2023.

[1912] Mel. Nun danket alle Gott.


1.

Von der materie denkt sichs gewißlich besser als sichs redt je und je, mein trieb ist niemals grösser, als wenn sich schweigen darf, und wenn sich die Gemein vorm Lämmlein niederwarf, mit ihr ein bisgen wein.

2.

Es scheint zur troknen zeit ward ich noch mehr gereget, seitdem das blut so schreyt, so hab ich eingeleget; und weil ich nun so bin, so laß ichs gerne seyn, und wend mich stille hin zu unserm Lämmelein.

3.

Wenn die Gemeine müst noch hundert jahre stehen, hätt sie an Jesu Christ noch übergnug zu sehen; doch wenn wir unser Herz in wenig tagen sähn, so würd es der Gemein auch nicht zu früh geschehn.

4.

Meintwegen mag es lang, es mag noch kürzer währen, gereicht nur unser[1912] gang den wunden-maaln zu ehren, so mag Jerusalem derweil seyn, wo es will, wir sind in Bethlehem vergnügt und arm und still.

5.

Ich wünsche, daß wir so mit dem geschwister leben, daß, eins des andern froh, kan haben, nehmen, geben. Das Lämmlein segne uns, daß sich für uns ergab dem täglichen gefühl des todes, bis ins grab.

Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 1912-1913.
Lizenz:
Kategorien: