Drittes Buch.

[93] Sefira brante noch. Das feuer / das vor etlichen tagen der schöne Leibeigne in ihrem hertzen angezündet /war noch nicht verloschen. Darüm trug sie verlangen zu wissen / wo er were. Darüm bemühete sie sich /ihn aus zu kundschaffen. In alle würtshäuser schikte sie ihre diener. An allen orten vernahm sie / wo er geblieben. Etliche wochen lang lies sie ihn suchen. Endlich erfuhr sie / daß ein Memfischer Kaufman ihn bewahrete. Nicht lange konte sie ruhen. Straks muste sie fort. Sie setzte sich auf ihre prächtigste kutsche. Eben so prächtig muste der nachtrab sein. In solcher pracht lies sie sich sehen. In solcher herligkeit fuhr sie darnachzu. Gantz langsam musten die pferde gehen.

Recht gegen dem schönen Leibeignen über wohnete ein Bildhauer. Vor dessen tühre hielt sie stil. Sie begehrete seine Kunst zu besichtigen. Man muste ihr ein Bild nach dem andern vor den wagen zur schaue bringen. Aber es war ihr nicht zu tuhn / diese leblosen Bilder zu sehen. Josef lag ihr im hertzen. Dessen lebendiges bild begehrte sie zu schauen. Aber diese augenweide bekahm sie vor das mahl nicht. Der schöne Leibeigne war nirgend zu erblikken. Ihre hofnung zerschmoltz. Ihr verlangen war vergebens. Vergebens war ihr anschlag: ümsonst ihr prächtiger aufzug. Und also muste sie unverrichteter sachen wieder nach hause.

Des folgenden tages kahm sie noch viel prächtiger aufgezogen.Sie saß zwar in eben demselben wagen: welcher von lauterem silber und golde flinkerte / und von drei schneeweissen Pferden gezogen ward. Aber ihr schmuk und ihre kleidung war viel köstlicher / als des vorigen tages. Die demanten / die perlen / die rubiene / damit sie ihren leib gezieret / waren unschätzbar. Die kleider von weisser seide / mit güldenen rosen und liljen durchwürket / gaben einen herlichen glantz von sich. Vor der brust / welche sich mit zwee lieblichen schneehügeln erhub / trug sie einen busch rohter und weisser Rosen. Aller dieser zierraht machte ihren schönen leib noch viel schöner. Und also saß sie auf ihrem wagen anders nicht / als eine Alsgöttin der liebe. Rund ümher lieffen die leibdiener / auf das zierlichste gekleidet.

Dieser ungewöhnliche schmuk der Sefira lokkete die einwohner in allen gassen / da sie durchhin fuhr /vor die tühren. Die Jungfrauen im hause des schönen Leibeigenen warden auch lüstern diese so köstlich geschmükte Fürstin zu sehen. Josef hatte zwar keine lust einige schöne Frau an zu blikken. Er flohe sie vielmehr. Er verbarg sich vor ihren augen: damit ihr üppiger anblik ihn nicht verunruhigte. Gleichwohl lies er sich itzund von seinen Hausjungfrauen bereden mit vor die tühre zu trähten. Eben kahm die Fürstin an. Eben hielt sie vor dem Bildhauer stil. Straks lies sie die augen auf den Josef fallen. Straks veränderte sich ihr gantzes wesen. Die röhte ihrer wangen verblich. Die rede ihres mundes entwich. Die bewegung aller ihrer glieder verging. Ja es war fast nichts bewegliches mehr an ihr / als das auge. Dieses rollete im heupte herüm / als eine unruhe am uhrwerke. Es schos lauter flinkernde strahlen. Alle blikke waren strükke. Ein einiger traf tausend hertzen. Ein einiger machte tausend schmertzen. Sie lies zwar den Bildhauer rufen mit ihm zu reden. Aber ihre rede war verwürret /[96] ihre worte gebrochen / ihre stimme gehämmet.

Als sie nun eine halbe stunde alda verharret / fuhr sie wieder fort. So bald sie auf ihr Schlos gelanget /erzehlte sie dem Potifar: daß ein Kaufman in der stadt / durch den dienst eines Ebreischen Jünglinges /auch nur in wenig tagen am reichtuhme sehr zugenommen. Aber der ruf ginge / daß man ihn diebischer weise aus Kanaan entführet. Darüm strafet / sagte sie / diese böse taht. Tuht dem Jünglinge recht. Nehmt ihn zu eurem Hofmeister. Ich weis / der Ebreische Gott wird uns seegnen. Ja ich weis / daß der himlische seegen bei ihm ist. Was er tuht / das gelinget. Was er anfänget / volendet er mit lauter glükke. Dieses glük können wir haben / wan wir es nur annehmen. Es stehet bei euch. Wan ihr wollet / werden wir glüklich sein: wir werden geseegnet sein: unser reichtuhm wird sich mehren.

Potifar achtete zuerst diese worte wenig. Er schob es von einem tage zum andern auf. Und dieses zaudern machte seine Gemahlin gantz ungedültig. Weil sie nun ohn unterlaß anhielt; so befahl er endlich den Kaufman vor gerichte zu fordern. So bald er erschienen / sprach Potifar zu ihm: Wie komt ihr darzu / daß ihr in das Ebreische land reiset / den Eltern ihre kinder zu stehlen / und verkauft sie darnach vor Leibeigne? Der Kaufman fiel nieder auf sein angesicht / und baht üm gnade. Mein Herr / sagte er / wessen er mich bezüchtiget / darvon weis ich gantz nichts. Ich weis mich unschuldig / und rein in meinem gewissen. Das verhelt sich nicht also / fuhr Potifar fort. Wie komt ihr dan an den Ebreischen Jüngling / den ihr in eurem hause habet? Der Kaufman antwortete: die Ismaeler haben ihn in meiner verwahrung gelaßen / bis sie wiederkommen ihn ab zu hohlen. Aber Potifar gleubte ihm nicht; und befahl ihn zu steupen. Unterdessen lies er[97] auch den Josef hohlen. Den fragte er: Bistu frei /oder leibeigen? Josef antwortete: Ich bin ein Leibeigner. Der Fürst fragte weiter: Wessen Leibeigner bistu? Josef gab wieder zur antwort: der Ismaeler. Wie bistu dan ein Leibeigener worden? fuhr der Fürst fort. Josef gab ihm zu verstehen: daß ihn die Ismaeler im Kananeischen lande gekauft. Potifar aber wolte auch dieses nicht gleuben. Darüm befahl er den Josef gefänglich zu bewahren / bis die Ismaeler wiederkähmen.

So bald aber Sefira erfuhr / daß Potifar den schönen Leibeignen gefänglich eingezogen / sprach sie zu ihm: warüm setzt ihr einen gestohlenen Freien gefangen? Es were besser / daß man den edelen Jüngling loß liesse / und euch geisselte. Warüm nehmt ihr ihn nicht lieber zu eurem Haushalter? Der Fürst antwortete: es ist bei den Egiptern nicht gebreuchlich / eines andern guht / ohne bewiesene rechtmäßige uhrsache /weg zu nehmen. Und also muste Josef gefässelt bleiben: nachdem er drei mohnden / und fünf tage bei dem Kaufmanne gewesen. Auch brachte er in solchem elende noch vier und zwanzig tage zu / ehe die Ismaelischen Kaufleute wieder kahmen / und ihn loß machten. Diese hatten gehöret / daß Jakob sein Vater üm Josefs willen sehr betrübt sei. Darüm sprachen sie zu ihm: warüm habt ihr uns gesagt / daß ihr ein Leibeigener weret? da doch euer Vater ein mächtiger Man ist in Kanaan; dem es sehr zu hertzen gehet /daß ihr verkauft seid. Josef hette gern geweinet. Aber er enthielt sich. Und damit er seine Brüder nicht beschämete / gab er zur antwort: man hat euch unrecht berichtet: ich bin ein Leibeigener.

Hierauf berieten sich die Kaufleute / wo sie ihren Leibeignen am besten verkauffen solten; damit es sein Vater nicht erführe. Dan sie fürchteten sich vor Jakob. Sie befahreten / er möchte sich an ihnen rächen.[98] Sie wusten / daß er groß geachtet war vor Gott und Menschen. Unterdessen hielt Sefira bei ihrem Ehherrn stark an / daß er den schönen Leibeignen kauffen solte. Dan ich höre / sagte sie / daß sie ihn wieder verhandeln wollen. Potifar schikte straks hin /und lies fragen: wie hoch sie ihn hielten? Weil er aber zu teuer war / zerschlug sich der kauf. So bald es Sefira verstund / sandte sie selbst einen andern ihn zu kauffen; mit befehl / daß er kein geld ansehen solte. Dieser kaufte ihn vor achtzig goldgülden: wiewohl er seine Fürstin berichtete / er hette hundert gegeben. Und also gelangte Josef in Potifars schlos.

Sefira hatte nunmehr ihren wundsch erlanget. Niemand war froher / als sie. Niemand war vergnügter /als sie. Josef muste straks auf das schönste gekleidet sein: nicht als ein Leibeigener. Als ein Hofjunker muste er gehen. Alle neue trachten / die am Königlichen hofe aufkahmen / muste er haben. Auch brachte sie bei ihrem Herren so viel zu wege / daß er ihn nicht als einen Leibeignen / sondern als einen Freien zu halten befahl. Und Josef selbsten wuste sich bei dem Fürsten so beliebt zu machen / daß er ihn endlich anders nicht / als seinen eignen Sohn / liebete. Er bestelte ihn zum Hofmeister. Er befahl ihm das gebiet über alle seine Leibeigene. Ja er setzte ihn zuletzt gar über sein gantzes haus. Damit er aber zu solcher bestallung üm so viel geschikter were: so lies er ihn auch in aller Egiptischen weisheit unterrichten. Man muste ihm die geheime Bilderschrift eröfnen: darinnen alle Wissenschaften und Künste verborgen lagen. Man muste ihm alles zeigen / was sonsten niemand / als den Priestern / zu wissen vergönnet. Und also kahm Josef in kurtzem so weit / daß er sich nicht entziehen durfte mit den allergelehrtesten im gantzen Egipten an zu binden. Ja nicht allein dieses / sondern auch seine sonderliche guhtahrtigkeit /[99] und angebohrne fürtrefliche geschikligkeit brachte ihn in großes ansehen. Seine liebseelige freundligkeit gewan iedermans liebe. Seine holdreiche bescheidenheit lokte iederman zur gunst. Um seiner demuht willen ward er von iederman geehret. Ja er zog durch seine Tugenden aller gemühter an sich. Selbst die allerhärtesten hertzen warden ihm gewogen. Selbst die allerrausten Menschen wardem ihm geneugt. Selbst die allerunbändigsten Leibeigenen machte er zahm. Sie tähten alles / was er wolte. Sein wink war ihr befehl. Man war sonst gewohnet die Leibeignen mit schlägen zur arbeit zu treiben. Aber hier war es nicht nöhtig. Josefs liebreiche ermahnung richtete mehr aus / als alle schärfe. Eines seiner guhten worte galt mehr / als sonst tausend flüche / ja tausend schläge.

Dieses alles sahe die verliebte Sefira. Und darüm ward sie ie mehr und mehr verliebt. Auch gab sie diese liebe dem Josef / durch tausend verliebte blikke / gnugsam zu verstehen. Anfangs sahe sie ihn von ferne mit spielenden augen an. Dan näher durfte sie nicht kommen. Schaam und furcht / die zwei grösten hindernüsse der liebe / stunden ihr im wege. Sie schähmete sich mit worten ihre liebe zu entdekken. Die blödigkeit ihrer achtzehenjährigen jugend hielt sie zurük. Sie fürchtete sich vor ihrem Ehliebsten. Sie befahrete sich / ihre leute möchten es märken. Und also wuste sie keinen raht. Ob sie schon ihrem Josef von weitem so viel hertzentzükkende blikke gab; ob sie ihm schon von ferne so manche liebes seuftzer zuschikte: so trafen doch alle diese feurige liebesbohten nur ein kaltes hertz an. Josef wolte ihre stumme bohtschaft nicht verstehen / ob er sie schon verstund. Seine gebuhrtsahrt blieb im glük und unglük unverändert. Seine Tugend behielt er / wie sie ihm angebohren. Hingegen wuchs ihre liebe ie länger ie mehr. Ihr hertz brante liechterloh. Es stund in vollen[100] flammen. Diese konte sie nicht länger ertragen. Unmüglich war es sie zu verbärgen. Ausdrüklich durfte sie dem Josef nichts anmuhten. Sie war noch zu blöde. Sie schähmete sich ihr anliegen heraus zu sagen. Zudem fürchtete sie sich auch / sie möchte es so grob machen / daß es ihr gesinde märkte / ja ihr Ehherr selbsten gewahr würde. Und darüm erdachte sie diesen liebesrank. Erstlich wolte sie / durch die allerersinlichsten liebesbezeugungen / in ihrem Ehliebsten ein so festes vertrauen zu ihrer tugend erwekken / daß er nachmahls nichts böses / wie böse sie es auch machte /von ihr argwähnen könte. Man sie dieses vorteil gewonnen; so wolte sie hernach trachten auch den Josef zu gewinnen. Solches könte sie alsdan üm so viel sicherer tuhn. Fragte er nicht nach ihren guhten worten; so müste er wohl ihrem befehle gehorchen.

Also bekahm Potifar die küsse / die allein auf Josef zieleten. Also genos er die liebe / die einem andern zugedacht war. Dan Sefira lies ihm itzund mehr liebeszeichen blikken / als sie iemahls zu tuhn vermeinet. Und damit sie solches üm so viel anmuhtiger tähte: so nahm sie der zeit wahr / wan sie gegen den Josef am heftigsten entzündet war. Wan sie die grösten liebesschmertzen fühlete / hertzete sie den Potifar am allermeisten. Wan Josef ihr hertz am meisten besaß / nahm sie den Potifar am hertzlichsten in den arm. Solcher gestalt stahl sie dem Potifar das hertz. Durch diese scheinliebe betöhrete / ja bezauberte sie ihn so gar / daß er sie vor die allerehrlichste fraue hielt / die der erdbodem iemahls erblikket.

Als nun Sefira sahe / daß ihr dieser listgrif so wohl gelungen; so vermeinte sie ihr gewündschtes endziel eben so glüklich zu erreichen. Ihren Ehherrn hatte sie in den schlaf gewieget: sein mistrauen aus dem wege geschaffet: seine eifersucht gedämpfet. Und also war[101] sie seinetwegen gantz sicher. Nun trachtete sie auch die liebe / die Josef in ihrem hertzen erreget / mit dem rechten laabsaale zu sättigen. Und zu dem ende kahm sie von der ferne zur nähe: von den liebesblikken /und seufzern zum küssen. Des nachts ging sie vor sein bette / als wan sie ihn hette besuchen wollen. Sie stellete sich / weil sie kinderloß war / als wan sie ihn vor ihren sohn hielte. Unter dem scheine ümhälsete sie ihn. Sie hertzte ihn / als eine Mutter.

Josef dachte noch kein arges. Vielmehr hatte er mitleiden mit ihr. Er baht Gott / daß er ihr einen Sohn gebe. Ja er bemühete sich einige Artzneien zu finden /welche der Frauen fruchtbahrkeit befördern. Er nahm die wurtzel vom Knabenkraude. Die dürrete er / und sties sie klein. Hierzu mängete er noch andere artzneimittel / die zum Kinderzeugen dienlich. Als sie nun wiederkahm / ihm ihre mütterliche liebe / wie sie sich stellete / zu beweisen; da gab er ihr diese Artznei. Er wiese ihr auch zugleich das Knabenkraut / samt der wurtzel. Diese wurtzel / sagte er / ist das fürnehmste /das ich zu hiesiger Artznei genommen. Sie ist sonderlich guht zum Kinderzeugen: zuvoraus wan man ein Knäblein begehret. Die euserliche gestalt der wurtzel zeiget es an. Dan die Natur hat vielen Kreutern / auch andern gewächsen ein solches euserliches kenzeichen gegeben. Darbei kan man zur stunde sehen / wozu sie guht seind. Er hatte noch zwei andere kreuter mit aus dem garten genommen. Diese lagen eben vor seinem bette. Sie sehe hier / sagte er: Dieses kraut hat eine wurtzel / wie ein hertz gebildet. Darüm ist sie auch vor alle krankheiten des hertzens guht. Darüm würd es auch Hertzwurtz genennet. Und hier liegt noch ein anderes; welches Zahnkraut heisset: weil es bluhmen / als zähne gebildet / träget; und daher auch vor die zufälle der zähne dienet.

Ich habe gesehen / redete Josef ferner / daß sie überihre unfruchtbarkeit betrübt ist. Sie wird / nächst der hülfe Gottes / den ich fleissig darüm bitten wil /wohl befruchtet werden. Sie habe nur einen guhten muht. Sie traure nicht. Sie brauche dieses mittel. Sie wird mit einem jungen Herrlein erfreuet werden / ehe sie sich dessen versiehet. Ach! fing sie ihm das wort auf / wo solte diese freude herkommen? Woher sol ich ein Söhnlein gebähren? Mein Herr ist ein alter / beinah sechzigjähriger Fürst. Das Kinderzeugen ist ihm vergangen: die lust selbsten darzu. Von ihm ist nichts zu hoffen. Kan man von heerlingen wohl weinbeere pflükken? Kan man aus leerem strohe wohl Korn dräschen? Es ist alles üm sonst. Meine Frau sei getrost /fing Josef hierauf an. Sie verzweifle nicht. Beides /das ihrem Herren vergangen / wird sich wohl wieder finden. Sie rufe nur eifrig zu Gott / und brauche darbei dieses mittel.

Eben als Josef diese worte redete / ward eine tühre über seiner schlafkammer eröfnet. Das geknarre höreten sie gantz eigendlich. Darzu vernahmen sie einen schleichenden gang. Dieses verursachte / daß die Fürstin / mit der Artznei / eilend aus der Kammer lief. Ja sie lies selbst das licht stehen / und lief im dunkelen. Dan sie befahrete sich / sie möchte verrahten werden. Man kan ihm leichtlich einbilden / mit was vor gedanken sie vom Josef geschieden. Wir wollen ihre verrähter nicht sein. Wer alhier ihre reden / die sie dem Josef zur antwort gegeben / lieset / wird sie selbsten unschweer errahten.

Mitlerweile erfuhr Nitokris / daß Potifar den Josef ins gefängnüs geworfen / und hernach gar gekauft. Nun sahe sie den schönen Leibeigenen in Potifars Schlosse. Sie sahe ihn bei einer jungen wohllüstigen Fraue. Darüber schöpfte sie seltzame gedanken. Hier / dachte sie / wird es auf die bedeutung unserer treume ausdrehen. Hier haben wir nun den jungen Stier[104] und den fremden Vogel / das Fährsichen und die junge Störchin / mit der Hindin und jungen Henne / samt dem alten Hahne / beisammen. Hier wird nun der Assenat Stiefmutter das reinweisse Härmlein zu besudeln trachten. Hier ist der ort der Schauburg. Hier seind die Schauspieler schon alle beieinander. Nun wird das Schauspiel beginnen. Es wird langsam gespielet; und der anfang mit freuden gemacht werden. Das mittel nach dem ende zu wird traurig; aber das ende selbst sehr erfreulich und glüklich sein. So lange mus es währen / bis Assenat recht volkömlich wird erwachsen sein. Also hat es der Himmel versehen. Die Götter haben es also beschlossen.

Eben als Nitokris in diesen gedanken fortfahren wolte / ward sie / durch ein hastiges klopfen an ihres Zimmers tühre / gestöhret. Semesse kahm ihr an zu dienen / daß der schöne Leibeigene da sei / sie zu sprechen. Geschwinde sprang die Fürstin auf. Geschwinde lief sie fort / die tühre selbsten zu eröfnen. So bald sie den Josef erblikte / reichte sie ihm die hand zu / und zog ihn also in ihr zimmer. O ein seltzamer / doch lieber Gast! waren ihre erste worte. Und hierauf boht sie ihm straks / mit eigener hand / einen stuhl sich nieder zu laßen. Aber Josef neugte sich zur erden nieder. Er weigerte sich diese unhöfligkeit zu begehen. Und Nitokris lies nicht nach. Nicht eher wolte sie ein wort hören / er hette sich dan zuvor gesetzet. So wil ichs dan tuhn / fing er an / nur ihrer Hoheit befehle zu gehorchen. Sonsten hette ich meine bohtschaft lieber auf den kniehen / wie es mir alhier geziemen wil / verrichtet.

Als sie sich nun beide niedergelaßen / fragte die Königliche Fürstin alsobald / was er guhtes brächte? Josef gab zur antwort / daß ihn seine gnädige Fürstin abgesandt / Ihrer Königlichen Hoheit derselben untertähnige pflicht an zu melden / und darbei zu vernehmen /[105] ob es Ihr gelegen kähme einen besuch auf ein halbes stündlein von ihr zu empfangen. Der Nitokris gegenantwort war diese. Man seine Fürstin /sagte sie / belieben träget / ihre Dienerin derselben ansprache zu würdigen; so mag sie solches wohl unangemeldet tuhn. Ihr besuch komt mir niemahls ungelegen. Ich bin zu ihren diensten allezeit bereit. Dieses kan er ihr / mit anbietung meiner gegenpflicht / aus meinem eigenen munde vermelden. Hierbei bleibt es. So gesagt / so getahn.

Auf diese worte erhub sich Josef seinen abschied zu nehmen. Aber Nitokris wolte ihn nicht laßen. Nein / nein! sagte sie / er mus so bald nicht von mir eilen. Das glük seiner gegenwart zu geniessen / hat uns / ich weis nicht was vor ein unglük / misgönnet. Der himmel boht uns dasselbe zwar erst an: aber es ist nunmehr in seiner Fürstin / meiner Frau Muhme / schoß gefallen. Diese hat ihn ja sonsten allezeit vor ihren augen. Darüm wird und kan sie ja nicht schähl sehen /wan ich ihr seine so liebe gegenwart nur auf ein vierteilstündleinentziehe. Eine so stachlichte rede beantwortete Josef anders nicht / als mit einer keuschen röhte / die auf seinen wangen plötzlich herfürbrach. Die Königliche Fürstin erblikte diese stumme antwort alsobald. Darüm trachtete sie ihn aus der stillen schaam in ein munteres wesen zu setzen. Vorerst bedankte sie sich vor die mühwaltung / die er / in auslegung der neulichen Treume / ihrentwegen auf sich genommen. Sie priese seinen so fürtreflichen verstand in dergleichen dingen. Sie boht ihm ihre gnade so volkömlich an / als sie ein mensch iemahls von ihr zu hoffen. Ja er solte das einige augenmärk aller ihrer gunst sein. Das sagte sie ihm mit hertz und munde zu. Das beteuerte sie mit einem hohe eide. Darnach fragte sie: wie es ihm bei Fürst Potifarn gefiele?

Josef gab zur antwort: Ich kan nicht anders sagen /als wohl. Er helt mich nicht allein vor keinen Leibeigenen /[106] wie Ihre Hoheit siehet; sondern auch selbst als seinen leiblichen Sohn. Wie könte ichs besser wündschen? Was könte ich mehr begehren? Und so bin ich in meinem unglükke glüklich. Ich bin ein Leibeigener / und doch auch keiner. Ich lebe frei. Ich habe mehr zu gebieten / als mir gebohten wird. Ja hierbei habe ich itzund noch dieses glük / daß ihre Hoheit meine wenigkeit so hoch ehret / und so hoch erhöbet / daß mir meine bewuste unwürdigkeit eine schaamröhte darüber ins gesichte treibet. Das tuht eine Fürstin / die so hoch gebohren ist / daß sie unter allen Egiptischen Fürstinnen den vorzug besitzet. Die Königliche Fürstin selbsten / die der Himmel erkohren den Egiptischen Reichsstab zu führen / erweiset mir diese hohe gnade. Ja was noch mehr ist / diese hohe und große Fürstin erniedrigt und verkleinert sich selbsten so gar / daß sie mir / da ich doch nur ein elender Leibeigener bin / bei ihrem Königlichen eide / verspricht ihre gantze gunst über mich unwürdigen aus zu schütten. Und also bin ich nicht allein glüklich bei meinem Herrn; sondern auch bei andern / über mein verdienst. Ich bin glüklich innerhalb hauses. Glüklich bin ich ausserhalb. Wie solte mir dan dieser mein itziger zustand / den das glük allenthalben ümgiebet / nicht gefallen? Aber wie solche so über die maße hohe gnade üm ihre Hoheit ich elender Leibeigner verdienet /weis ich nicht. Noch viel weniger weis ich in meinem armen vermügen einen dank zu finden; dadurch ich solches / in untertähnigster gehorsamkeit / der gebühr nach erkennen könte.

Josef wolte fortreden. Aber Nitokris fing ihm das wort auf. Die ehre / sagte sie / die ich ihm erweise /ist schlecht. Die gunst / die ich ihm angelobet / ist eben so unschätzbar: weil ich sie ihm nicht erzeigen kan / wie ich von hertzen wündsche. Zudem verdienet seine geschikligkeit viel mehr. Seine Tugend ist mehr ehre währt.[107] Sie überwäget aller menschen gunst. Und ich weis gewis / weil er sich selbsten so gar erniedriget / daß ihn die Götter aufs höchste erhöhen werden. Wer sich selbst erhöhet / wird erniedriget. Wer sich selbst erniedriget / wird erhöhet. Das ist ein unveränderliches gesetze des Himmels. Die Demuht hat einen güldenen bodem. Sie blühet immerdar. Sie bringet immerdar früchte. Wer diese tugend liebet und håget /der wird ihrer früchte geniessen. Es kan ihm nicht fehlen. Er mus endlich steigen. Ist es nicht heute / so ist es morgen. So hat es der Himmel beschlossen. Dieser schlus stehet fest. Er stehet in den härtesten marmel gegraben. Der finger des allerhöchsten Gottes hat ihn selbst darein geetzet. Hingegen hat der Hochmuht einen bleiernen grund. Ja dieser grund stehet auf einem sumfichten bodem. Er blühet zwar auch eine weile. Aber seine blühten fallen plötzlich ab. Dan verwehet sie der wind. Der regen vereitelt sie. Die früchte / die er träget seind nichts: ja weniger / als nichts; weil das unzeitige abfallen der blüßen ihren wachstuhm hämmet. Daher ist es / daß der hochmühtige so plötzlich vergehet. Wan er vermeinet am gewissesten zu stehen / fället er über einen hauffen / ja versinket in dem tiefsten mohrast des Höllischen abgrundes. Und also ist der Demuht das steigen / dem Hochmuhte das fallen bestimmet. Jene ziehet der Himmel / und diesen der Abgrund zu sich. Und ob schon der Hochmuht auch nach dem Himmel zusteiget / ja über alle Himmel hin zu steigen sich vermisset; so wird er doch / in solcher seiner vermessenheit /uhrplötzlich herunter gestürtzet. Rasch fället er zu bodem. Geschwinde verschlinget ihn die tiefe. Da findet er sein ewiges grab. Da verbürget ihn die gruft der vergessenheit für und für.

Die königliche Fürstin wolte den schlus dieser worte auf den Josef ziehen. Auch wündschte er selbsten / daß[108] er ihr länger zuhören möchte. So wohl gefielen ihm ihre reden. Dis war seines hertzens lust und freude. Aber Semesse müßigte sie darvon ab. Sie überreichte ihr einen brief von der unvergleichlichen Assenat. Und diesen Nahmen nennete sie / daß ihn Josef hörete: den sie zugleich seitwärts anblikte. Zur stunde brach Nitokris den brief auf. Josef aber begehrte erlaubnüs seinen abschied zu nehmen: den er auch bekahm. Und die Fürstin ging mit ihm bis an die treppe. Ja sie befahl der Semesse ihn hinunter / bis auf den schlosplatz / zu begleiten. Im hinabgehen rief sie noch hinter dem Josef her / daß er nicht vergessen solte sie oft zu besuchen. Aber dieses besuchen ward ihm bald verbohten. Dan Sefira hatte ihn itzund /durch einen sonderlichen kützel getrieben / zur Nitokris geschikt. Sie wolte ihr nur sehen laßen / daß der schöne Leibeigne nunmehr in ihren händen sei. Nitokris solte wissen / daß Sefira glüklicher sei / als sie /und der gantze Königliche hof. Aber hinfort ward ihm keine bohtschaft mehr an das Königliche Frauenzimmer befohlen. Ja Sefira war so eifersüchtig / daß er sich / wan sie von ihren Freundinnen besucht ward /kaum durfte sehen laßen.

So bald Josef zurük kahm / fragte seine Fürstin scharf nach / was die Königliche Fürstin mit ihm geredet. Er aber sagte ihr nichts mehr / als was zu sagen dienete. Nur allein priese er ihre ausbündige höfligkeit. Er lobte ihre große demuht. Hierzu fügte er / daß sie ihm weit mehrehre angetahn / als er würdig. Er hette sie gern noch weitleuftiger gerühmet. Aber er muste mit ihrem ruhme kärklicher verfahren / als er gesonnen. Weiter durfte er sich nicht herauslaßen /aus furcht / er möchte seine Fürstin zur schählsichtigkeit erwekken. Sefira stellete sich euserlich / als wan ihr das lob / das er der Nitokris / wiewohl sehr spahrsam / und weit unter ihren verdienst /zugeschrieben / sehr wohl gefiele. Aber[109] im hertzen dachte sie viel anders. Und in solchen gedanken begab sie sich nach hofe.

Mitlerweile verrichtete Josef seine geschäfte. Er trieb das gesinde zur arbeit: besichtigte den neuen Gartenbau: täht anordnung / wie die felder solten abgemässen / und eingeteilet werden. Zu dem ende nahm er die mässchnuhr selbsten zur hand. Recht in der mitte ordnete er einen runten Kreus an. Da lies er acht besondere felder / auch in die runte herüm / von gleicher grösse machen; fast eben auf die weise / wie der Egipter Glüksrad pflegt abgebildet zu sein. In iedes feldes mitte ward dasselbe bild / das alda im gemelten Glüks- oder Wahrsager-kreuse stehet / aus weissem marmel gehauen / auf einen steinern fuß gesetzt: aber in des gantzen Kreuses mitte das bild der feuchtigkeit / der Nielgötze Kanopus / in gestalt eines wassersprühenden dikbeuchichten Kruges / mit eines menschen angesichte obenauf. Zur rechten hand des Kreuses solte Momft / der Fluhtgötze / stehen: zur linken aber Omft / der Ebbegötze. Weiter hin ward Osiris / und Isis / ein iedes in ein besonderes feld / gestellet. Jener solte die Sonne / und diese die Erde abbilden. Voran solte Orus / das sinbild des fruchtbahren gewitters / und der wächter Anubis stehen. Noch andere dergleichen bilder warden / auf Potifars befehl / hier und dar in die gartenbette gesetzt. Unter denen war auch die so genente Zahara / oder Sahare: welche die Egipter als eine Göttin der Schönheit und Liebe ehreten. Ohne zweifel zieleten sie damit auf Abrahams Fraue / die wunderschöne Sara: darein sich ehmahls der Egiptische König Tautis verliebte. Alle diese bilder warden von den künstlichsten Bildhauern aus schneeweissem marmel auf das schönste gehauen. Josef ordnete sie alle / wie und wo sie stehen solten. Auch lies er hier und dar allerhand Lustbeume setzen. Nähmlich Zitronen- und Granaten-beume /Goldäpfel- und Balsam-beume / Sant- und Dattel-beume / als auch Mirten und schwartze Zimtbeume / derer blüßen einen lieblichen geruch von sich geben. Von den Dattelbeumen lies er zwee und zwee / nähmlich ein Weiblein und Mänlein / bei einander setzen / und beider zakken zusammenflechten: dan sonsten bringen sie keine frucht. Die Egiptische Feigenbeume / die Brustbeerenbeume / und dergleichen mehr warden längst den Lustgängen hin gepflantzet.

Mit dieser gartenarbeit lieffen etliche wochen hin. Josef wendete seinen müglichsten fleis an alles aufs beste zu bestellen; damit sein Herr lust und nutzen /er aber lob und ehre darvon hette. In solcher zeit war er gar wenig auf dem schlosse. Und wan er schon dahin kahm / seiner andern geschäfte wahr zu nehmen / hatte er seine gedanken doch meist im garten gelaßen. Also muste Sefira / in aller dieser zeit / seiner gegenwart missen. Also konte sie seines angenehmen gespräches sehr selten geniessen. Und ob er schon des nachts auf dem schlosse schlief: so durfte sie sich doch nicht mehr erkühnen vor sein bette zu kommen. Sie muste sich vor den Leibeignen fürchten / welche über seiner Kammer schlieffen. Das neuliche knarren der tühre hatte sie schüchtern gemacht. Sie fürchtete /man möchte sie beschleichen. Sie befahrete das gesinde in argwahn / und sich in verdacht und böse nachrede zu bringen. Bei so beschaffener sache wuste sie keinen raht ihre liebe zu vergnügen. Ihrem Ehherrn allein noch länger üm den mund zu gehen / war ihr alzu verdrieslich. Sie lies sich bedünken / daß sie ihn schon genug gewonnen. Sie urteilte / daß sie ihm das mistrauen / das er etwan aus ihrem ümgange mit dem Josef / hette schöpfen können / nun gantz benommen. Doch gleichwohl durfte sie die angefangene scheinliebe nicht sinken laßen. Gefährlich war es so plötzlich nach der rechten scheibe zu zielen / und der ersten den rükken zu kehren.[112]

In so seltzamen zustande befand sich diese verliebte Fürstin lange zeit / ja etliche jahre / ehe sie gelegenheit finden konte / oder nehmen durfte / dem Josef ihre liebe offenhertzig zu entdekken. Mitlerweile gelangete der neuangelegte Garten zu seiner volkommenheit. Potifar trug belieben ein gastmahl darinnen an zu stellen. Hierauf warden die fürnehmsten Herren des Reichs geladen. Diese fanden sich ein. Sie machten sich lustig. Sie waren guhter dinge. Potifar selbst war so fröhlich / als ihn Josef noch nie gesehen. Und mitten in dieser fröligkeit erzehlte er seinen Gästen /was ihm Josef gefrommet. Er priese seine geschikligkeit. Er lobte seinen verstand. Er erhub seine tugenden bis an den himmel. Ja / sagte er / ich habe meinen Josef so lieb / und darf mich auf ihn so wohl verlaßen / daß ich ihm mein gantzes haus anvertraue. Ich laße ihn mit dem meinigen walten und schalten / wie er wil. Ich bekümmere mich üm nichts. Ich esse nur /und trinke. Ich gehe sorgloß schlafen. Ich stehe sorgloß wieder auf. Er allein träget sorge vor uns alle. Und darüm wündsche ich nichts mehr / als daß ich ihm seine große treue wohl belohnen möchte. Were meine liebe Tochter und einige Erbin Assenat erwachsen; so solte er / mit ihr / alles des überschwänglichen seegens / den er mir zugebracht / geniessen. Er / und kein ander solte ihr vermählet werden. Er / und kein ander / solte ihrer liebe / vor die unvergleichliche treue / die er mir erweiset / geniessen.

Josef hörete von ferne alle diese worte. Er sahe das dankbahre gemüht seines Herrn: welches ihm als ein spohren war / in seinem fleisse fort zu fahren. War er vorhin fleissig gewesen / so ward er es itzund noch tausendmahl mehr. Alle seine sinnen und gedanken richtete er dahin / daß er nur seinem Herrn gefallen möchte. Er bemühete sich einig und allein seine gnade zu behalten. Ja er strebete darnach mit allen kräften /sie noch[113] immer zu vermehren. Fast kein tag ging vorbei / da er nicht was neues ersan / zu seines Herrn frommen. Und darzu kahm so ein reicher seegen vom Himmel / daß Potifars schätze wuchsen über allen reichtuhm der Egiptischen Fürsten.

Wie sehr nun Josef trachtete seines Herrn nutzen und wohlstand zu suchen; so wenig schien er sich üm seiner Fürstin innerliches leiden zu bekümmern. Ja ie mehr sie sich bei ihm zu zu tuhn begunte / ie fremder er ward. Je mehr ihre liebe sich näherte / ie abkehriger sie ihn verspührete. Alle ihre mit lauter liebe erfüllete blikke konten keinen einigen gegenblik erwerben. Und also kahmen diese stumme reden vor eines tauben und zugleich blinden tühre. Ob auch schon / nach den flammen dieser blikke / der feuerkwalm ihrer hertzensseufzer aus dem munde herfür brach; so konte doch diese hertzbrünstige gluht eben so wenig / als der blitz ihrer augen / sein hertz entzünden. Ja ob schon ihre seufzer mit einem hellen knalle loß schossen; so ging doch dieser knal zu einem ohre hinein /zum andern wieder heraus. Der weg nach Josefs hertzen zu war ihm verleget. Da hinunter vermochte kein seufzer zu dringen. Alle stürme waren vor dieser burg vergebens.

Weil nun diese stumme und undeutliche sprache nichts verfing; so entschlos sich Sefira ihr anliegen deutlicher heraus zu sprechen. Sie entschlos sich /endlich das hertz zu nehmen / mit ausdrüklichen worten den Josef an zu reden. Sie entschlos sich / frei heraus zu sagen / was ihr fehlete. Das wil ich tuhn /sagte sie. Ja das mus ich tuhn; weil ich ihn so einfältig im liebeshandel befinde / daß er nicht einmahl weis / was liebeszeichen seind. Man mus ihm / an stat der fruchtlosen zeichen / die liebe selbst in den mund geben. Hier sehe ich kein anderes mittel. Hier ist kein ander raht. Und nach dieser entschliessung wartete sie nur auf die[114] zeit / da Fürst Potifar etwan in des Königes geschäften verreisen müste. Alsdan gedachte sie ihr lange gewündschtes ziel gewislich zu erreichen. Mitlerweile ging sie / ihrer gewohnheit nach / etliche mahl in die badstube. Da saß sie so lange / bis sie durchwarm geworden. Hierauf bestrich sie ihr angesicht / samt dem brüsten und dem halse / mit trahne vom Balsambaume gantz dikke. Mit diesem anstriche blieb sie noch eine guhte stunde sitzen; damit die kraft des balsams durch die haut / sie rein und klahr zu machen / auch vor runtzeln zu bewahren / hindringen möchte. Ja sie kahm nicht eher aus der badstube /als bis der balsam gantz eingetruknet. Auch wusch sie ihn nicht eher ab / als nach drei tagen. Da überstrich sie erst die haut mit öhle von bittern mandeln. Darnach wusch sie sich sehr oft auf ieden tag mit bohnenwasser. Dieses schmünken wiederhohlete sie so oft /bis sie schön und hübsch genug zu sein vermeinte.

Als nun diese gemelte zeit herzugenahet / legte sie straks ihren besten schmuk an. Sie wusch ihr angesicht / samt den händen / mit vielerhand wohlrüchenden Wassern. Auch lies sie die tafel dekken / und allerhand eingemachte köstliche lekkerbislein / zusamt den edlesten getränken / aufsetzen. Nachdem sie sich vor dieser tafel niedergelaßen / befahl sie dem Josef an zu melden / daß er ihr aufwarten solte. Unterdessen schikte sie alle Kammermägdlein von sich. Eine iede muste an ihre gewöhnliche arbeit gehen. Josef gehorchte ihrem befehle zur stunde. Er traht zu ihr hinein / und ward überaus freundlich empfangen. Ihr tuht sehr wohl / sagte sie / daß ihr so bald kommet / mir die zeit zu verkürtzen. Und dieses sprach sie mit halbgebrochenen worten. Auch ward sie bald blas / bald roht; und schwieg hiermit eine guhte weile stil. Josef märkte hieraus zur stunde / wie hoch es an der zeit sei. Aber er stellete sich / als märkte er nichts.[115] Er ging an den schenktisch: nahm eine Egiptische Bohnenschahle in gold eingefasset / und schenkte sie vol melohnenwassers / mit zukker versüßet. Diese überreichte er der Fürstin mit tieffer ehrerbietigkeit.

Indessen hatte sich Sefira erhohlet. Ach! sprach sie / wie wohl wird mir dieser trunk schmäkken / den ich von meines liebsten Sohnes hand empfange! Josef neugte sich zur erde nieder / und sagte: wo solte mir dieses glük herkommen / daß ich armer Leibeigner einer so fürtreflichen Fürstin Sohn sein solte? Was Leibeigner? fing sie ihm das wort auf. Ich habe euch nie vor einen Leibeigenen erkant: aber wohl mich schon längst vor die eurige. Und das bin ich auch noch in der taht. Wan ich nun euch meinen Sohn nenne / so tuhe ich noch zu wenig. Ich achte euch mehr als meinen Sohn. Josef beantwortete diese reden allein mit stilschweigen / und neugte sich abermahl. Sefira fuhr weiter fort. Ich sehe / daß ihr noch gantz einfältig in der liebe seid. Ich spühre / daß ihr meine liebesblikke / ja selbst man ich sie schon mit hertzlichen seufzern beseele / nicht verstehet. Schon etliche jahre her habe ich euch diese liebeszeichen genug blikken laßen. Aber ich habe gantz keine würkung von ihnen in eurer seelen gespühret. Darüm mus ich von den zeichen zu den worten und werken selst kommen. Ich mus euch versichern / daß ich / eine Fürstin /die über euch gebieten solte / mich euch zu eigen gegeben. Ja ich mus euch auflöhen / und flöhe euch itzund an / mit meinen schmertzen / die ihr selbsten in meinem hertzen erreget / ein mitleiden zu haben. Von euch bitte ich ihre linderung / und hoffe sie zu erbitten. Und hiermit lieffen ihr die trähnen mildiglich über die wangen. Hiermit erseufzete sie so sehr / daß sie kein wort mehr machen konte.

Josef stund hierüber bestürtzt. Er wuste zu erst nicht was er tuhn solte. Und also befanden sie sich alle beide[116] eine guhte zeit als erstummet. Endlich brach er aus in diese worte. Es tuht mir im hertzen weh / daß meine gnädige Frau so gar böse gedanken von ihrem getreuesten diener zu haben sich verlauten lesset. Ich vermeinte / daß ich Ihr / und meinem Fürsten / denen ich nun etliche jahr her so redlich gedienet / meine treue genug bezeuget hette. Aber nun sehe ich / daß man an solcher meiner treue zweifelt. Nun märke ich / daß man sie / auf eine so gar gefährliche weise / zu bewähren vorhat. Ich kan hieraus anders nicht schliessen / alß daß sie mich bei meinem Herrn schwartz zu machen gesonnen. Aber ach! womit habe ich doch dieses / daß sie meine treue so verfolget /verdienet? Wie ist mir dan meine gnädigste Fürstin zu einer so erschröklichen feindin worden? Was habe ich ihr dan zu leide getahn? Worinnen habe ich mich verbrochen? Kan ich mit meinem bluhte solches verbrechen aussühnen; so wil ichs williglich hingeben.

Die Fürstin hatte keines weges vermuhtet / daß Josef den sin ihrer reden so gar verdrehen würde. Ehe hette sie sich des einfals der himlischen feste / als dieser antwort / versehen. Ach! mein Josef / fing sie an /woher solte mir das kommen / daß ich euch zu versuchen trachtete? Habt ihr dan nicht gesehen / wie gnädig ich euch allezeit gewesen / und wie hertzlich guht ichs mit euch gemeinet? Ihr wisset sehr wohl / daß ich euch nur darüm vor so eine große anzahl geldes erkauft / daß ihr bei uns in ehren leben soltet? Auch ist euch nicht unbewust / daß ich meinen Herrn bewogen / euch nicht als einen Leibeignen / sondern als einen Hofmeister / ja gar als einen Sohn zu halten. Und hierzu solt ihr noch dieses wissen / daß ich meinem Herrn bloß üm eurentwillen / bisher solche ungemeine liebe bewiesen. Darüm laßet ja diesen argwahn in eurem hertzen sich nicht bewurtzeln. Gleubet hingegen gewis / daß ich euch treulich liebe. Ja gleubet sicherlich / daß diese meine reden aus[117] keinem falschen hertzen / euch etwan hinterlistig zu bewähren / entsprossen. Ich habe sie darüm so offenhertzig ausgelaßen / damit ich euch zu einiger gegenliebe bewegen möchte. Und hiermit ströhmeten die trähnen wiederüm über ihr gantzes angesicht hin.

Josef fing abermahl an zu klagen. Ach! sagte er /wie mag doch meine gnädige Fürstin so höhnisch mit mir spotten? Meinet sie dan / daß meine einfalt so tum sei / ihr ein zu bilden / daß sie mich liebet? Meinet sie / ich werde gleuben / daß es ihr ernst sei / mich zur gegenliebe zu bewegen? Ach nein! ach nein! Ich sehe sie so from / so treu / und ehrlich an / daß ich sünde tähte / wan ich ihre schertzworte so verkehrt ausdeutete. Und wan sie auch schon dasselbe / was ich vor schertz aufnehme / mit gantzem ernste meinete; so werde ich doch nimmermehr die gedanken bekommen zu gleuben / daß es wahr sei. Gott wird mich darvor bewahren. Ja viel weniger werde ich dahin verfallen / die treue / die ich meinem Herrn zu leisten schuldig / auf einigerlei weise zu kränken.

Bei diesen letzten worten / lies sich die Fürstin bedünken / daß sich iemand vor der tühre bewegte. Darüm hies sie den Josef eilend / durch ihr schlafzimmer / seinen abtrit nehmen. Auch hatten sie ihre gedanken nicht betrogen. Die Königliche Fürstin war eben darvor angelanget sie zu besuchen / als sie dem Josef ihre liebe zu verstehen gegeben. Die tühre hatte sie offen / und nicht mehr als das prunktuch darvor hängen gefunden. Daher waren ihr alle worte / so wohl der Fürstin / als des Josefs / zu ohren gekommen. Sefira saß noch eine weile stil. Aber als sie sahe / daß sich auch das prunktuch bewegete / ging sie darnachzu. Eben kahm Nitokris hinein geträhten. Auf diesen so unvermuhteten anblik erschrak die Fürstin. Und Nitokris fragte sie alsobald: warüm sie so erschrokken aussehe? auch wo der schöne Leibeigene geblieben? So hat sie dan / fing [118] Sefira hierauf an /unsere reden gehöhret? Ja freilch / antwortete Nitokris. Aber was gedenkt die Frau Muhme / daß sie ihres liebsten Diener mit so unziemlicher liebe begegnet? der doch so ehrlich ist / daß er sie / wie ich verstanden / so bescheidentlich ab zu leinen gedenket. Wie komt sie doch zu solcher tohrheit / daraus ihr /und unserm geschlechte anders nichts / als ein schändliches brandmärk / zugefüget wird. Sie sehe wohl zu / was sie tuht. Und gewislich! ich wil sie nimmermehr vor meine Muhme halten / so fern sie mir nicht angelobet von solcher töhrichten liebe ab zu stehen.

Sefira beantwortete diese reden anders nicht / als mit weinen und seuftzen. Ja sie weinete so bitterlich /daß Nitokris / aus hertzlichem mitleiden / sie tröstete. Ach! sprach sie / liebste Frau Muhme / ich komme nicht zu euch / euer hertz zu verunruhigen. Habet nur guhten muht. Handelt vernünftig. Laßet die Tugend euer ziel sein. Es wird sich alles wohl schikken. Hierauf fiel sie auf ein anderes lustigers gespräche. Aber Sefira saß allezeit betrübt. Keine lust / noch freude konte bei ihr verfangen. Endlich baht sie die Königliche Fürstin / niemand zu sagen / was sie gehöhret. Daran darf sie nicht zweifeln / antwortete Nitokris. Sie ist meine Muhme. Ihre ehre ist meine ehre: und ihre schande meine schande. Alles / was ihr zust ößet / geht mich mit an. Ich würde teil haben an ihrer unehre / imfal dieses auskähme. Darüm werde ich wohl so klug sein zu schweigen. Und hiermit nahm sie ihren abschied.

So bald die Königliche Fürstin weg war / fing Sefira jämmerlich an zu klagen. Ach! sagte sie / ach! ich elende! ich trostlose! bin ich nun so unglüklich / daß Nitokris meine liebe wissen mus? O grimmiges verhängnis! O unglükseelige Liebe / die ich häge! O Josef! Josef! in was vor einen jammer versetzet mich deine schönheit? Ich bitte dich / und du bist nicht zu erbitten.[119] Ich flöhe dich an / und du erhörest mich nicht. Ich falle dir zu fuße / und du richtest mich nicht auf. Du lessest mich liegen in schmaach und verachtung. Ist es wohl müglich / daß in einem so schönen leibe so ein grausames hertze verborgen? Ist es wohl müglich / daß mir derselbe / dessen leben und tod in meiner gewalt stehet / mir seine liebe verweigern darf? Vielleicht kützelstu dich noch darmit / daß du deine Gebieterin höhnest? Vielleicht ist es deine lust /daß du mit mir spottest? O unmenschlicher Wühterich! o grausamer Hänker! Doch was sage ich! was klage ich über dich? Du hast keine schuld. Du bist so unmenschlich / so grimmig / so erschröklich nicht. Der argwahn / der zwischen mir und dir einstehet /verhindert unserer beider vergnügung. Dieser giebet dir solche seltzame gedanken ein. Dieser macht dich furchtsam und schüchtern. Doch ich verhoffe noch dis übel aus dem wege geschaft zu sehen.

Unterdessen hatte die Königliche Fürstin den guhten Josef beklagt. Nun hatte sie selbsten erfahren /wie sich ihre und der Assenat Treume zu erfüllen angefangen. Sie wündschte wohl tausendmahl / daß der ausgang schon vor handen. Sie hatte vor diesem den Josef / seiner unvergleichlichen schönheit und geschikligkeit wegen / geliebet. Nun liebte sie ihn /wegen seiner tugend / noch viel mehr. Diese war ihr /aus seinen reden zur Sefira / auch so unvergleichlich vorgekommen / daß sie sich darüber nicht genug verwundern konte. Ja sie konte kaum gleuben / daß er /als ein Leibeigner / durch seiner Gebieterin so seltene schönheit / und so gar freundliches ansuchen / zur gegenliebe nicht zu bewegen gewesen. Gleichwohl war es gewis. Ihr eigenes ohr konte solches bezeugen. Und darüm hielt sie den Josef in allem so volkommen /daß sie zweifelte / ob in der gantzen welt seines gleichen zu finden. Sie erhub ihn über alle sterblichen: und schätzte die Assenat mehr als glüklich; weil[120] so ein köstlicher schatz ihr dermahleins solte zu eigen werden.

Eine zeit darnach fing Sefira ihr altes Lied wieder an. Sie bestürmte das keusche hertz Josefs aufs neue. Sie gab ihm ihr begehren noch deutlicher zu verstehen. Ach! sagte sie / ist dan euer hertz so gar hart und unbeweglich / daß es mit meinen schmertzen kein einiges mitleiden haben kan? Ist es dan lauter demant? Ist es dan lauter stahl? Oder ist es von der ahrt der grimmigen tiere? Einen demant kan man mit boksbluhte / wie man saget / bearbeiten. Das stahl wird durch das feuer schmeidig: und das wildeste und grimmigste tier mit guhten worten gezähmet. Aber bei euch verfangen keine worte / wie guht und freundlich sie seind. Das feuer der liebe / wie heftig es flakkert /kan euch nicht entzünden. Meine trähnen / wie heuffig sie fliessen / können euch nicht erweichen. Meine seuftzer / wie jämmerlich sie ächtzen / können euch nicht bewegen. Ich elende! ich trübseelige! was sol ich beginnen?

Hierauf stund sie eine weile / als entzükt. Sie sprach kein wort. Sie bewegte sich auch nicht. Endlich fing sie plötzlich wieder an. Neulich klagtet ihr über mich / als wan ich euch versuchen wolte / als wan ich euch in meines Herrn ungnade zu bringen trachtete. Aber es waren nur nichtige ausflüchte. Ach! liebster Josef / ich versichere euch / ja ich schwöre euch bei den höchsten Göttern / daß ich euch wahrhaftig liebe / daß ich euch hertzlich meine. Eure schönheit / eure tugend liebe ich über alles / was in der welt ist. Diese seind es / die mir meine schmertzen verursachen / ach! die aller erschröklichsten schmertzen! die allerunerträglichsten schmertzen! Und darüm bitte ich / ja ich flöhe euch an / mir / durch einige gegenliebe / lindrung zu schaffen. Sonst mus ich sterben. Ich sehe sonst keine andere auskunft / wo ich eurer liebe nicht geniesse. Und hiermit sank sie in ohnmacht zur erde nieder.

[121] Josef erschrak über diesen plötzlichen zufal. Er hette gern das gesinde gerufen. Aber er durfte nicht. Auch konte er nicht; so sehr hämmete der schrik seine zunge. Darüm hub er die Fürstin allein auf / und setzte sie gemächlich in einen ruhestuhl nieder. Da kahm sie über eine weile wieder zu sich selbst. Und als sie den Josef erblikte / der ihr mit der hand ein stärkwasser im schnupftuche vor die nasenlöcher hielt; da sprach sie mit schwächlicher und böbender stimme: Ist noch so viel liebe / und so viel mitleidens bei euch? Aber ach! warüm sucht ihr mir das leben wieder zu bringen / das schon verflogen war? Wisset ihr nicht / daß ihr zugleich meine schmertzen wiederbringet / die mit dem leben verschwunden? Mir war wohl: warüm liesset ihr mich nicht also bleiben? Ihr suchet mich doch nur aufs neue zu peinigen. Ihr erneuert doch nur meine angst / an stat daß ihr sie lindern soltet: welches anders nicht / als durch eine hertzliche gegenliebe / geschehen mag. Aber darzu kan ich euch nicht bewegen. Und es scheinet / als wan eure grausamkeit und meine liebe üm die wette streiten / zu sehen / welche die andere vertilgen kan.

Auf diese worte fing endlich Josef auch an. Wie schöpfet doch meine gnädige Frau von mir so gar böse gedanken? Leiste ich ihr dan nicht allen möglichsten gehohrsam? Bin ich ihr nicht zugetahn mit euserster treue? Erweise ich ihr dan nicht alle untertähnigste liebe? Ja ich versichere sie / daß ich sie über alles liebe / selbst so weit / als mir immermehr geziemet. Weiter kan sich diese liebe nicht erstrekken. Die treue / die ich ihren Ehliebsten bezeugen mus / lesset ein mehres nicht zu. Ein mehres kan und wird sie auch selbsten nicht suchen. Ich wil mehr sagen. Ein kind kan seine Mutter / unter derer hertzen es gelegen / höher nicht lieben / als ich sie liebe. Ja diese liebe steiget so hoch / daß ich auch mein leben vor sie laßen wolte. Mein bluht wolte ich vor sie vergiessen.[122] Was wil sie dan mehr von mir haben? Warum schreibet sie mir dan eine solche grausamkeit zu? Warüm bildet sie ihr ein / daß ich sie / indem ich ihr leben zu laben gedenke / nur zu peinigen gesonnen? daß ich sie nur darüm erhalten wolte / damit ich ihre schmertzen erhielte? Ach! ich bitte / sie entschlage sich solches argwahns. Sie schöpfe von mir andere gedanken. Sie befriedige sich selbst. Sie stille ihr unruhiges hertz.

Ach! fing ihm Sefira das wort auf / wie sol ich mein hertz stillen? Womit sol ichs befriedigen / wan ihr es noch immer mehr und mehr verunruhiget? Ich selbst kan es nicht tuhn. Es stehet allein in eurer macht. Wan ihr nur meinen willen volbringt / so ist mir geholfen. Tuht ihr das; so solt ihr über mich und alles das meinige herschen. Scheuet ihr etwan meinen Ehherrn? Befahret ihr euch / daß ihr dadurch bei ihm in verdacht kommen werdet? Ach! ich versichere euch / daß er weder von mir / noch von euch etwas böses gedenken kan. Und wan ihm von uns schon etwas zu ohren kähme; so wird er es doch nicht gleuben. Ich habe diesen dingen schon vorgebauet. Ich kenne alle seine gedanken. Ja ich weis sein hertz.

Josef suchte sie mit gelindigkeit auf einen andern weg zu bringen. Er ermahnte sie von ihrem bösen vornehmen abzustehen. Er erinnerte sie ihrer pflicht und ihrer treue / die sie ihrem Ehliebsten geschwohren. Er baht / sie möchte behertzigen / in was vor erschrökliche sünde sie beide sich stürtzten / im fal er ihren begierden gehorchete. Er mahlte ihr die strafe des Allerhöchsten / die darauf erfolgen würde / aufs greulichste vor. Er bildete ihr das böse gewissen / das sie hernach fort und fort nagen würde / zum allerabscheulichsten ab. Ja er machte ihr die hölle so heis / daß sie anfing bitterlich zu weinen. Und also schien sie sich zur reue zu lenken. Also schien sie leidwesen zu haben über ihre sündige gedanken. Hierüber[123] über war Josef sehr erfreuet. Und als sie von ihm geschieden / rief er inbrünstig zu Gott / daß er sie bei dieser reue erhalten möchte. Auch lies sie ihn eine zeit lang zu frieden. Eine guhte weile währete diese stille. Aber endlich begunte der sturm viel heftiger / als zuvor. Uhrplötzlich erhub sich ein erschrökliches unwetter. Unversehens kahmen lauter donner / und lauter blitze auf den unglükseeligen Josef zugeschossen.

Weil nun Sefira sahe / daß ihr die guhten worte nichts geholfen; so entschlos sie sich mit der schärfe zu verfahren. Und in solcher entschliessung entboht sie den Josef. Ihr Herr war eben mit den Könige ausgeritten. Ihrem Frauenzimmer hatte sie erleubet sich im garten zu erlustigen. Und also befand sie sich in ihrem zimmer gantz allein. Josef märkte / straks im ersten eintritte / was die glokke geschlagen. Er sahe es ihr an den augen an / daß zorn und liebe in ihrem hertzen stritten. Er fragte / mit tiefster ehrerbietigkeit: was sie ihm zu befehlen hette? Ich befehle dir / antwortete sie mit harter stimme / daß du mich hinfort /als deine Gebieterin / ehrest. Ich gebiete dir meinen worten gehorsam zu sein. Ja ich wil / daß mein wille geschehe. Diese worte klungen dem Josef / als ein donner / in seine ohren. Lieber hette er gewündscht /daß man ihn in der Wolfskuhle verhungern laßen / als daß er alhier von dieser Fraue / die seiner keuscheit das verderben dreuete / so heftig solte bestürmet werden. Was bildestu dir ein / fuhr sie fort / daß du dich wider deine Fraue so sperrest / ja ihr so gar schimpflich begegnest? Weistu nicht / daß dein leben und tod in meiner macht stehet? Wan ich nur winke / bistu ein todter mensch.

Josef wuste nicht / ob er schweigen / oder antworten solte. Er sahe zween gegeneinander streitende feinde vor seinen augen. Diese waren Zorn und Liebe: welche ihm alle beide den untergang dreueten; jener des lebens / und diese der keuschheit. Davon muste er eines[124] wehlen. Wolte er leben / so muste er lieben. Wolte er dem Zorne entfliehen / so muste er der Liebe sich unterwerfen. Wolte er aber der Liebe entrinnen /so muste er / auf gnade und ungnade / dem Zorne / ja dem tode selbst sich ergeben. Er wehlete dan lieber das letzte. Er wolte lieber hundertmahl den tod leiden / als einmahl in unkeusche liebe bewilligen. Ja er wolte lieber seine Keuschheit / als sein Leben / erhalten. Und darüm versuchte er noch einmahl mit glimpfe sich aus diesem liebesgarne zu wüklen. Ich weis nicht / sagte er / ob es meiner gnädigen Frauen ernst ist / mich mit so harten worten zu erschrökken; oder ob sie nur ihre kurtzweile mit ihrem Diener zu haben gesonnen. Zudem kan ich nicht verstehen / was sie meinet / und was vor einen gehohrsam sie von mir erfordert.

Seht! seht! rief Sefira überlaut / wie er sich so albern stellet. Habe ichs dir nicht deutlich genug gesagt? Mein wille ist / daß du mich liebest. Mein befehl ist / daß du diesen willen erfüllest. Mein gebot ist / daß du meine so hertzliche liebe / die deine Tugend in mir entzündet / mit gleicher gegenliebe vergeltest.

Weil es dan nun meine Tugend ist / fing ihr Josef das wort auf / warüm Sie mich liebet. Ei wohlan! so bitte ich untertähnig / daß sie mich nicht veranlaße /solche zu verlieren. Dieser verlust würde ja anders nichts tuhn / als mich ihrer liebe unwürdig machen. Sie würde / ja müste alsdan aufhören mich zu lieben. An stat der liebe würde mich ihr has verfolgen. Sie würde meine feindin werden. Ja sie würde denselben /der das ziel ihrer liebe / die Tugend / verschertzet /weder sehen / noch hören wollen. Was were ihr dan mit solchem meinem zweifachen verluste gedienet?

Sefira / die sich also selbst ins netze gebracht /konte nicht weiter fort. Sie schwieg stokstille. Sie fand hierauf keine antwort. Aller vorteil war ihr abgeschnitten.[125] Und dieses schmertzte sie dermaßen / daß sie abermahl in ohnmacht fiel. Die augen warden star. Der mund erblassete. Ja das gantze angesicht war als mit einer todtenfarbe bestrichen. Josef rief von stunden an ihre Stahtsjungfrauen. Diese kahmen eilend herzu gelauffen. Sie schnühreten die Fürstin auf /damit sie luft bekähme. Und als sie ein wenig wieder zu sich selbst gekommen / begehrte sie nach bette. Alhier war es / da sie auf allerhand listgriffe bedacht war / den Josef zu überlistigen. Alhier suchte sie allerhand schlingen und strükke hervor / ihn zu überschnällen.

Nachdem nun Sefira weder mit liebes- noch dreuworten etwas ausrichten können; so versuchte sie ihr heil noch auf eine andere weise. Sie stellete sich /als wan sie im Worte Gottes unterrichtet zu werden begehrte. Und darüm priese sie zuerst Josefs Tugend und Gottesfurcht aufs höchste. Sie rühmete sein edles gemühte: welches von allen lastern so weit entfernet /als die sonne von der erde. Ihr habet getahn / sagte sie zu ihm / was die Tugend gebietet; indem ihr mich meiner ehpflicht erinnert. Ihr habet gebähten / was euch eure Gottesfurcht befohlen; indem ihr bahtet euch bei eurer tugend zu laßen. Mit diesen und dergleichen reden machte sie gleichsam ein vorspiel. Darnach kahm sie zur sache selbst. Wie sol ich aber /fuhr sie fort / unterdessen meine schmertzen stillen? Wer wird meine liebe vergnügen? Darüm ach! liebster Josef / weil ihr mich so sehr verwundet / so tödtet mich doch nicht gar. Es würde fürwahr keine tugend sein / eine schwache Fraue zu tödten. Imfal ihr meinen willen tuht / so wil ich meine Götzen verlaßen. Ich wil eurem Gotte dienen. Ja ich wil darzu auch meinen Ehherrn selbsten bereden. Und also wollen wir nach dem Gesetze eures Gottes leben.

Josef aber gab ihr zur antwort: daß dieselben / die[126] in unkeuschheit lebeten / Gott nicht dienen könten. Gott sei ein reines Wesen / und wolte mit reiner seele geehret sein. Er hette kein gefallen an denen / die sich mit Ehbruche beflekten. Darüm / wan Sefira seinem Gotte dienen wolte / müste sie ihr Ehbette rein und unbeflekt bewahren. Wolte sie nach dem Gesetze seines Gottes leben / so müste sie sich aller ehbrecherischen liebe gantz entschlagen. Diese worte gefielen ihr auch nicht. Sie trieben ihr gemüht auf seltzame gedanken. Ja sie verursachten sie zu einer sehr fremden entschlüßung.

Wohlan dan / sagte sie / weil uns meine Ehpflicht im wege stehet; so wil ich gelegenheit suchen / mich von derselben loß zu machen. Wolt oder dürft ihr keinen Ehbruch begehen; so wil ich auf mittel bedacht sein / meinen Ehherrn aus dem wege zu reumen. Solches kan heimlich geschehen. Kein schlag / kein stoß sol es verrichten. Ich wil keinen öffendlichen mord begehen. Ich wil ihm keine wunde zufügen: welche man sehen könte; welche die taht verriete. Nein /nein! ich wil behuhtsam handeln. Fürsichtig wil ich verfahren. Niemand sol es märken. Ein einiger gifttrank kan alles verrichten. So bleiben wir ausser verdacht. Und alsdan wil ich euch zur ehe nehmen. Alsdan solt ihr mein Ehgemahl sein. Alsdan können wir /ohne Ehbruch / unsere liebe vergnügen.

Auf diese reden zerris Josef sein kleid. Er stund gantz bestürtzt. Ein iedes wort schien ihm schon eine mordpfrieme zu sein. Ach! sprach er / Sie schäme sich doch vor Gott und den heiligen Engeln / solche verzweifelte worte zu reden. Sie verzweifele doch nicht so gar. Sie ergebe sich doch dem bösen nicht so gantz. Sie fürchte den HERrn. Sie bändige die unbändigkeit ihrer begierden: und begehe solch- eine böse taht nicht. Fürwahr! imfal Sie von diesem vorsatze nicht abstehet;[127] so wil ich ihre boßheit offenbahren. Ich mus es tuhn. Mein gewissen dringet und zwinget mich darzu. Und also muste sich Sefira vor dem Josef fürchten. Sie durfte ihm in langer zeit nichts mehr von ihrer liebe sagen. Ach! sprach sie bei sich selbst / hat mich dan Josefs schönheit verwunden müssen / daß seine grausamkeit mich tödtete? Hat ihn dan der Himmel darüm mit so fürtreflichen Tugenden gezieret / damit man seiner Schönheit nicht geniessen könte? Worzu dienet ein schöner Apfel / der zu essen verbohten? Zu nichts anders / als daß er den mund wässericht / die zunge lüstern / und das hertz vol schmertzen machet. Ach weh mir! daß ich so unglüklich gewesen den Josef zu sehen. Ach ich armseelige! wer wird mich noch aus dieser angst erlösen? Ach ich armseelige! wer wird sich über mich erbarmen?

Weil nun Sefira sich ihrer liebe gegen den Josef nicht kühnlich mehr durfte verlauten laßen; so suchte sie ihn gleichwohl auf eine andere weise zu gewinnen. Sie schikte ihm allerlei geschenke. Alles / was köstlich und schön war / muste Josef haben. Auch sandte sie ihm die lieblichsten speisen. Aber ein Engel warnete ihn / darvon nicht zu essen. Dieser reichte ihm ein messer in einer schüssel zu. Daraus verstund Josef / daß man seiner seelen heimlich nachstellete. Und darüm aß er nichts von ihrer speise. Er trunk nichts von ihrem tranke. Dan beide waren mit Taturensaamen / ihn verliebt zu machen / vermischt.

Sefira ward es endlich gewahr / daß er von ihrer speise nichts genossen. Darüm setzte sie ihn deswegen zur rede. Josef antwortete: sie war mit dem tode erfüllet. Gott hat es mir / durch seinen Engel / geoffenbahret. Und ich habe sie / zur überzeugung ihrer boßheit / aufgehoben. Ich habe sie bewahret; damit Sie / durch dieselbe / zur reue bewogen würde. Nun sol sie[128] sehen / daß demjenigen / der mit keuschem und reinem hertzen Gott dienet / die arglistigkeit der boßhaftigen kein übels zu zu fügen vermag. Und hiermit nahm er die speise / und aß sie in ihrer gegenwart. Der Gott meiner Väter / sagte er / wird mich bewahren. Abrahams Engel wird mich beschirmen.

Als sie solches sahe / fiel sie auf ihr angesicht zur erde nieder. Sie weinete bitterlich: und sagte dem Josef zu / daß sie solches nicht mehr tuhn solte. Aber ihr hertz brante gleichwohl immerfort. Die unliebe lies ihr keine ruhe. Sie weinte / sie seuftzete tag und nacht. Sie aß / noch trank nichts. Dieses alles machte sie so ungestalt / daß ihr Ehherr sie fragte: warüm sie so kläglich aussehe? warüm sie das heupt so hängen liesse? Ach! gab sie zur antwort / mein hertz tuht mir weh. Ich bin so mat / daß ich kaum ahtemen kan. Potifar trug ein hertzliches mitleiden mit ihr. Er trug sorge vor sie; wiewohl sie nicht krank war.

Nicht lange darnach erhub sich abermahl ein sturm. Sefira kahm / im abwesen ihres Ehliebsten / zum Josef. Ach! sagte sie / ich verschmachte vor wehleiden; oder ich mus sterben. Ich wil mir selbst der angst abhelfen. Ich kan / noch mag sie nicht länger vertragen. Ich mus mich ertränken. Oder ich wil vom schlosse herunter springen / den hals zu brechen; wo ihr meine begierden nicht volbringet. Josef sahe wohl / daß sie der Höllische geist besaß; daß ein Geist des abgrundes sie in die euserste verzweifelung gestürtzt. Darüm rief er ihrentwegen zu Gott. Darüm trachtete er ihr diesen mismuht zu benehmen. Ach! sagte er /warüm ist sie doch so gar entstellet? Warüm gebährdet sie sich so sehr übel? Wie lest sie die sünde so gewaltig über sich herschen? Wie lest sie ihren bösen begierden den zügel so gar lang? Welcher böser Engel gibt ihr diese gedanken ein / ihr selbst das leben zu nehmen? Sie gedenke doch / wan Sie[129] dieses volbrächte / wie Sechon / ihres Liebsten Beischläferin / ihr gedächtnüs vom erdbodem vertilgen würde.

Aus diesen reden begunte Sefira einigen trost zu schöpfen. Nuhn sehe ich / sagte sie / daß Josef die Sefira aus seinem hertzen nicht gantz verwiesen. Nun märke ich / Daß ich noch in euren gedanken schwebe. Nun spühre ich / daß ihr meiner nicht so gar vergessen. Nun habe ich guhte hofnung / daß ich endlich meinen willen werde erfüllet sehen. Josef aber meinte es viel anders. Sein gantzer vorsatz war sie von einem so bösen vornehmen gantz ab zu lenken. Er trachtete nach nichts anders / als ihre kranke vernunft zu heilen. Und darüm seuftzete er denselben gantzen tag und die folgende gantze nacht zu seinem Gotte. Er baht / mit weinenden augen / daß doch endlich einmahl diese Egiptische Fraue von ihrer blinden sucht möchte erlöset werden.

Nicht lange darnach beging man eines der höchsten Egiptischen Feste. Man feierte das gedächtnüs der Abgöttin Isis: welche / nach ihren gewähnten götlichen vielen verrichtungen und eigenschaften / so vielerlei zunahmen führete. Die Priester lieffen / in lang-weissen leinen rökken / auf den gassen herüm. Sie beweineten den ermordeten Osiris. Sie heuleten / sie klagten / sie schrien sehr jämmerlich. Sie schlugen vor die brust. Sie hieben und peitschten sich wund. Etliche trugen des hundeköpfichten Anubis götzenbild auf dem heupte; und in der rechten hand einen Fiechtenzweig; in der linken aber einen Seewermuhtstrauch. Andere schlugen die Pauken / bliesen in die Krumphörner / spieleten mit dem heiligen helklingendem Schällenbügel / und auf andern bei ihnen gewöhnlichen Spielzeugen. Nach volendeten feiergeprängen vermumten und verkleideten sich die Priester / auf mancherlei weise / wie die Fastnachtsspieler. Etliche gingen gekleidet als die Jägerandere wie die Waldgötzen; wieder andere gleich den Alsgöttinnen der Freien künste / und so fort. Etliche trugen der Isis götzenbild / andere den schwartzweissen Götzenochsen / des Osiris sinbild / noch andere des Orus / wieder andere des Apis / und des Harpokrates abgöttische bilder herüm. Hierauf kahmen allerhand Sänger und Seitenspieler / mit den heiligen Schällenspielen / trummeln / pfeiffen und andern Klingspielen. Zu allerletzt trug einer die Weltkugel in der hand / mit wunderseltzamen gebährden. Diesem Priesterlichen aufzuge folgete der gemeine man schwarmsweise durcheinander. Etliche trugen Kannen / Fruchthörner / Spiegel / Kämme / Leuchten / Lampen / und dergleichen zeug: andere Eppichtrauben /und allerhand Kräntze.

Weil nun Potifar diesen heiligen festgeprängen mit beiwohnen muste / so nahm Sefira der gelegenheit wahr. Sie lies ihr zimmer / ihr bette / ja ihren leib /gleichsam als hette sie es dem hohen festtage zu ehren getahn / aufs lieblichste und zierlichste schmükken. Der bodem / die tafeln / und bänke waren mit allerhand wohlriechenden wassern bespränget; auch mit Rosenblättern / mit blüßen von Goldäpfel- Zitronen-schwartzen Zimmet- und Tatur-beumen / und andern lichriechenden bluhmen / als auch kreutern bestreuet: welches nicht allein mit einem anmuhtigen geruche die luft erfüllete / sondern auch mit einer sonderlichen lust die augen ergetzte. Die vorhänge des bettes waren von weisser seide / mit güldenen bluhmen durchwürkt / und voran mit rosenfärbigen bändern recht zierlich aufgebunden. In diesem so köstlichen bette lag Sefira / als eine zweite Alsgöttin der Schönheit und Liebe. Ihr gantzer leib / den sie mit wohlriechenden wassern gewaschen / und mit köstlichen salben / auch Ossarmilche / alle flekker zu vertreiben / bestrichen / war gantz nakkend.[132] Nur hatte sie eine rosenrohte seidene dekke bis an die brust darüber gedekt. Und diese war so zahrt und so dünne / daß ihre schneeweisse liljenhaut gantz eigendlich durchhin blinkte. Um die ärme trug sie nach oben zu zwo köstliche mit demanten versetzte güldene spangen: aber unten nach den händen zu sehr kostbare Perlenschnüre. Dergleichen Perlenschnuhr hing auch üm den hals / bis auf das milchmeer der schloßweissen brüste: welche sich im ahtemhohlen / wällenweise erhuben / und mit diesen seemuscheltöchtern gleichsam spieleten. Mitten über das heupt war auch eine solche Perlenschnur geschlagen: und vor derselben nach der stirne zu ein köstliches prunkstükke von demanten / in gold eingefasset /zu sehen. An beiden ohren hingen zwo sehr große Perlen.

Als nun alles solcher gestalt auf das herlichste und wohllüstigste ausgeschmükket war / und diese wohllüstige Fürstin in solchem lieblichen schmukke zu bette lag; dadurch sie auch in stählernes hertz zur liebe bewegen können: da lies sie den Josef zu sich rufen: da vermeinete sie ihn / durch alle diese wohllüstige augenweide / in ihr liebes garn / oder auf ihren liebeskloben zu lokken: da gedachte sie das beste lok-aß / und die rechte beitze gefunden zu haben / ihn endlich einmahl zu berükken. Josef gehorchte zwar ihrem befehle: aber mit großem unwillen. Dan er wuste wohl / was er vor einen tantz würde tantzen müssen. Er wuste wohl / was er für einen harten streit würde angehen můssen: davor ihm albereit grausete /ja der angstschweis fast ausbrach. Darüm / eh er hinein traht / rief er zuvor seinen Gott hertz / inbrünstig an / ihn dermaßen zu stärken / daß er seinen feind tapfer bekämpfen / und heldenmühtig überwinden möchte. Und hierauf begab er sich in das Fürstliche zimmer. Er näherte sich / wiewohl mit niedergeschlagenen schaamhaftigen blikken / dem Fürstlichen bette. Er[133] neugte sich / seiner gewohnheit nach / auf das allerdemühtigste; und fragte / was der Fürstin ihm zu befehlen beliebte?

Sefira stellete sich erstlich an / als were sie noch sehr unbas. Darüm gab sie ihm auch zur antwort: daß sie vermeinet hette was auf zu stehen / und sich auf den saal zu begeben den heiligen Festgeprängen zu zu sehen: darzu sie seiner hülfe benöhtiget. Aber sie märkte nun / daß es ihre schwachheit noch nicht zulaßen wolte. Doch könte er ihr gleichwohl ein weilichen geselschaft halten. Vielleicht möchte sie sich bald etwas stärker befinden. Hiermit wiese sie nach dem stuhle zu / der vor dem bette / recht gegen ihrem angesichte über / stund / an zu zeigen / daß er sich setzen solte. Und solches täht sie nur darüm / damit sie ihn /und er sie / recht in die augen bekähme.

Josef hatte eben / weil man der Isis fest feierte /den Egiptern zu gefallen / sein köstlichstes kleid anlegen müssen. Dieses gab nicht allein seiner schönheit einen helleren glantz; sondern auch der Sefira liebesgluht eine grössere kraft. Und darüm blikte sie ihn üm so viel öfter und verzükter an; wiewohl sie ihren anschlag / ihn nicht straks schüchtern zu machen / eine lange weile verbarg. Seine blikke solten sich zuvor mit den ihrigen vereinbahren. Sie solten von ihrer ausbündigen schönheit / die so bloß und nakkend vor seinen augen lag / zuvor feuer ziehen / sein kaltes hertz in den brand zu helfen / oder es zum wenigsten lüstern zu machen. Und zu dem ende spielete sie mit den blitzen ihrer liebesreitzenden augen fort und fort auf ihn zu. Auch bewegte sie vielmahls ihren obersten leib dermaßen / daß der zweifache schneehügel ihres füllig-schönen Busems / über der dekke / gantz enblößet zu liegen kahm. Hier sahe man die rechten lokvogel der liebe; die sich / mit so lieblicher / wiewohl stummer stimme / die weisheit selbsten zu betöhren bemüheten.[134]

Welcher Mensch hette wohl diese so lieblich entblößte schönheit / ohne verzükkung / anschauen können? Welcher mensch / der diese so schönen augen /diese so blühenden wangen / diesen so lieblichen rosenmund / ja dieses so zierlich gebildete angesicht ansehen sollen / hette wohl unbewegt und unverliebt bleiben können? Ja wen hette so ein schöner und noch darzu so schön ausgeschmükter und in lauter wohllust entblößter leib nicht zur höchsten liebe bewegen sollen? Man kan ihm leichtlich einbilden / daß Josef / bei diesem anblikke / nicht unangefochten geblieben. Er war noch in seiner besten jugend. Sein sechs- und zwanzigstes jahr war kaum zum ende. Er bestund eben / als andere menschen / aus fleisch und bluhte. Er hatte eben die gemühtsbewegungen / als andere. Aber gleichwohl schien er mehr ein meister über seine jugend / über sein fleisch und bluht / ja über alle seine gemühtstriften und begierden zu sein / als sonst alle sterblichen. Und ob er schon / aus schuldiger ehrerbietigkeit / die augen von seiner Fürstin nicht ab /noch ihr den rükken zu-kehren durfte; so blieb er gleichwohl / allen liebes-anlokkungen / allen bewegungen seines hertzens / ja dem fleisch und bluhte zu trotz / in seiner tugend beständig.

Eine guhte stunde hatte Josef alhier die anstürmenden flammen der liebe vertragen. Es schien gefährlich zu sein den streit länger zu wagen. Sein verstand riet ihm zur flucht. Er trug sorge vor seine keuscheit. Er befahrte sich / daß der feind von aussen endlich mit voller gewalt in sein hertz dringen / und alda seine eigene untertahnen / seine feinde zu werden / aufwügeln möchte. Diese / fürchtete er / möchten alsdan von innen heftiger stürmen / als der feind von aussen; ja ihn endlich wohl gar überwältigen. Darüm wolte er diesen so heftigen einheimischen krieg nicht erwarten. Er wolte fliehen / ehe dieser selbstreit ihn gäntzlich zu boden würfe. Und also erkühnte er sich seinen abtrit zu nehmen / mit[135] vorwenden seine geschäfte zu verrichten. Aber es war vergebens. Eine junge Katze pfleget mit der Maus zu spielen / so lange sie stille liegt: wan sie sich aber bewegt / tappet sie mit der pfote zu / und scharret sie nach sich; ja wan sie gar entlauffen wil / giebet sie ihr einen bis / und frisset sie endlich gantz auf. Der Leue / wan er einen Menschen in seiner gewalt hat / und er sich nur stille helt / tuht ihm kein leid: so bald er aber fliehen wil / zerreisset er ihn zur stunde. Eben also täht Sefira. Eben nach dieser katzen- und leuen-ahrt spielete sie alhier mit unserem Josef. So lange er stille saß / täht sie ihm kein böses. Sie strählte ihn nur. Sie liebelte ihm nur. Aber so bald er aufstund seinen abtrit zu nehmen; da fing sie erst an ihn zu fassen: da begunte sie erst zu zu tasten. Was? sagte sie / wolt ihr mich nun alle verlaßen? Wolt ihr nun alle von mir lauffen. Ach! mein liebster Josef / wie seid ihr so gar neidisch / mir den bloßen anblik eurer schönheit nicht länger zu gönnen? Mag ich dan nun / in meinem unglük / auch nicht einmahl so glükseelig sein / euer liebliches angesicht nach genügen zu sehen?

Josef schlug / auf diesen ersten anfal / die augen nieder / und antwortete nichts. Und darüm fuhr die Fürstin in ihrer rede fort. Wolt ihr nun / sagte sie /nicht einmahl mit mir reden? Bin ich nun keiner antwort mehr währt? Wisset ihr nicht / daß ihr dadurch meiner gühte / meiner liebe / ja meiner demuht unverantwortlicher weise misbrauchet? Wisset ihr nicht /daß ich eure Gebieterin bin / der ihr zu gehohrsamen verpflichtet? Wisset ihr nicht / daß ihr mein Leibeigener seid / und ich macht habe euch frei zu laßen / und glükseelig zu machen / oder aber zu strafen / ja selbst zu tödten / wie und wan es mir beliebet? Das weis ich alles sehr wohl / fing ihr Josef das wort auf. Aber wie und was ich meiner gnädigen Fürstin antworten solte /wuste ich nicht; nachdem sie abermahl anfing mit mir zu schertzen. Was[136] schertzen? fiel sie ihm in die rede. Es war mein gantzer ernst. Um so viel weniger konte ich antworten / fuhr Josef fort. Were ihr ansuchen meiner tugend gemäß / ich hette so lange nicht geschwiegen. Ja mit dem werke selbst wolte ich straks geantwortet haben. Aber die Tugend geboht mir zu schweigen; weil ich doch nicht antworten konte / wie meine gnädige Fürstin wündschte.

Sefira schwieg auf diese reden eine guhte weile stil. Endlich fing sie wieder an. Ist dan der Gehorsam / sagte sie / nicht auch eine Tugend? Und diesen seid ihr / als mein Leibeigner / mir zu leisten schuldig. Aber eure halsstarrigkeit verhindert euch solche den Leibeignen so gantz eigene tugend zu erfüllen. Und weil ihr euch verhindern laßet / macht ihr die tugend zum laster / und das laster zur tugend. Der Gehohrsam ist freilich eine tugend / antwortete Josef. Aber er mus zuförderst Gotte geschehen: und dan erst den Menschen. Befielet ein Mensch etwas / das wider Gottes gebot ist; so heist es man mus Gott mehr gehorchen / als den Menschen. Wan meiner gnädigen Gebieterin befehl nicht wider Gottes gebot lieffe; so were es mir freilich vor eine untugend und vor ein strafbahres laster zu zu rechnen / wan ich ihr nicht gehorchte. Aber nun ist es keine untugend; weil sie begehret und gebietet / was Gott verbietet. Und darüm kan sie meine weigerung wider Gottes gebot zu sündigen / oder meine halsstarrigkeit / wie es ihr zu teuffen beliebet / kein laster nennen. Es ist vielmehr eine tugend / die den nahmen der Beständigkeit im gehorsame Gottes verdienet.

Die Fürstin hatte ihr eingebildet / daß sie den Josef nunmehr so listiglich und so feste bestrükket / daß er sich nicht heraus wükkeln könte. Aber sie befand sich in ihrer einbildung gantz betrogen. Der vogel / den sie gefangen zu haben vermeinte / ris ihre falstrükke plötzlich in zwei. Ihr vom eisendrahte gewähnter garnsak ward[137] zum spingewebe. Der wind blies ihn in flükken. Josefs ahtem hauchte ihn voneinander. Der blitz des Göttlichen gebots versängte ihn gar. Als sie nun sahe / daß sie mit diesem einwurfe nichts ausgerichtet; so trachtete sie die Tugend selbst zu vereitelen / und aus dem wege zu reumen. Ach! liebster Josef /sagte sie / was wolt ihr euch doch so viel auf die Tugend verlassen? Sie ist doch nur ein eiteles nichts /ein eingebildeter wahn / ein bloßes spiegelfechten. Kan dieses so gar nichtige ding euch wohl der leibeigenschaft entschlagen / wie ich kan? Kan es euch wohl befördern / und zu ehren helfen / als ich; wan ihr meinen willen volziehet? Ja wird euch eure Tugend wohl beschirmen / wan sich / eurer hartnäkkigkeit wegen / meine liebe in einen has veränderte / und ich bewogen würde mich erschröklich an euch zu rächen? Würde sie euch wohl aus dem feuer meines zornes erretten? Ich versichere euch / daß sie mehr / als alzuunmächtig sein würde. Darüm / mein liebster Engel / nehmet der gelegenheit wahr / die euch itzund von sich selbst in die hände fället. Verschertzt das glükke nicht / das euch itzund angebohten wird. Laßet uns in wohllust unsere jugend ergetzen. Laßet uns liebe mit liebe vergelten. Wir seind allein. Niemand siehet es. Niemand wird uns verrahten.

Der verrähter schläfet / noch schlummert nicht /fing ihr Josef das wort auf. Unser gewissen würde uns verrahten / ja noch darzu erschröklich foltern. Gott / der alle dinge siehet / auch selbst unsers hertzens gedanken weis / würde es sehen. Die Engel / so wohl böse / als guhte / seind bei und üm uns her: die würden uns anklagen. Darüm haben wir uns wohl vor zu sehen / was wir tuhn. Ich weis sehr wohl / was meine gnädige Fürstin vor eine macht über mich hat. Aber darneben ist mir auch nicht unbewust / daß Gott noch mehr macht über uns alle habe: und daß sie keine macht hat mir ein[138] haar zu krümmen / wofern es ihr Gott nicht zulesset. Solte sich dan ihre Liebe in einen Zorn verändern; so wisse sie / daß mir solcher zorn lieber sein wird / als diese sündliche Liebe /damit sie meine Keuschheit verfolget. Ob sie mir auch schon das leben / durch den allerschröklichsten tod nehmen solte; so würde ich doch darbei ein unbeflektes gewissen behalten. Ich würde froh sein / daß ich meinem Herrn treulich gedienet; daß ich mich an ihm / durch besudelung seines ehbettes / nicht vergriffen. Im übrigen weis ich auch sehr wohl / daß die Tugend in der welt augen ein verächtliches nichtiges ding ist. Aber darneben weis ich auch / daß sie vor Gottes augen üm so viel mehr in achtung kommet. Und gesetzt daß sie mir selbst / in weltlichen dingen / nichts nützen solte; so nützet sie doch meinem Herrn / weil sie mir gebietet / und mich antreibet ihm in allem getreu zu sein. Und diese treue wil ich nicht kränken /noch kränken lassen / weil ich ahtemen kan. Ich wil meinem Gotte / und nach ihm / meinem Fürsten getreu verbleiben bis in den tod. Davon sol mich weder freund / noch feind ab zu ziehen vermögen. Davon sol mich weder liebe / noch has / noch etwas / das in der gantzen welt ist / abwendig machen. Ja nichts sol meinen vorsatz / meinen schlus ändern. Dieser schlus stehet so fest / daß ihn ihre gedreuete rache nicht ümstoßen / noch ihr allergrimmigster zorn versetzen kan. Und dis ist das lied vom ende.

Weil nun Sefira sahe / daß sie weder mit lieblenden / noch dreuenden worten / auch mit allen ihren liebesreitzenden gebehrden / und allen ihren aufs anmuhtigste ausgeschmükten schönheiten nicht das geringste gewinnen konte; so entschlos sie sich zu allerletzt den Josef mit gewalt zu ihrem bösen vorsatze zu ziehen. Und zu dem ende lies sie eine Zitrone vom bette fallen. Diese nahm Josef auf / und reichte sie ihr zu. Aber sie erwischte ihn bei dem rokke / ihn aufs bette zu ziehen.[139] Auch baht sie ihn mit den allerbeweglichsten worten: Er solte sie doch endlich einmahl ihre lust büßen laßen. Ja diese worte vermischete sie mit seufzen und trähnen. Josef aber lies den Rok in ihrer hand / lief zum zimmer hinaus / und flohe darvon. Und also behielt der erkaufte sein freies gemüht: der geliebte enthielt sich der liebe: der gebähtene ward nicht erbähten; und der ergriffene lies sich nicht halten.

Straks machte Sefira ein solches erschrökliches geschrei / daß ihre Stahtsjungfrauen und Kammermägdlein zugelauffen kahmen. Diese entsetzten sich aus der maßen über ihrer Fürstin so abscheuliche gestalt. Kurtz zuvor war sie ihnen vorgekommen / als eine Alsgöttin der liebe. Nun sahe sie aus als eine leibliche Teufelin. Der Zorn / der has / die rachgier blitzten ihr aus den augen. Lauter donnerschläge / lauter blitze gingen aus ihrem munde. Ein flammender dampf stieg aus ihrer nase. Ihre blikke waren feurige strahlen: ihre worte zerschmetternde donnerkeule. Ihr haar hing gantz zerzauset über die zerkratzten wangen. Sie tobete / sie rasete / sie wühtete / sie fluchete / ja sie stellete sich so ungebährdig / daß die Jungfern genug zu tuhn hatten sie wieder zu besänftigen.

So bald diese halbtolle Fürstin ein wenig wieder zu ihr selbst gekommen / fing sie an ihren Herrn selbst zu beschuldigen. Sehet! sagte sie / Er hat uns diesen Ebreischen knecht herein gebracht / daß er uns zu schanden mache. Er kahm zu mir in mein zimmer /und wolte mich nohtzüchtigen. Ich rief aber überlaut. Da flohe er darvon / und lies mir seinen Rok in der hand. Eben diese worte sprach sie auch zu ihrem Herrn / so bald er zu hause kahm. Ja / fügte sie hinzu / sehet doch nur / wie mich der ehrvergessene schelm /der ehbrecherische hund zugerichtet / als ich mich zur wehre stellete. Und hiermit wiese sie ihm auch den Rok; den sie zum zeugnüssebehalten. Endlich schlos sie mit diesen worten: Ich habe meine ehre gerettet /wie ihr sehet. Nun möget ihr vor die eurige eisern; und ihn / den undankbaren / den treulosen / gebührlich abstrafen.

Der guhte Potifar ward über diesen so plötzlichen unfal über die maße bestürtzt. Er hatte dem Josef so sehr viel guhtes zugetrauet. Er hatte seine tugend /seine keuschheit / seine frömmigkeit allezeit so hoch gerühmet. Ja er hatte auf seine treue gantze schlösser gebauet. Nun erfuhr er das widerspiel selbst aus dem munde seiner Gemahlin. Diejenige / die ihn vor diesem so manches mahl gepriesen / klagte ihn nun selbsten an. Er sahe den Rok / als ein zeichen der wahrheit / vor seinen augen. Er sahe seine Liebste so gar entstellet / und so sehr übel zugerichtet. Und also konte er anfangs anders nicht gedenken / als daß es wahr sei / was ihm so gantz unvermuhtlich zu ohren kahm. Er ward gezwungen / alle diese beschuldigungen zu gleuben. Doch gleichwohl konte er sich noch nicht entschlüßen den Josef / nach dieses verbrechens beschaffenheit / so straks zu strafen. Er konte es über sein hertz nicht bringen. Zorn und Liebe kämpften hart widereinander. Der zorn wolte durchaus haben /er solte ihn vertilgen. Die liebe dagegen riet ihm / gemach zu verfahren. Er hatte zuvor keinen einigen tadel am Josef befunden. Und darüm hatte er ihn von hertzen geliebet. Ja er hatte ihn so hoch geliebet / daß er ihm alles das seinige anvertrauet; daß er ihn anders nicht gehalten / als seinen Sohn; und was noch mehr ist / ihm seine einige Erbin und liebste Tochter Assenat / in seinem hertzen / zur Gemahlin versprochen.

Diese so hertzliche liebe konte der zorn nicht so gar verhindern / daß sie den Potifar nachmahls nicht überredet vom Josef ein bessers zu gleuben / als man ihm vorbrachte. Ja er vermochte ihm keinesweges ein zu[142] bilden / daß die sache so groß sei / als man sie machte. Er muhtmaßete / es müste ein misverstand darhinter sein. Er gedachte / die krankheit seiner Gemahlin hette ihr vielleicht diese böse gedanken eingegeben. Und in solchen gedanken entschlos er sich den Josef so hart nicht ab zu strafen / als ihm sein erster zorn gerahten. Damit er aber seine Gemahlin einiger maßen vergnügte / so befahl er ihn ins gefängnüs zu bringen / da des Königs gefangene lagen. Darinnen möchte er so lange liegen / bis man des verbrechens beschaffenheit gründlich entdekket.

Quelle:
Philipp von Zesen: Assenat, Amsterdam 1670, S. 93-143.
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