan er so klühglich ras't, entmuhtet seinen muht,

enthärzt sein irdisch härz, und nichts als götlichs tuht)

bestähn auf vihrerlei; auf libe, kunst und deuten

was künftig sol geschähn, und tühffen heimligkeiten.

das ehrste würkest-du, du wez-stein der vernunft,

drüm ehret dich so hohch der tichter grohsse zunft.

Mein! schaue Deutschland an, wi seine Boberinnen [310]

so fräundlich lachchen zu den lihblichen Muldinnen,

di fohr-mahls eingeschlähft, und nuhn durch dich erwäkt,

auf ihrem Helikon ihr zeuchen auf-gestäkt,

das mit der kriges-fahn' auch üm di wette flüget,

und mitten in der angst däm andern folk' obsiget.

Ein hohes lohb führ si; ein höhers noch führ dich,

du deutsche Freie, du. Dein Folk erhöbet sich,

stürbt ab der stärbligkeit, steigt wi di palme pfläget

im prässen mehr entpohr. Schau an wi sich bewäget

der deutsche Helikon, wi unser Mars auf-klümmt,

der Held von Boberfeld di sühsse laute stimmt,

dadurch ein stählern härz mit-leidendlich mus wärden,

des muhtes unmuht schwündt, und reisst sich von der ärden

zu dähm, was himlisch ist. Kom, schaue, wi dich ehrt,

das ganze deutsche reich, und andre süngen lehrt; [311]

wi Hübner ehrst begünnt; der währte Held im krigen[234]

und süngen meister würd; wi dich nahch wohl-begnügen

der grohsse Buchner ehrt, der durch-erleuchtte Man,

dehm sich kein Zizero noch Maro gleichen kan.

Der grund-gelährte Bahrt hat auch auf deutsch gesungen,

und Flämming aus-getrükt, was manchem auf der zungen

zwahr ist, doch kläben bleibt. Der Wäkkerlein süngt mit,

so vihl als ihm vergönnt. Venator, Köhler, Schmid,

Mein Rumpler und mein Weinz; di mit den beiden Böhmen

di fäder eingetaucht in Aganippe ströhmen:

Hahrsdörfer, Oleahr, mein Rist, mein Petersohn,

mein Schottel, Finkeltaus, dehr seine lorbehr-krohn

mit mirten hat vermischt: Lund, Tzepko, Schneider, Grummer,

Freinzheimer, Hartman, Tihz vergraben ihren kummer

in unsre tichterei. Mein Brähm' und Hahneman, [312]

Jah Schweiniz, Heinsius und Plav süngt was er kan.

Mihl, Herman, Tscherning, Dach und Golau spilen alle:

Mein Schlüter, Bachman, Weiss' und Rinkart gähn mit schalle

den wähg der ewigkeit. Des Buhchholz kluger geist

ümschreibt das schöne buhch, mit dähm sich Vogel reisst

aus seiner stärbligkeit. Woaus! mein geist, halt innen,

halt in, und mäld' auch an di ädlen tichterinnen,

da-durch das Deutsche Reich und seine Freie blüht,

di Lachmund süngen lährt, und Fräudiginn' erzüht.

Schau' auf, Lustinne, schau, wi dich di Schwarzin ehret,

tanzt üm den mirten-stok, und deinen ruhm vermehret;

wi di von Rosentahl, di ädle Parnassin;

wi di von Hohendorf; Sofie Vismarin;

jah wi dich Hildegond von Westohn so besünget,

auf hohch- und nider-deutsch di libes-seiten zwünget;

wi dich di Duhm-waldin so rühmlich macht bekant, [313]

daß auch von Braunschweig ab ins reiche Niderland

ihr klahrer tohn erschallt. Schau, was di Schöne tichtet,

und wi si dihr ein lob bei aller wält anrüchtet;

wi jenes Adel-bild dort von der Guhten an

dich ehrt und andre mehr, di zwahr von deinem tau

entnüchtert, doch vihlmehr im dunkeln spilen wollen,

und lahssens keinen sähn, wan si der libe zollen:

drüm bin ich wüllens stum, verwundre mich nuhr sehr,

als ich mich wundern mahg, und nänne keine mehr.[235]

Noch eins. ei liber schau! wi alle deine sachchen,

di ädle Magdalehn von Beverfurt kan machchen,

und graben nahch der kunst dein bild in kupfer ein,

daß auch Pirgoteles ihr lährling selbst wül sein.

dis alles kömmt von dihr, und würd durch dich getriben,

dis alles würkest-du, du starke kraft im liben, [314]

du himmels-fürstin du, du macht- und eifer-kind,

di allen mänschen ab- (ja göttern selbst) gewünnt.

Däs lobes alp, der neid, vermahg dich nicht zu trükken,

di götter müssen sich fohr dihr, Lustinne, bükken:

wihr arme ligen gahr und fühlen deine macht,

wihr sein, wan du begünnst, bei läben tohd geacht.

Der glider kraft verschwündt, der leib fäht an zu zittern,

wihr seufzen ach und weh, wan Lihbreiz pflägt zu kittern:

wihr lauffen, wan er kömmt; wihr weinen, wan er lacht,

di zunge stummet sich; so bald sein boge kracht.

di hare stähn bärg-an. Di röhte streicht den wangen

ihr feuer-zeuchen auf, wan du uns hältst gefangen:

das auge zeuget Ihr mit stummen räden ahn,

den innerlichen sün, und lässet manche trahn.

Wan du uns bildest fohr di schöhn-vermeinte Schöne, [315]

so schwizzen wihr fohr angst, das ohr ist fol getöhne,

di lüchter sein halb blind: der Antioch würd krank,

das feuer-folle bluht verdoppelt seinen gang,

steigt aus der läber auf, wo du, Libinne, sizzest,

du härzens-herscherin, das ganze bluht erhizzest;

kömmt dan Stratonize, so häuffet sich der kwäl,

der schlahg würd ungestühm, und schläget mehr als schnäl.

Dein Naso lihs't den brihf mit zitterlichen händen,

dehn ihm Zipasse bringt, kan nichts zurükke fänden

als nuhr ein blohsses ach! du reizest Alkmans geist,

daß er zu allerehrst sich aus den schranken reisst,

und schreibt ein buhlen-lihd. Alzeste stürbt aus libe,

daß nuhr Atmetus lähb'. auch was Petrarche schribe

der schönen Laure zu; daß Orfeus sein gemahl

aus Plutohns schwarzer burg mit seiner harfe stahl, [316]

das ist der libe schuld. Als Brutus ward erstochchen

hat seine Porzie sich an ihr selbst gerochchen,

und kohlen eingeschlukt. Gunilde stahch sich tohd[236]

bei Asimundus grab. Pantee kahm in noht

als Abradat verblich. Laodamie wolte,

daß si nuhr noch ein-mahl den schatten küssen solte

des tohdten eh-gemahls; so eifrig wahr di lib',

daß si auch bei däm grahb' im küssen tohd verblib'.

Achilles lidte vihl üm seiner Briseis wüllen,

und konte seine Lihb an keiner andern stillen.

Viktorie gläubt noch, daß si ihr Ferdinand

nach seinem tode lihbt, so sehr ist si entbrant.

Zu-vihl ist ungesund. Halt nuhr ein wenig inne.

und wüte nicht zu sehr, du starke Lihbs=lustinne,

di fülle macht zu sat, und satsamkeit verdrus, [317]

und diser töhdtet gahr durch satten über-flus.

doch du hast keine schuld. Daß wihr mit weinen lachchen,

das kan ein frechches weib mit geilem leibe machchen;

daß wihr im läben tohd, bei kummer lustig sein,

ist unser wül und wundsch. wihr selbst sein unsre pein

und eigener verdärb. Den ganz verkährten wüllen

mus ihm ein frommer mänsch durch keusches läben stillen,

nicht sähn auf eitle lust, auf äusserlichen schein,

noch selbst in solcher sucht zu sehr vertühffet sein:

sonst möchten ihn vihl-leicht franzosen überschleichen,

das Neapohlsche weh, di fürstin aller seuchen.

Nizete läbet noch, di reiche Rodope,

di Tais von Atehn, di geil' Aspasie.

ja Frine macht auch selbst den raht sinopissiren,

Zirehn' hat ausgelärnt di jugend zu verführen [318]

in zwölferlei gestalt. wi manche Metra rafft,

guht, bluht und ehre fort mit ihrer falschen haft!

Drüm wäg du geile wält, ihr buhlerischen frauen,

di uns ins angesicht mit frechchen augen schauen,

di unsrer sehlen nichts als nuhr ein ir-wisch sein,

und führen in den sumpf der lästerlichen pein.

wehr kan gesichchert sein, wan sich Franzinne schminket,

und mit verbuhlter stirn' und geilen augen winket;

di auf französisch' ahrt gleich wi ein affe tuht,

di fremde näurung lihbt, und zeugt den wankel-muht,

in-dähm si nicht so oft ein weisses hemd' anläget,

als si das ober-kleid des tahgs verändert träget.[237]

di frommen mein' ich nicht. ich sähe nuhr auf di,

di jenen buhlern nahch mit follem munde schri:

komt, lahsst uns lustig sein, das bett' ist schohn geziret, [319]

di walstat ist bereit, das bol-wärk auf-geführet:

di mein' ich, di nichts tuht. ein wohl-gebildtes weib,

das uns nuhr lüstern macht, entblöhsst den geilen leib,

ist ein gemeiner bal, den buhlern ein verlangen,

den ältern eine schmahch, dem mann' ein köstlichs prangen,

der andern frauen has: di sich den ganzen tahg

mit fremden sachchen schmihrt, auf daß si blinken mahg:

di sich mit ötter salbt, das aus dem nabel schwöret,

aus bisem-kazzen fleusst, und ihre schöhnheit mehret;

di fohr ihr angesicht des luchses pisse nüzt,

di er aus neid vergrähbt; di küh-drek-wasser sprüzt

auf beide wangen hin, sich schöhn und glat zu machchen;

di seiden-würmer-koht und vihl dehr-gleichen sachchen,

mit hauffen samlet ein, schlähfft kaum di vihrteil nacht,

mit schwarzen schwedichen ihr antliz weisser macht,

und wäschet sich mit milch. Dis wüssen jene weisen, [320]

drüm wül Diogenes gahr keine fraue preisen,

und als er sah ein weib am feigen-baum' erhänkt,

sprach er; säht disen an, was er fohr früchte schänkt!

o möcht' ein ihder baum dehr-gleichen früchte tragen,

so könt' ein man noch wohl von guhtem glükke sagen!

Pitagoras, dehr auch dem feinde schlimmers nicht

als seine tochter gönnt, weus auch von ihrer gücht.

Kurz. si sein stähts bemüht der männer härz zu zwüngen,

und samt däm ihrigen in noht und tohd zu bringen,

weil ihre geile gluht nahch keinem andern dürst't,

daß fast fohr grohsser hizz' ihr flammend härz zerbürst.

Lustinne, so du kanst, sprüng bei den armen fehlen,

di sich in ihrer gluht so ängstigen und kwählen.

weust-du kein mittel nicht? sol wohl zu solcher pein,

zu kühlen ihre gluht laktuke dihnstlich sein? [321]

damit du den Adohn, dein libes Lihb bedäkket,

und unter ihrem kraut' und stauden hast verstäkket?

soll's wohl der Kamfer tuhn, den sonst di Nonne braucht,

des Nikots scharfes kraut, das aus dem munde raucht,

und trüknet das gehirn? sol kümmel da=fohr dinen,[238]

ein trank von kaltem schneh mit blaulichten rosinen?

es mahg wohl etwas sein: ich halte ganz daführ,

daß nichts als mähssigkeit zerstöhrt di Lihbs-begihr.

Doch lahsst uns nicht so gahr di libes-lust vertreiben;

das mittel ist das bäst', und würd das bäste bleiben.

wehr ganz nicht liben wül, dehr läbet ohne lücht,

wehr al-zu-eifrig lihbt, hat sähend kein gesicht.

Man mus nicht al-zu-vihl das bluhmen-beht besprühen,

im fal di bunte tulp' und nälke wohl sol blühen.

zu wenig, oder nichts, kan auch nicht dihnlich sein; [322]

das mittel-mahs schänkt uns das satte gnügen ein.

Der himmel, wan er izt in trähnen ganz zerflühsset,

und auf den räben-stok di kalten ströhme gühsset,

würkt keinen sühssen trunk: jah, wan der sonnen-strahl

zu hizzig brännt und flammt, und rägnet nicht ein-mahl

wi sol di traube dan mit most geschwängert wärden,

di annoch zahrt und klein? so wan das rund der ärden

di ganze weite wält ganz lihb- und eh-lohs stäht,

wehr ists, dehr zweifeln wül, daß si nicht gahr vergäht?

Drüm, Lachmund, sei gegrühsst, Lustinne, sei wül-kommen,

der Amstelinnen schahr kömmt an den strand geschwommen,

der Nord-stärn blizt uns an. Trit Rosemund härführ,

du götlichs mänschen-kind, dein Markhold ist alhihr.

kom ädle Rosemund, neug' ihm di zahrten ohren,

dehm du zu liben nuhr so lihblich bist gebohren, [323]

dehr ist es, dessen sün dein trauter Pilgram ist,

und des gedanken du di stähte walfahrt bist.

kom, nüm den rosen-kranz, du rose diser zeiten.

der libes-knaben hehr verfühgt sich dihr zur seiten.

Brüch an, du ädles lücht, und zihre disen tanz,

bestrahle dise zunft, du aller strahlen glanz.

Dich hält Venedig zwahr, der stätte Käserinne,

als tochter lihb und währt; doch wüsse, daß Deutschinne,

dich, über-mänschlichs bild, noch währt- und höher hält,

und dihr zu lihb' ihr sohn dis lust-spihl angeställt.


[239] Oedipus,

oder

Entwükkelung etlicher fremden namen

und ahrten zu räden.


Ich zweifle nicht, es wärde der Läser straks im ehrsten anblikke dises getichtes, teils fohr verwunderung erstarren, teils aus grohssem verlangen begirig sein zu wüssen, was das spannäue wort Lustinne bedeute. Dahr-üm sei er berüchtet, [324] daß wihr di königin der libe (sintemahl unser augen-märk ist, guht deutsch zu räden, auch di ertichteten Götter und mänschen, wo immer mühglich, in angebohrner sprache zu benamen, ih und alwäge gewäsen) nicht mit dem lateinischen namen Venus, oder Grichischen Afrodite, sondern vihl-liber mit unserer eignen zungen Lustinne, oder (wi er uns von den alten deutschen ist hinterlahssen worden) Freie benamen wollen: auch daß ihr sohn der Grichen Eros, und Römer Cupido oder Amor, den namen Lihb-reiz oder Lust-kind, üm daß er von ihderman däszu bässer könne verstanden wärden, über-kommen. Mehr dehr-gleichen wärden uns in der folge zu entknöhtelen aufstohssen; als:

In der 13. zeile, Bluhminne. Dise ward von den Römern unter dem namen Flora, oder Chloris, als eine göttin der bluhmen verehret. wihr könten si auch von ihrem gemahl dem West, Westinne; wi si di heidnischen tichter vom Zefihr, Zefiritis, nännen.

14, und 15. Di hiazinten blüht, u.w.f. Hiacynthus war ein schöner jüngling, welchem Föbus eine spihl-scheibe zuspilete, dadurch er im al-zu-geschwünden auf-fangen verläzzet, stürbt, und vom Föbus aus mit-leiden in eine purpur-färbige lilie, dahr-ein er seine seufzen und des jünglings namen schreibt, verwandelt würd. Ovihd im 10. seiner üm-gestaltnüsse.


Ipse suos gemitus foliis inscribit: & AI, AI

Flos habet inscriptum: funestaq; litera ducta est.


und etliche zeilen fohr-hähr:


Tempus & illud erit, quo se fortissimus Heros

addet in hunc florem; folioque legetur eodem. [325]


Teokrit: Νῦν ὑάκινφε λάλει τὰ σὰ γράμματα καὶ πλέος Αι Αι.

λάμβανε τοῖς πετάλοισι – – – –


dahähr gibet Virgihl zu rahten auf:


Dic; quibus in terris inscripti nomina regum

nascantur flores? – – – – – – –


Also wärden nuhn dise bluhmen hiazinten (gleich-sam als ἴα cynthi Föbus-violen, oder lilien) genännet, in welchen noch, fohraus in den purpur-rohten, di buhch-staben Αι, Αι, oder ach, gahr eigendlich zu sähen sein.

[240] 16. Dioskorides und Avizenna sagen, daß der lor-behr-baum (in welchen Dafne, wi Ovihd im ehrsten buhche bezeuget, ist verwandelt worden) von keinem donner-schlage berühret wärde. da-hähr der mehr als mänschliche, himmels-flammende Flämming, an Herzog Fridrichen zu Schleswig und Holstein, solcher mahssen:


wi wan das wetter blizzet,

und auf den dikken wald di donner-keile sprüzzet,

di steinern eiche spällt, der füchten kraft zerbrücht,

blohs an den lohr-behr-baum wahgt sich kein donner nicht.


17. Di bluhmen-Käserin, di Rose,] Achilles Tahz erzählet im andern buhche aus der Tichterin Saffo gesängen in ungebundener räde, dises: wan Jupiter den bluhmen einen könig hätte gegäben, so herschete unter ihnen di rose. dan si ist der ärden zihrraht, der pflanzen schmuk, der wisen röhte, eine schimmernde schöhnheit. Si ist lihb-reizend, der Lustinne versöhnerin, mit schönen blättern geziret, mit ädlen zweigen belustiget: des west-windes angenähmer kälch. Basihl im buhche von der Schöpfung sagt: daß di rose sonder dornen gewachsen sei; dan si wären ehrst nach des mänschen fall', ihm zur strahffe, den rosen-stökken angewach-[326]sen. fast auf disen schlahg schreibet Augustihn im 1. buche von der schöpfung, wider di Manichäer, in der 13. abhandlung. Besihe auch des Kononhehrs Fohrwüzzigen unter-rücht, am 219. blate.

37. Di Holdinnen] also nännen wihr di drei Grazien, Charites, oder Charitinnen, des Jupiters und Eurimones; oder, wi etlichen belihbt, der Venus töchter: welche als göttinnen der huld' und dankbahrkeit, und fohr der Venus kammer-jungfrauen gehalten wärden. Ravisius Textor im Schau-plazze am 847. widerüm am 1. und 67. blate Horahz:


Iunctæque nymfis Gratiæ ducentes

alterno terram quatiunt pede.


40. Der Lustinnen oder Venus wagen sol von zwe schwanen gezogen wärden. Stahz im 1. buche:


– – thalamique ingressa superbum

Limen Amyclæos ad frena citavit olores.


Di Tichterin Saffo im gesang an di Lustinne eignet ihrem wagen di unkeuschen sperlinge zu: andere, zwo weisse tauben.

59. Azidahl ist ein brunnen bei der stat Orkomehn in Beozien, der Libinnen geheiliget.

69. Istevons eh-gemahl:] Istevon, wi Scheräus am 215. bl. bezeugt, ist der vihrte könig der Deutschen gewäsen, und hat di Freie zum gemahl gehabt, welche fohr di deutsche Venus gehalten und geehret ward. Dahähr das wort freier, freien, das ist, ehlichen oder trauen, wi auch der frei-tahg, als dehr ihr geheiligt ist, entsprungen. Er ist vihl-leicht des Mans, welcher einer von den uhr-fort-pflanzern däs deutschen bluhtes sein sol, und der Sonnen sohn gewäsen. Tazitus gedänket in seinem[241] büchlein von der alten Deutschen gebräuchen und hähr-kommen, daß von ihm di Istevonier ihren uhrsprung genommen hätten. [327]

73. Schauminne, oder Afrodite, das ist, schaumigte: also nännen di Grichen ihre Lustinne, oder Venus; weil si, wi Pausanias sagt, in einer Perlen-mutter vom salzichten mehr-schaum' und bluhte des himmels entfangen und gebohren sei, darinnen si härnahch in der Stat Pafos, im in-lande Zipern angelanget, und den Lihb-reiz oder Kupido, dehr si daselbst ehrst-mahls wül-kommen geheissen, zum ädel- und ehren-knaben bekommen habe. Lilius Girald und Fest sagen, daß si zu-ehrst in der muschel am Inlande Ziteren angeschwommen sei: Homerus schreibt, der West oder Zefir habe si ohne muschel in Zipern angeführet. Museus im Leandern. Horahz im 4. b. 11. lide. Tibul b. 1. Klahgl. 2. Ovihd und di meisten tichten, daß si ohne mutter aus dem salzichten schaume gebohren sei. Apelles hat si auch, wi Plinius b. 35. abt. 10. mäldet, also ab-gemahlet; dahr-auf Sidon Antipater dise schöne bild-schrift gemacht hat:


Egressam nuper Venerem de marmoris undis

aspice, præclari nobile Apellis opus.

Exprimit æquoream manibus de crinibus undam,

è longis spumas exprimit illa comis.

Hac visâ, Pallas sic cum Iunone locuta est;

De formâ Veneri cedere jure decet.


Hihr-von mahg geläsen wärden Natahl Komes, und Bernhard Zesius in seiner Schaz-kammer von natührlichen untersuchungen, bl. 294. B. 3. abt. 2. Vallesius in der heiligen ahrtforschung, abt. 34.

Zizero im 3. b. von der selbheit und eigenschaft der götter, gedänket unterschihdlicher; als, di ehrste Venus (sahgt' er) sei eine tochter des himmels und des tages: di zweite aus dem schaume der se gebohren, welche Kupido, den andern dises namens, von dem Merkuhr entfangen und zur wält gebracht: di dritte, Jupiters und Junonen tochter, [328] welche Jupiter dem Vulkahn vermählet, und von dem Mars den Anteros, das ist, di gegen-libe, gebohren hätte. Di vihrte, gezeugt von Sirus und Sirie, oder Astarte, welche den schönen Adohn geehliget. hihrvon besihe weit-läuftiger den Nihf; Marks Ekwikolen; Plotinen, welche ausführlich von der libe geschriben: wi auch Karl von Mandern über di Ovidischen Verwandlungs-bücher.

75. Dehr von Sulmo] In diser Stat ist Ovihd Naso, der libes-tichter fürst, 41 jahr fohr Kristus gebuhrt, nahch erschaffung der wält, 3923 gebohren, bei welchem Lustinne von ihr selbst im 4 der Verwandlungs-bücher also rädet:


in medio quondam concreta profundo

spuma fui, Grajumque manet mihi nomen ab illâ.


87. Vihl schreiben, unter welchen Plato, Zizero, u.a.m. daß di Venus von Jupitern und der Dionen gebohren sei; welche[242] sonst auch fohr di mutter des Ozeans und der Tetis gehalten würd. Augustihn Nihf bl. 53. Abt. 22. Kurz; di heidnischen geticht-schreiber und ahrt-kündiger haben di libe, ein-ihder, wi es ihm am bästen gedaucht hat, aus däm geheimnüs der grohssen zeuge-mutter, durch so vilerhand Venusen und Kupidonen wollen ab-bilden: dahähr sein so vihl unterschihdliche meinungen entstanden.

93. Des Plato nahchfolger machchen drei göttinnen der libe. Di ehrste, sagen si, sei götlich, di in got ist; di ander himlisch, di im himmel ist; di dritte mänschlich, welche in der mänschlichen sehle kräftig ist. etliche säzzen auch di vihrte dahr-zu, di in der wält sehle würke. Nihf. bl. 49.

107. Lustinne bei dem Stahz, im 1. buche seiner wälder:


Maluit & nostrâ laurum subtexere myrto.


[329]


111. Da dan der kleine schalk] Εχέτλιε παῖ δολόμηδες Αφροδίτα τὸν Αρει δολομαχάνῳ τέκειν, sagt Simonides. Hermes ist Merkuhr, der götter grohs-gesandte.

123. Lukrehz vom wäsen der dinge straks im an-fange däs 1. Buches, da er di Libinne anrädet;


Effice, ut interea fera mœnera militiaï

per maria, ac terras omneis sopita quiescant.

nam tu sola potes tranquillâ pace juvare

mortaleis: quoniam belli fera mœnera Mavors

Armipotens regit, in gremium qui sæpe tuum se

rejicit, æterno devinctus vulnere amoris, etc.


129. Kornehl Agrippa von der eitelkeit aller wüssenschaften, abt. 43. Aristotehl Konach. bl. 14.

192. Pirgoteles ein perlen-stächcher, welchem alein vergönnet wahr des grohssen Alexanders bild in perlen zu graben.

211. Der junge fürst Antioch, dessen libe (da-durch er gegen di Stratonize, seines Vaters Seleuks beischlähfferin, entbrant wahr, und dannen-hähr gahr töhdlich danider lahg) von seinem leib-arzte, dem Erasistratus, aus der ungewöhnlichen bewägung der schlahg-ader bei ihrer ankunft errahten ward, u.a.m. Dionisius in des Demetrius läben. Georg Horst von der eigenschaft der libe.

213. Di läber, als aller adern anfang und uhr-sprung, würd von den gelährten fohr den siz der libe gehalten: dahähr tichten di götlichen tichter vom Titius, dehr sich Latonen zu noht-züchtigen [330] unterstähen wollen, daß er in der höllen an der läber (aus welcher seine unzüchtige libe, di ihn zu sündigen gereizet, entsprungen) strahffe leiden müssen. Klaudiahn im 4. b. Virgihl im 6. seines Eneas:


Nec non & Tityon terræ omniparentis alumnum

cernere erat, per tota novem cui jugera corpus

porrigitur, rostroque immanis vultur adunco,

immortale jecur tundens, fœcundaque pœnis

viscera. – – – – – –


[243] 221. Juvenahl im sechsten schümpf-getichte:


– – spectant subeuntem fata mariti

Alcestim. – – – –


225. Pamfihl:


Vixisset Brutus, tunc non tam clara fuisset

Portia. etc.


233. Properz b. 2.


Omnia formosam propter Briseida passus, etc.


Horahz: – – Prius insolentem

serva Briseis niveo colore

motiv Achillem.


235. Viktorie Kolumne, der Piskarier Mark-gräfin, hihlt gänzlich daführ, daß si von dem ritterlichen Fürsten Ferdinanden Avalen, nahch seinem abstärben, mehr gelibet würd', als zufohr. Nihf. bl. 274.

241. Archias:


Nullum amor offendit, pravis occasio, sed fit

mentibus ille hominis, quas mala multa juvant.


249. Dise huren-seuche ist im 1495. jahr', oder wi etliche schreiben, im 1492. als König Karl, der achte dises namens, herschete, zum ehrsten unter das französische läger fohr Napel kommen: dahähr si von den Wälschen und hohch-deutschen Franzosen; vom Franzman aber, das Neapolische weh ist [331] genännet worden. Di Holländer heissen si di spanische bokken. Kononh bl. 422. Joh. Fernel. 426. Andreas Zesalpihn b. 4. bl. 345. abt. 2.

253. sinopissiren] sinopissare, heisset bei dem Erasmus so vihl als wohl-lust pflägen; und ist von der geilen huhre Sinope entsprungen.

265. Dises sagt der Her von Bartas im andern tage der ehrsten wochche von seinen landes-leuten selbst:


Telle que le François, qui guenon affeté

des estrangeres mœurs, se paist de nouveauté:

& ne mue inconstant, si souvent de chemise,

que de ses vains habits la façon il deguise: etc.


277. besihe den Plinien, b. 8. abt. 38. Eliahn, b. 4. abt. 16. Kononher, 310. bl.

331. Dessen sün dein trauter pilgram ist] Der geneugte läser würd es nicht im argen vermärken, daß wihr noch bisweilen di fremden wörter, so sich in unsere sprache fohr-längst ein-geschlichchen, behalten haben. Dises lätste pilgram, gäben wihr fohr kein deutsches aus, wi etlichen zu behaubten belihbt; indähm uns wohl bewust ist, daß es so vihl heisset als fremdling, oder wanders-man, und aus däm wälschen pelegrino, wi auch dises widerüm aus däm lateinischen peregrinus, hährfleusst. Sondern wihr haben es doch sonst aus sonderlichen uhrsachchen gärne brauchen wollen. [332]


[244] i.

Klüng-getichte

an das

Hohch- und wohl-gebohrne

Fräulein,

Fräulein ROSELINDE,

u.a.m.


O Fräulein, sol ich nuhr den rosen anvertrauen,

und sonsten keinem mehr, di über-grohsse kunst,

di si in sich verbürgt! sol dan gahr nihmand schauen

noch wüssen ihren ruhm? mein! kan ich dise gunst

nicht haben, daß ich ihr mahg lorbehr-zweige strauen

und rühmen ihren ruhm? kom Suhd, und nüm di dunst

der nächte von uns hin: lahsst schönen nektar tauen,

ihr himmel auf uns hähr. Si wägert sich üm-sonst.

Der kunst-reich süngt si schohn, di musen stimmen ein;

Di Hold-göttinnen auch, di ruhffen in dem reihen

di vihrde Schwäster an, und pflägen sich zu fräuen,

üm daß si nuhn vermehrt und nicht mehr dreie sein.

das weus si selbsten wohl. und weil wihr solches wüssen,

so sol stähts auf ihr lohb di fäder sein beflissen.


im jahr 1638. den

3. Mei-tahg.

[333]


ii.

Wül-kommen

an di

ädle Tichterin

Jungfer Sofien Vismarin,

als si zu Hamburg

anlangte.


Wülkommen, o Sofi, o schmuk der Tichterinnen,

du andere Klugin, verzeuhe meinen sünnen.

du mein- und deiner zeit geehrtes Sonnen-lücht,

verzeuhe mihr, daß ich dich eh begrühsset nicht,

wi du wohl würdig bist. Es ward mihr izt geprisen

dein ahrtiges geticht, und selbsten auch gewisen;[245]

und hätt' ich eh gehöhrt, daß du dich hähr-gemacht,

und unsrer währten Stat ein näues lücht gebracht,

so hätt' ich auch noch eh, o schöne, dich entfangen,

wi unlängst ich entfing der Schlesier verlangen,

Dorteh Eleonohr von Rosentahl genännt,

Di ich in ihrer kunst, und si mich wider kännt.

wi sählig bist du doch, o Hamburg, kom, und schaue

dich izt in deiner zihr, weil ich mihr kaum getraue,

daß etwas libers sei ihmahls in dihr gesähn,

ich gläube nicht, daß dis fohr disem ist geschähn.

Di dritte fählte dihr, da dich di Rosentahlin,

di zehnde Pierin, di Föbus-selbst-gemahlin,

mit Dehr von Hohendorf, gewürdigt ihrer zihr;

nuhn aber kom härbei, und schaue si alhihr,

di dritte Hold-göttin. du bist nuhn foller ehren,

fol schmuk, weil deinen schmuk di Holdinnen vermehren. [334]

mehr bist-du als Atehn, ja mehr als Grichen-land,

das manch-gelährtes weib fohr disem hat gekant.

Erinn' aus Delos schweigt; ja alle drei Korinnen,

von deren einen sich fünfmahl lihß abgewünnen

Pindahr, der Sänger fürst. Di Saffo, Telesil,

di Kornifizie, Praxille schweigen stil.

di Deutschen gähn izt fohr; du zirest ihren reihen,

Sofie Vismarin, daß sich di andern fräuen;

Kristihn von Gutenau stäht auch mit oben-ahn;

auch weus man, was alhihr di Schwarzin hat getahn,

di ädle Schwarzin di, di nuhn, (ach leid!) verblichchen

und mit der ädlen kunst, (ach! gahr zu früh!) entwichchen.

es ist mihr leid üm si; noch mehr üm ihre schrift,

daß si der untergang, das lose feuer, trüft.

Du aber, o Sofi, vertrit di ställe wider,

di si verlahssen hat, und sünge fräuden-lider,

ergänze widerüm, was dort di gluht verzehrt;

so würstu führ und führ von ihderman geehrt.


Hamburg, im jahr

1642.


[246] iii.

Auf das äben-bildnüs Jungfer

M.E.v.H.

u.a.m.


Was sol ich, tapfres bild, doch halten nuhr von dihr?

Aufrüchtigkeit und ernst zeugt dein gesichte mihr; [335]

es mischt sich heimlich auch mit ein

das wohl-bedachte fräundlich-sein.

Poetisch ist di zihr der schwärzlich-braunen augen,

di wohl zum ernst und wohl zur libe mögen taugen,

und wan du läbend stündest hihr,

so soltstu lider schreiben mihr.


Londen, 1643.

6. Häu-m.


iv

An di

hohch-ädle und gelährte Jungfrau,

Jungfrau Hildegond

von Westohn.


i.

Wehr schreibt dise schöne schrift,

Wessen hand und wessen sünnen

können solch ein lihd begünnen,

das so nah zum härzen trüft?

Hildegond, könt ihr so süngen,

daß di linden wider-klüngen?


ii.

Mihr zwahr seit ihr unbekant,

von gestalt und von gesichte;

aber euer lob-getichte,

das mihr ward von eurer hand,

ohne mein verdihnst, geschriben,

pfläg' ich mehr als mich zu liben.


iii.

meine sünnen sein erblasst,

müssen ungezwungen schweigen, [336]

wan sich eure lider zeugen;[247]

und sein ihnen selbst verhasst,

wan ihr hohch-deutsch opiziret,

und di sühssen seiten rühret.


iv.

Frihs- und Hol-land wunderts sehr,

daß ein weibes-bild so sünget,

und di deutschen seiten zwünget;

ja ich wundre mich vihlmehr,

daß izt unter fremden zungen

unser hohch-deutsch würd gesungen.


v.

Aber, Schöne, saget an,

was ich widerüm sol schänken,

daß ihr meiner könt gedänken?

was ich würdigs gäben kan?

meine lider müssen schweigen,

weil di euren auf-wärts steigen.


vi.

Eure kunst und zihrligkeit

macht mich ganz und gahr verzükket,

eure hand ist so beglükket,

schwüngt sich höher als der neid.

Euer ruhm würd ewig läben,

und der stärnen-schahr gleich schwäben.


Gräfenhahg. 26. Häu-mahnd,

1643.

[337]


v.

Zu einem ahrtigen gemälde

von der

Kluhg-sünnigen Rosemund

angegäben.


Als einst Libinne komt gestigen aus däm bade,

so siht si den Adohn, und eilt auf frischem pfade,

dem liben lihbsten nahch, dehr durch di dornen flüht,

dahr-auf di weisse ros' in foller blühte blüht.

Libinne ward gerizt, der zahrte fuhs geschrammet,

di weisse rose roht, di noch zum zeuchen flammet[248]

und zeugt das ädle bluht, das aus der schramme floß,

und sich in einem nuhn so mildiglich ergoß.

Als dis di schöne sah, rühf si; ich bin gestochchen;

und Lihbreiz (dehm annoch der binen hehr nahch-fleugt,

weil er ihr reich beraubt, und manche stachchel zeugt,)

schrih seiner mutter zu; der näscher ist gerochchen.


Amsteltam, 1644.

1. Mei-m.


vi.

Auf di Augen

der wohl-ädlen und schönen Jungfr.

Klugemunde von Wilane.


1.

Ihr schönen augen ihr, ihr lüchterlein der schwachchen,

di an der hohen burg der glatten stirne wachchen, [338]

dadurch mein trautes Lihb di härtsten härtsen zwüngt,

und durch den schwarzen kwal bis in di sehle drüngt.


2.

Euch bäht' ich knihend an, und flöhe zu den flammen,

daß si doch ihre macht und kraft nicht alzusammen

auf meinen schwachchen geist und sehle lahssen gähn,

sonst bin ich tohd, und kan fohr ihnen nicht bestähn.


3.

Der kleine libes-schalk hat schohn genug geblizzet,

ich seufze nahch der luft, der ganze gaumen hizzet;

der mund brännt lüchter-loh; drüm haltet doch zurük,

ihr liben augen ihr, den wunder-starken blik.


4.

Kluginne kühle mich mit ihrem frischen taue,

der auf den lippen stäht, und dehn ich liber schaue,

noch liber trünken mahg als mäht und reinschen wein;

dehr ist mein ädler trunk, und gähet lihblich ein.


5.

So fürcht' ich keine gluht, so fühl' ich keine schmärzen,

di oftmahls nuhr ein blik entzündt in meinem härtsen,

wan Klugemunde mich mit einem kusse kühlt,

so acht' ich ihrer nicht, wan si mit blikken spihlt.


Uträcht, den 3. Osterm.

1645.

[339]


[249] vii.

In ein stam-buhch.

Träue,

Durch buhchstaben-versäzzung,

räuet.


Träue räuet alsobald,

wan undank sich ein wül mischen,

würd durch unträu star und kalt,

mus auch ändlich gahr verblischen.


viii.

Lohb-lihd

Auf drei schöne Jungfrauen

zu Uträcht.

auf di weise,

wohl dem, der weit von hohen dingen.


i.

Wi manchen stärn der himmel führet,

so manche jungfrau läbt in dihr,

O schönes Uträcht, di dich zihret,

und brücht, wi stärnen, hohch härführ.

hihrunter kan nichts schöners sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


ii.

Di schöne sein von farb' und glidern,

sein oft sehr häslich von gemüht,

und manche wül sich nicht ernidern,

trozt blohs alein auf ihr geblüht.

Drüm kan und mahg nichts libers sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


iii.

Vihl sein sehr ahrtig von gebährden,

dagegen schwarz und ungestalt;

ist si di aller-klühgst' auf ärden, [340]

so ist si mehr als alzu alt.

drüm kan nichts angenähmers sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


[250] iv.

Ist manche gleich sehr wohl gebildet,

so ist si tum und ungeschikt;

ein' andre hat das blei vergüldet,

di manches härze ganz verzükt,

drüm kan ja nichts belihbters sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


v.

Dem Awelein ist weis und weuse,

und hat di aller-lihbste zihr.

Von-Kobed kröhnt den wein mit speise,

und Ledar bringt di lust härführ.

drüm kan und mahg nichts höhers sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


vj.

Von-Awelein ist schön und züchtig,

und über alles wohl gestalt;

von-Kobed from und tugend-rüchtig,

und Ledar ist ein rosen-wald.

drum kan und mahg nichts feiners sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


vij.

Von-Awelein ist kluhg von sünnen,

sehr höhflich zahrt und wohl-gebildt.

von-Kobed schöhn von auss- und innen,

und Ledar ist der schöhnheit schild.

drüm kan und mahg nichts schöners sein,

als Kobed, Ledar, Awelein.


viij.

Von-Kobeds Lob ist aus-gesprochchen,

daß si keusch, from und schöne sei;

Von-Awelein ist ausgebrochchen

gleich wi der wunder-schöne mei. [341]

drüm kan ja nihmand hübscher sein

als Kobed, Ledar, Awelein.


[251] ix.

Von-Awelein bleibt schöhn in allen,

und Ledar fräundlich, roht und weis.

Ja Awelein mus selbst gefallen

Der mis-gunst, di ihr gihbt den preis.

drüm kan und mahg nichts libers sein

als Kobed, Ledar, Awelein.


ix.

An di schöne Jungfrau

von Elard,

als er si auf der lauten spilen hörete:

Lob-gesang.


i.

Schöne, wi mahg dises kommen,

daß mich ihrer lauten klang,

di si kaum zur hand genommen,

macht so balde libe-krank.

daß di sünnen schwächcher wärden,

und sich neugen hin zur ärden?

daß mich ihrer augen blik,

zühet aus mihr selbst zurük. [342]


ii.

Mit den fingern mahg si spilen,

aber mit den augen nicht;

Dan di kraft macht schmärzen fühlen,

di aus ihren blikken brücht:

ja, was mehr ist, ihre Zunge

räget mihr auch härz und lunge,

wan si so beängelt süngt,

und mich fast zum stärben bringt.


iii.

Izund kan ich leichtlich gläuben,

daß Orfeus durch seinen klang,

wi di weisen tichter schreiben,

das vertuzte wild bezwang,

weil izund ihr sühsses spilen

di vernunft mus selbsten fühlen,

und, o ängel-mänschen-bild,

nichts fohr ihren künsten gült.


[252] iv.

Ihre laute, di si führet,

ist mit bändern schöhn bestrükt,

di aus lib' und gunst gerühret:

könt' ich auch so sein beglükt,

daß ein lihd aus gunst geschriben,

meine Schöne möchte liben;

und der-jene, dehr es schreibt,

ihrer gunst sei einverleibt.


v.

Si ist ja zur gunst gebohren

denen, di ihr günstig sein,

und zum liben aus-erkohren,

drüm wärd' ich ja nicht alein, [343]

so unglüklich bleiben müssen:

bin ich doch auf nichts beflissen

als auf ihren hohen preis,

dehr von keinem weichen weus.


Reinwurf, 1645.


x.

An eine

junge Jungfrau,

als si ihren namens-tahg

beging.


O Kind,1 o währtes kind, von2 perlen auserkohren,

von perlen zu der wält gezeuget und gebohren,

auf! folge mit bedacht, du perlen-tochter du,

der perlen-mutter nahch, so izt in frihd und ruh

wi eine reine perl in Jesus schohsse schimmert,

und glänzet, wi bei nacht ein lüchtes stärnlein glimmert,

o kind, o trautes kind! o mehr als perlen währt,

es sol erfüllet sein, was du von Got begährt.

Ei folg' ihr träulich nahch in sitten und gebährden,[253]

du perlen-währtes kind:3 sei färtig from zu wärden

und libe keuscheit, zucht und reine frömmigkeit;

so würstu folgen nahch dehrselben, so bereit [344]

in Gottes fride ruht: und diser auch,4 der Reinen,

so annoch siht alhihr den5 Gottes-friden scheinen.

so würd dihr Gottesfrihd' und sägen günstig sein,

und leuchten dehrmahleins in stub' und bett' hin-ein.

Ei! wasche dich fein rein mit Seiffe des verstandes,

so würstu weus' und weis, und eine zihr däs Landes,

di reine seiffen-ahrt6 würd machchen, daß du seist,

an grohs- und mutter stat, und daß du seist und heist

ein rächtes perlen-kind. Di färtigkeit der glider

verzährtele ja nicht, damit von dihr ein ihder

kan sagen, daß du seist der perlen-mutter ehr,

und daß es sei, als wan si nicht gestorben wär',

weil du ihr gleichst an zucht. wohl-an! der himmel gäbe

dihr seine gunst dahrzu. o läb'! o läb'! o läbe,

du perlen-tochter du, o währte Barbara!

Es sol, was du begährst, bei Gott sein lauter ja.


Halle, im jahr 1638.

[345]


xi.

Auf das

namens-feier

einer jungen Witwen,

M.V.S.


Jvnge frau, dehr ich zu ehren

auf zu warten wüllig bin,

welcher einen wundsch lässt hören

mein fast ganz verlihbter sün

in den sühssen zukker-lidern

ihre guht-taht zu erwidern;

Si geruhe doch zu hören,

was wihr ihrer zihr verehren.[254]


* * *


O Zihr, o währte zihr, o bildnüs aller tugend,

di si so föllig macht in ihrer zahrten jugend;

o spigel aller zucht, o auszug aller schahm,

damit si aller wält den fohrschub längst benahm.

O demant aller zihr, der fräundligkeit karfunkel,

o irdisches gestirn, so strahlet, wan es dunkel

und dühstrer abänd ist: di träue, huld und gunst

di wachchen stähts in ihr in foller libes-brunst.

Aus ihrem munde sähn mit lihblichem gelächter

di fräundligkeiten selbst, der keuschen libe wächter.

Si schauet an mit lust, wi sich der Rosen-mund,

der morgen-röhte zeugt, und macht den mänschen kund,

daß izt di sonne wärd' aus ihrem zimmer gähen,

wi eine libe braut in gold und perlen stähen,

so schohn ihr hahr geflammt, dadurch das mündlein ihr

mit tausend-schöhn geschmükt sol lächlen führ und führ. [346]

Ja, ja! di lerche süngt, höhrt wi si tireliret.

das dacht ich wohl, daß sich nicht hätt' üm-sonst geziret,

di flächten aufgeflammt, di güldne himmels-braut,

di sonne, da das grahs noch gänzlich wahr betaut.

Marien-lücht-mess' ist; höhrt, höhrt, was höhr ich klüngen.

wi fröhlich ist das härz, es wül fohr fräuden sprüngen.

wehr heisst Marie nuhr? sprach mein verlihbter sün;

da sagt' ein kleines kind: ei deine gönnerin,

so dihr nicht abhold ist; auf dehr die fräundligkeiten

sich pflägen alzumahl wi fast mit lust zu breiten,

di dihr so vihl getahn, daß du in ewigkeit

nicht gnug verschulden kanst; drüm schik dich in di zeit.

Ei nuhn so wolle Si zu bünden sich vergönnen,

wan wihr ja einen wundsch zum bünden brauchen können.

Das band kömt auch dahrzu, das band von seid' und gold,

das so vihl farben führt, so vihl als si mihr hold,

geneugt und günstig ist. Der Himmel woll' ihr gäben,

was ihr und mein begähr: Er gäb' ihr langes läben,

und (wi es ihr belihbt) ein keusches libes pfand,

das an sich halten würd das härze, sün und hand.

Ei mein! das dacht ich wohl, si würde drüber lachchen!

wil si sich dan so gahr zum turtel-täublein machchen,

und wählen, was ihr schahdt? es ist nicht raht dahrbei, [347][255]

was Got befühlt, ist guht: es ist zwahr ihre träu

und eh-pflücht lobens währt, so si gedänkt zu halten,

bis in den bittren tohd. sol aber so veralten

das götliche geschöpf, und andern dinen nicht?

das ist selbst wider Got und wider mänschen-pflücht.

Got gäb' ihr widerum, was sie zufohr erlanget,

ihr würds geräuen nicht, wan si mit kindern pranget.

ei! lacht si widerum? ja dises folgt darauf,

solch gäld gibt auf di hand der keuschen libe kauf.

Si kan mit Kindern ja gahr fein und lihblich schärzen,

das wär' ein spihl führ si; si könte dan ja härzen,

und trükken an den mund' ihr eignes libes kind:

was gülts, ihr stiller sün ist anders schohn gesünnt!

Ich bin geflissen stähts ein hohchzeit-lihd zu schreiben,

(o wäre dis der tahg) ich wolte noch verbleiben

ein wenig dises orts, zu sähen an di lust,

di mihr schohn (wi mich deucht) almählich ist bewust;

und übers jahr wolt' ich nahch näuer zeitung fragen,

wan ich zu Leipzig währ' (ein ihder würd' es sagen)

ob schihr ein junges spihl im fohrhang würde sein;

so wolt ich süngen drauf ein libes lidelein,

zu wünschen glük dahrzu: di lerche würde schwüngen

vihl lustiger sich auf, und susanninne süngen,

o sause, sause, saus', o libes kindelein,

das würd' o jungefrau ihr libes lihdlein sein. [348]

Der Himmel lahss' es gähn, und gönn' ihr sein gelükke

daß si sich widerüm mit keuscher lib' erkwikke;

daß errenst mit der zeit aus schärzen wärden mahg.

dahrüm ich das gestirn anflöhe nacht und tahg.


Osterburg, im Jahr

1637.

xii.

Hochzeit-lihd.


1.

Avf, libes pahr, auf, auf! ihr wohl-getrauten beide,

Komt, komt, di tafel räumt, fangt an ein' andre fräude,

dan Weinreich ist genug und Fruchtinn' auch geehrt,

dehr euch den wein, und di euch bihr und kost beschehrt.


[256] 2.

Auf, auf, ihr jungfern, auf! man bläset euch zum tanze,

di lihb' ist schohn bekränzt mit einem mirten-kranze:

ihr söhnlein zündet auch di güldnen fakkeln ahn,

so lange bis di braut würd gähn di libes-bahn.


3.

Es ist ein schönes zelt' von Lachmund auf-erbauet,

bei dähm man üm und üm di libes-geister schauet,

darin di Libe jagt, und da ihr söhnlein häzt,

da manche jungferschaft mit pfeilen ligt verlätst.


4.

Das zelt, das schöne zelt würd izund aufgespannet,

di Juno stäht dafohr, di Eris ist verbannet, [349]

ihr güldner apfel kömt der braut aleine zu;

hihr ist's, wo keusche lihb' und lust sich lägt zur ruh.


5.

Gäht, schöne Braut, gäht, gäht, der tanz ist nuhn verrüchtet,

dem Bräutigam verlangt; das bett' ist ausgeschlüchtet;

di sühsse fäder-burg, di wül euch nähmen ein,

daß ihr zusammen mögt von härzen lustig sein.


6.

Wihr stähen schohn geschikt euch beide zu begleiten,

und euer libes-zelt mit rosen zu bespreiten.

Der Himmel gäbe glük, damit ihr so schlahft ein,

Daß nahch neun mahnden-zeit wohl drei erstanden sein.


Parihs, den 26. Häu-m.

1643.


xiii.

Ein anders

Auf eine Hohchzeit zu Lüneburg.


Es gelangte di Als-göttin der Libe, Lustinne, fohr kurzer zeit bei der berühmten stat (di von des mahndes bilde, welches ihre uhr-ältern fohr jahren auf dem Kalk-bärge götlich verehret haben, genännet ist) in dem kleinen flusse, dehr sich in den grohssen Elb-strohm zu ergühssen pfläget, mit herlicher pracht an. Si sahs in einem kleinen schiflein, welches wi eine semuschel aus-sahe, und von zwe schwanen gezogen ward, auf einem erhobenen königlichem reichs-stuhle. Ihr sohn der kleine Lihb-reiz wahr der fuhr-man, welcher di schwäne so ahr-[350]tig zu länken wuste, daß es ihderman mit grohsser lust ansahe.[257] Er führt' einen köchcher an der seite, hihlt' einen gespannten bogen in der hand, und sahe sich mit einem listigen und verschalktem lachchen nahch ihderman üm. Das Frauen-folk, welches seine königin entfangen wolte, stund schohn auf allen seiten üm den flus här-üm, und hihs di Libinne mit einem fräuden-geschrei wül-kommen. In-dähm nuhn solches alles fohr-lühf, so gahb diser der Libinnen trozzige fuhrman einer jungfrauen, namend-lich Hart-ahrt (welche mitten unter dem hauffen stund, und üm di ankunft der Libinne nicht vihl bekümmert zu sein schine) einen solchen harten schus, daß si also-bald in ohnmacht zur ärden zu sünken begunte.

Indähm sich nuhn dise armsälige in solcher tohdten-angst und verschwündung ganz verblasset und hauch-lohs befand, so kahm Hülfmuht, ein aufgewäkter hurtiger jüngling, diser schönen Jungfrau entsaz zu leisten, mitten aus dem hauffen här-aus gesprungen. Er nahm di arme verblasste in seinen arm, und brachte si mit gesunden arznei-mitteln so färn, daß si wider zu fuhssen und di lähbhafte farbe wi von näuem zu bekommen begunte. Di fohr-erblasste lippen fingen widerüm an röselicht zu wärden, di tohdten-bleichen wangen bekahmen eine mit röhtlicher vermischte lilien-farbe, di augen funkelten wider-üm in ihrer belähbten feuchtigkeit. Aber das härz, dahr-innen di wunde wahr, konte durch solche schlächte mittel noch nicht rächt geheilet wärden. Hülf-muht entschlos sich also-bald, doch auf ihre stumme bewülligung, (dan si durfte fohr schahm weder ihre krankheit entdäkken, noch einige hülf-mittel dahr-zu begähren) daß er einen sonderlichen tahg bestimmen wolte, da si seiner rähtlichen hand in gegenwart einer folk-reichen versamlung gänzlich über-gäben würde. und solchem [351] entschlühssen nahch ward der heutige tahg zu solcher arznei-wahl, und di künftige nacht zum versuhch derselbigen, erkohren: Di nacht, sag' ich, da di bitter-sühssen arzneien, welche der himmel gesägnen wolle, der schönen Hart-ahrt solten eingeflöhsset wärden. Di andern Jungfrauen, welche sich auch äben an einer solchen seuche, wo nicht ganz lagerhaft, doch gleich-wohl behaftet befünden, sein nuhn-mehr fro über das glük ihrer schwäster, weil si verhoffen, daß sich ihre erlösung auch bald nahen würd, und süngen folgendes


Lihd

an di Lustinne.


1.

Ein steinern härz' und läre sehle,

ein ungemeinter libes-blik,

ein auge, das in seiner höhle

zwahr rollt und schmollet ohne schrük,

ihdoch nicht aus däm härzen rührt;

ist nichts als rauch, dehr uns verführt.


[258] 2.

wehr darf so hart fohr dihr erscheinen,

und wül noch ungestrahffet sein?

mahg ihmand deinen sohn, den kleinen,

und dessen bogen flühn? ach nein.

di pfeile gähen alzu rächt,

di Hart-ahrt ist durch si geschwächt.


3.

Di Hart-ahrt böbet nuhn und zittert,

si hält üm schönes wetter ahn.

der kleine schüzze stäht und kittert,

weil si ihm auch ist untertahn,

weil ihre jungferschaft sich fügt,

und in den lätsten zügen ligt. [352]


4.

Di jungfer würd bald schlahffen gähen

nahch ihrem lätsten bette zu,

auf daß si Fraue mahg auf-stähen.

der himmel gäb' ihr rast und ruh,

und du, o Libes-königin,

beglükke si nach ihrem sün!


5.

Zeuch auf den fohrhang, dehr ihr bette,

den tummel-plaz der libe, däkt,

und schleus üm si di güldne kette,

di härz und härz zusammen träkt,

damit si sich verjüngen mahg

wi Fönix auf den andern tahg.


6.

Der mahnd mus ihr zu bette leuchten,

di stärne bringen si zur ruh,

di tropfen, so das fäld befeuchten,

di steigen nahch den bärgen zu.

Es ist di aller-lihbste nacht!

drüm härzet, schärzet, schlahfft und wacht.


Geschriben in Leiden, den 1. Mei-tahg, 1645.


[259] xiv.

Hohch-zeit-schärz

an di

Hohch- und wohl-ädel-gebohrne Jungfraue,

Jungfrau Adelmund von Libegau,

als si ihrem Lihbsten ehlich solte

bei-geläget wärden.


Meine Jungfrau, währte Gönnerin,


Wan ich mich izund derer räden erinnere, di ohn-[353]gefähr fohr einem jahre von däm lihb-äugeln unter uns fohrfihlen, so mus ich bekännen, daß si nicht ohn' uhrsachche fohrgegäben habe, daß di augen der entsässenen verlihbten und abwäsender vertrauten äben so stark in ihren härzen spihlten, als wan si zu-gegen wären. Dan si hat nuhn-mehr ihren schlus mit der taht und wahrheit bewähret. Indähm si nähmlich durch di wunder-kraft ihrer libes-strahlenden augen in däm härzen ihres abwäsenden Lihbsten solcher gestalt hat würken können, daß er auf ihr einiges wündschen und begähren den krihg verlahssen, und ihr sein ganzes sein aus-händigen müssen. Si hat ihm nicht alein durch ihrer augen magnetische libes-kraft das wilde kriges-stahl aus der hand gezogen, si hat ihn nicht alein, an sich gelokket, sondern auch gahr zu ihrem leib-eignen gemacht. Sein härz hat si erweichet, seinen helden-muht gebändiget, dehr-gestalt, daß er gleichsam gahr auf seinen knihen liget, und seine mächtige feindin üm schönes wetter anflöhet. Mich deuchtet, und es schwäbet mihr nicht anders fohr meinem gesichte, als wan izund vihl tausend libes-reizerlein aus ihren augen här-aus geflogen kähmen, und ihr eine herliche und träfliche siges-pracht zubereiteten. Das zelt ihres siges ist auf-geschlagen, dahr-unter si ihrem Lihbsten di wunden, di si ihm veruhrsachchet hat, verbünden und heilen sol.

Wi aber gähet es zu, meine Schöne, daß sich der bliz ihrer häl-funklenden augen so weit ersträkket, und seine kraft nicht nuhr in der nähe, sondern auch in der färne spüren lässet? Es ist kein wunder, daß si mit ihren blikken di zu-gegen-schwäbende selen verzükket, aber wunder ist es, daß si durch ihre künste in den gemühtern der abwäsenden würket.

Es haben di-jenigen nicht unrächt, welche den mänschen di kleine wält nännen, und di andern, so den augen däs Frauen-zimmers di himlischen wür-[354]kungen däs gestirnes zu-schreiben wollen, wärd' ich auch nuhn nicht mehr so gahr tadeln können. Dan gleich wi di stärne in den aller-üntersten geschöpfen von weiten zu würken pflägen, so würken auch ihre augen, o ihr schähdlichen jungfrauen, in den innersten glidern unserer leiber. Ihdoch mus ich auch bekännen, daß solches auf unterschihdliche[260] weise geschähe, und daß sich ihre kraft auf den einen häuffiger ergühsse, als auf den andern. Dan sonst hätte mich meine Jungfrau äben so wohl verlihbt machchen können als ihren Lihbsten, sonderlich dazumahl, da ich ihr näher wahr als er, und tähglich ihres lihblichen anblikkes genühssen konte. Es ist eine verborgene wunder-kraft in ihren strahlen, di kein mänsch ergründen kan, und dehn-jenigen am meisten verlätset, dehn si zu verlätsen gedänket. Aber, was unterstäh' ich mich von solchen gefährlichen dingen zu uhrteilen! mein verstand ist vihl zu schwach, und meine vernunft kan ja nicht das geringste dahrvon begreiffen. Meine Jungfrau wolle meiner verwägenheit günstig verzeuhen, und gedänken, daß ein unerfahrner klühgling zwahr begirig sei alles zu wüssen und zu erforschen, aber sich auch in den geringsten dingen verstohsse.

Im übrigen, so liget mihr auch am allermeisten ob, meiner schönen Jungfrauen zu ihrem erlangten sige vihl glük zu wündschen, und den Himmel (welches ich auch tuhe) an zuflöhen, daß er si mit ihrem trauten Lihbsten günstig begnadigen wolle. Ihr pfahd müsse sanft, und ihre tritte gerade sein. rosen und lilien müssen aus-gesträuet ligen, wo si ihre ruhe wählen. Der sühsse suhd müsse si mit einem lihblichen hauchen anwehen, damit di angenähmen früchte ihrer Ehe zur gewündschten ärnte gelangen mögen. Inmittels wärd' ich mich noch allezeit bemühen, meiner Jungfrauen, zusamt ihrem Lihbsten, fohr so vihl mihr erwisene hohe fräund-[355]schaft, dankbahr zu erscheinen, dehr ich schohn fohr-längst bin, und, bis an meinen lätsten hauch, zu verbleiben gedänke


Meiner höchst-geehrten Jungfrauen,

so-wohl auch des Ihrigen

Noter-tam, den

13 Häum. 1644.

träu-ergäbener

alzeit-färtiger

Diner.


xv.

An seinen gnädigen Herren,

als er Ihm ein härz von Rosen

überschikte.


Schränk-reime.


Hihr schikk' ich ihm, mein Her, dis Härze mit däm meinen,

das ihm gewihdmet ist schohn längst im ernst' und lust,

und nuhn in träuer träu und demuht wül erscheinen,

dan anders ist ihm nichts von anbegün bewust.

Di farb' ist weis und roht, di Seine Schöne führet;[261]

di ein' ist ohne falsch, di ander schämet sich.

wan lauterkeit und schahm ein Frauen-zimmer zihret,

so ist kein tadel da. Ich (wan ich anders mich

so vihl erkühnen darf) hab' auch di beid' erläsen

gäb' ihm den weissen dank in rohter nidrigkeit,

und bleib' ihm untertahn mit allem tuhn und wäsen,

so, daß mein Herre mihr gebütet ihder-zeit.


Uträcht, den 6. Häu-m. 1645.

[356]


xvi.

Uhrteil von den prunk-schweden,

An eine unbeständige.


Meine Jungfrau,


Es nümmet mich nuhn nicht mehr wunder, daß etliche von däm machiavellisch-wältsäligen Frauen-zimmer unter ihrem gesichte di schwarzen schwehdlein, in gestalt eines halben mahndes tragen. Dan di erfahrung, als di kundschafferin der dinge, hat mich solches über-genug gelähret. Es sein zeuchen, wi ich vermeine, ihrer wankelmühtigen unbeständigkeit, und gäben di bewandtnüs ihres gemühtes gnugsam an den tahg. Jah so vihl schweden, als auf ihrem gesichte kläben, so vihlerhand libes-anföchtungen, und so vihlerhand libes-bolzen entfünden si auch. Di örter, da si von so vihlen und unterschihdlichen pfeilen verwundet sein, offenbahret ihnen nihmand, als di blohsse entfündung; dan di wunden sein unsichtbahr, di ihnen der kleine Libes-schalk veruhrsachchet, und di si mit solchen wunder-wärklichen schweden bekläben. Di scharfe spizzen sein di spanischen reiter, oder geschränkte stachchel-währen, damit si di-jenigen abhalten wollen, di sich in ihre sünnen so-bald nicht bekwähmen können. Di rundten scheiben deuten an den wankel-muht däs glükkes, dehm sich der ihrige über-aus-wohl gleichet.


* * * *

[357]


Antwort.


Mein Her,


Der halbe mahnd, dehn wihr bisweilen unter unseren augen tragen, bedeutet vihl-mehr eine veränderung der lust, als eine unbeständigkeit däs gemühtes; dan wihr sein geflissen unsere[262] aufwärter allezeit mit einer näuen und veränderten lust zu erfrischen, weil der ekel anders nichts als eine würkung der tauerhaftigkeit ist. Mit der rundigkeit wollen wihr di beschaffenheit unseres glükkes zu verstähen gäben; mit den spizzen di müh-säligkeit unserer tage; dan, wän wihr am gewüssesten zu fuhssen gedänken, so fallen wihr zu boden, oder gerahten in di stachlichten dornen, di uns unser läben wohl rächt müh-sälig machchen; u.a.m.


Antworts-schreiben

an ein

Frauen-zimmer von hohem stande.

auf den saz;

Daß auf der unteren wält keine schöhnheit zu fünden sei.


Mein gnädigstes Fräulein,


Man hat sich in warheit nicht wenig zu verwundern, daß Ihre Gnaden nicht alein di schöhnheit den irdischen geschöpfen ganz berauben wül, und aus der unteren wält gahr aus-tilgen; sondern sich [358] auch selbst so sehr mähssigen und vergeringern kan, daß si ihr im geringsten keine einige schöhnheit zu zu schreiben gestattet. Ich märke wohl, daß si den Luziahn (welcher in seinen gesprächen behaubtet, daß kein frauen-zimmer läbe, auch keines ihmahls geläbet habe, welches nicht verlangen trage, schöne zu sein, und sich nicht auch dahrfohr ehren lahsse) teils beschähmen und lügen strahffen, teils auch in der andern meinung, daß eine folkomne schöne nirgend zu fünden, auch nirgend sei gefunden worden, bekräftigen wül.

Aber ei liber! wan di schöhnheit in den untersten geschöpfen nirgend an zu träffen ist, so würd auch gewüs (so wihr des Aristotels lähr-säzzen gläuben, daß ein widerwärtiges ohne das andere in däm wäsen der dinge nihmahls zu fünden sei) folgen müssen, daß kein abschäuliches und häsliches unter ihnen sei. und mein gnädiges Fräulein gibet ja gärne zu, daß di libe, so wohl als der has, unter den irdischen geschöpfen herschet, wahrüm wül Si nuhn verneinen, daß nicht so wohl das lihbliche als das häsliche zu gegen sei? Das lihbliche ist ja in wahrheit nichts anders, als das-jenige, was wihr schöne nännen; gleich wi auch das häsliche ein solches ist, welches wihr hassen, dahrfohr wihr abschäu haben, und di augen, dasselbe zu beschauen, seit-wärts ab zu wänden pflägen. und di libe, wi si Plato beschreibet, ist ja auch nichts anders als ein verlangen däs schönen zu genühssen; wahr-üm wül Si dan nuhn verneinen, daß das eine, als di uhrsachche däs andern, in der unteren wält nicht zu fünden sei?

[263] Der kluhg-sünnige Nihf, wan er noch läben solte, so würd' er mein gnädiges Fräulein nuhr mit der blohssen Tagliakozischen Fürstin Johanna widerlägen, di er beides an gemüht- und leibes-gaben aller dinge schöne zu sein schreibet: dan, sagt' er, [359] dise heldin hat solche lihbliche und führträfliche gebährden an sich (welches äben di rächte schöhnheit däs gemühtes ist) daß man si mehr aus götlichem als mänschlichem sahmen entsprossen zu sein, uhr-teilen mus. Ihre gestalt, sagt er färner, welche des leibes schöhnheit ist, pfläget so führträflich zu sein, daß auch der berühmte Zeuxes, als er der einigen Helene bildnüs entwärfen solte, ihre schöhnheit unter so vihlen und den aller-schönesten Krotonischen jungfrauen so lange nicht hätte zusammen suchen dürfen, wan er nuhr diser schönen Fürstin führ-träfligkeit sähen sollen: dan si ist mittel-mässig von länge, auf-rächt und über-aus-annähmlich; ihre glider sein so zihrlich gebildet, daß si ihderman mit verwunderung anschauen mus: si ist nicht zu fet, und nicht zu dürre, sondern so ahrtig geschaffen, daß si in allen das mittel behält: si ist nicht blas, sondern einer rächten lähbhaften röhtlich-weissen farbe: si hat ein langes und gold-gemängtes hahr; rundt' und kurze ohren; schwarz-braune halb-gekrümte aug-brähmen, welche kurz und nicht zu dükke von hahren sein: si hat himmel-blau-blizlende augen, welche häller sein als alle stärne, und mit ihren lihblichen und fräudigen blikken di ganze wält entzükken; di augen-lider sein schwärzlich, nicht zu breit auch nicht zu kurz; di nase, welche sich rächt zwüschen den augbrähmen anfänget, ist so ahrtlich gebildet, daß man ihres gleichen kaum fünden würd. der kleine wal, welcher zwüschen der nas' und dem munde stähet, ist gleichsam auf eine götliche weise gestaltet; der mund selbst ist etwas länglich-rund, und zühet di anstürmenden küsse mit einem über-aus-lihblichen lächlen vihl begihriger an sich, als der libes-stein oder magneht das eisen; seine härtliche lippen sein so schöhn als korallen, und so sühsse als honig und honigsäum: di zähne sein sehr klein und zahrt, so glat als elfenbein, und stä-[360]hen in einer rächt-lihblichen ordnung an einander: ihr hauchen bläset einen anmuhtigen geruch von sich: ihre stimme ist mehr als mänschlich; das kin ist auch rächt ahrtlich gebildet; di bakken sein schne-weis, und mit einer zahrten röhte verschönert; das angesicht ist mehr rund als länglicht, und zeuget einen helden-muht an; der hals ist lang und gerade, weis wi di lilien, und stähet zwüschen den schultern in seiner rächt-mähssigen gröhsse. Di brust ist so föllig, so kwaplicht und so glat, daß man keine knochchen dahr-an sihet; die brüste sein so lihblich und so rund, und gleichen den pfirsken nicht übel. Ja er gähet solcher gestalt fast durch alle glider ihres leibes, di folkommenheit ihrer schöne zu beweisen.

Wan nuhn mein gnädiges Fräulein noch nicht gestähen wül, daß di schöhnheit an den irdischen geschöpfen zu fünden sei, so wärd' ich ihr färner nichts zu antworten wüssen; nahchdähmmahl[264] so vihl grohsse läute, ja ihr verwandter Pompejus Kolumna selbst gedachte Fürstin ihrer folkomnen schöhnheit wägen so hohch erhöben, und si so schöne halten, daß auch di tohdten selbst zur libe gereitzet und zur betrachtung einer so fölligen schöhnheit angelokket würden.

Daß aber die mild-gühtige zeugmutter aller dinge meinem gnädigsten Fräulein auch so vihl und mancherlei schöhnheiten rächt überflühssig verlihen habe, könt' ich auch leichtlich erweisen, wan ich mich dässen nuhr erkühnen dürfte. dan, damit ich einem andern di über-träfliche leibes-gestalt zu beschreiben überlahsse, so sag' ich nichts mehr, als daß si der reiche überflus ihrer belihbten Tugenden fast ganz vergötlichet, und unter däm andern frauen-zimmer, als nichtigen geschöpfen, gegen Si zu achten, sehr unkäntlich und erhöblich machchet. Ja, in-dähm Si sich so gahr zu ernidrigen und zu verge-[361]ringern gedänket, so lässet Si di häl-blizzende schöhnheit ihrer träflichen Tugenden noch immer mehr und mehr leuchten, und man würd nicht aufhöhren ein solches tugend-folkommenes Fräulein fohr di schönste zu disen zeiten aus zu ruhffen; ja ih mehr si sich solches ruhmes entäussern würd, ih-mehr würd sich er unter däm Folke häuffen, und durch di gantze wält erschallen.

Wan ich färner wüssen solte, daß meinem gnädigsten Fräulein kein mis-gefallen geschähen würde, so wär' ich wohl willens, ihre schöhnheit unter den läuten lautbahr und berühmt zu machchen, äben auf solche weise, wi der berühmte Nihf der durch-leuchtigen Tagliakozischen Fürstin Johanna getahn hat: Dan ich bin versichchert, daß si selbige wo nicht an äusserlicher, doch zum wenigsten an der innerlichen schöhnheit, weit übertrüffet. Si ist ja sehr wohl erzogen und aufgeführet; hat sich in aller-hand lustigen übungen und künsten, di einem solchen hohen Fräulein sehr wohl anstähen, von kindheit auf unterweisen lahssen; Si weus so ahrtlich zu mahlen, zu reissen und auf der lauten zu spihlen, daß ihr auch manche meister dahr-innen weichen müssen; Si verstähet di Sünge-kunst, mit der Tichterei, und, was di färtigkeit ihrer glider anbelanget, so kan man aus ihren flüchtigen tänzen gnugsam abnähmen, daß si selbige nicht hat verzährtelen, erstarren oder verlassen lahssen.

Sol ich nuhn dises alles nicht schöhnheit nännen? und worinnen kan ich si anders suchen, als ehrstlich in tugenden und gebährden, dahrnahch auch in geschikligkeit und ahrtiger leibes-gestalt? wan man auch di schöhnheit alzu hohch zwüngen wül, und nuhr alein bei den himlischen suchen, so müssen wihr ändlich ihren namen unter uns gahr austilgen, und den göttern, welchen di unvergängliche billich zukömmet, aleine zu-schreiben. [362]

Mein gnädigstes Fräulein woll' es nicht im argen vermärken, daß ich mich hab' erkühnen dürfen ihren kluhg-sünnigen räden zu widersprächchen; sondern vihlmehr gedänken, daß ich solches zu ihrem fohrteil und zu ihren ehren getahn habe, in-dähm[265] ich erweisen wollen, daß man Ihr eine solche föllige schöhnheit, so folkommen als man si in diser stärbligkeit immermehr haben kan, billich und von rächts-wägen zuerkännen müsse. wan ich Si aber, wider verhoffen, ja möchte beleidiget haben; so bitt' ich üm gnädigste verzeuhung, welch' ich dan gahr leichtlich erlangen wärde, weil ich weus, daß si mihr allezeit vergönnet hat, und noch gnädig vergönnen würd, daß ich mich nicht alein halten, sondern auch öffendlich schreiben und nännen mahg


meines gnädigsten Fräuleins


aller-untertähnigster, färtigster

Knächt und Diner.


xvii.

An seinen brüderlichen Fräund

Hern Träulihb von Nageln,

als er seiner Klugemunde mit der lauten ein wülkommen

brachte.


Avf! währter bruder, auf! verlahs den süchen stand;

was hülft es, wan wihr gleich betauren unser land, [363]

das sich in sich verschlüngt? auf! nüm zur frohen stunde

mit deiner lauten an di ädle Klugemunde,

di izt nuhr widerkömt, und diser frohen stat,

di ihren glanz alein von ihrer schöhnheit hat,

ihr fräuden-feier mehrt. Zehn wochchen sein verwichchen,

als diser lüchte stärn in Uträcht wahr verblichchen,

und bei der Amstel schihn. o welche lange zeit!

di auch entfande selbst di unentfündligkeit.

di tühren hingen lahm, di lüchter bei der strahssen,

fohr denen sonst mit ihr so manche Schönen sahssen,

di stunden ganz betrühbt, weil ihre meisterin

nicht mehr zur ställe wahr. Di bluhmen, di fohr-hin

fohr ihrer linken brust sich ganz verschönert zeugten,

di hingen straks den kopf. di rosen, di sich neugten

zur ärden nider-wärts, weil si nicht mehr beschihn

ihr rächtes sonnen-lücht, di sah man traurig blühn.

doch traurig dise nuhr! di andern ihres gleichen,

di ihr an aller zihr und hohen gaben weichen,[266]

di waren froh aus neid, und sähn nuhn wider schähl,

daß dise Sonne scheint in Uträcht ohne fähl.

Wihr aber, trauter fräund, sein lustig und erfräuet,

weil unsrer aller fräud' ein solches lücht ernäuet,

das keinen fähler kännt, von keinem ände weus,

und beides tahg und nacht behält den höchsten preis.

Lahsst uns das währte bild mit schönen lidern ehren,

und ihren hohen ruhm mit aller kraft vermehren. [364]

Dein schöner lauten-klang, dehr bis zur sehlen drüngt,

di schwachchen sünnen rührt, und auch ein nu-mänsch zwüngt,

gefällt ihr mehr als wohl. Drüm auf und lahs uns gähen,

was wollen wihr alhihr noch länger stille stähen?

Di schöne nacht brücht an, di tausend-libe nacht,

da deiner lauten schal di mänschen fröhlich macht.

Der rauhe büchsen-klang hat durch den tahg geklungen,

des starken Peters salz luft, ohr und sün durch-drungen,

nuhn sol auch durch di nacht dein angenähmer klang

geist, sehl und härz durchgähn, das schohn fohr fräuden krank.

der lohn ist auch schohn da, di gunst, so dise Schöne

fohr dein' und meine schänkt. der dank fohr dein getöhne,

der tausend-träue dank, dehn dises wunder-bild

in ihrem härzen gihbt, dehr aus der sehle kwült,

und deine mühe kännt, dehr ist mit tausend lidern,

und tausend noch dahr-zu, nicht gnugsam zu erwidern.


xviii.

An di reise-färtige

Rosemund.


Trit härführ, schöne Rosemund, du beängeltes mänschen-kind; das träu-gesünnete lihb-sälige frauen-zimmer der hohch-deutschen fölkerschaft stähet schohn üm seinen stolzen Rein, und wartet deiner ankunft mit fräudigem verlangen; di wällen, dahrauf du zu den götlichen Deutschinnen anlan-[365]gen solt, gäben ein rächtes fräuden-geräusche von sich, und wollen dise angenähme last auf ihrem krausen rükken nahch däm lang-gewündschten lande zu tragen; di winde sein auch schohn gefasst den steuer-man vergnüglich zu entsäzzen;


Si zühn den sanften hauch

aus ihrem tühffen schlunde

mit hohl-gemachtem munde[267]

und füllen ihren schlauch;

si können kaum so lange

verzühn in ihrer kluft:

di stolze segel-stange

stäht schohn in ofner luft,

und zeucht di frohen flügel

dihr, wunder-schönes Bild.


Drüm auf, o ädele, und begib dich zu schiffe, di lihblichen Amstelinnen und Lechchinnen wärden dich begleiten, und den frohen nahch-winden mit einhälligem glük-wündschen übergäben; es ist izund di lihblichste zeit; das jahr wül dich mit seinen reiffen und überflühssigen früchten entfangen; der wein auf den anmuhtigen bärgen würd sich deiner zahrten hand auch bald zu läsen dahrbüten und deinen kummer versühssen. Drüm eile, meine Schöne, ehe der windter einbrücht und den reisenden alle lust benümt: wihr wündschen dihr sämtlich glük, und bei der grohs-mächtigsten Deutschinnen gnädiges verhöhr.

G.K.O.V.Z.

A.D.D.S.

[366]

1

M. Barbara heisst in der sirischen sprache so vihl als eine kindes-tochter, oder kindes-kind.

2

Margareta (also hihs ihre Frau Mutter) bedeutet in grichischer sprache so vihl als eine perl.

3

si wahr aus der Seifarter geschlächte gebohren.

4

di Stihf-mutter hihs Catharina, das ist, reine.

5

der Her Vater Gotfride.

6

di stihf-mutter, Katarina Seifartin.

Quelle:
Philipp von Zesen: Adriatische Rosenmund. Halle a.d.S. 1899, S. 231-268.
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