2077. Luc. II.

[1945] In voriger Melodie.


1.

Ein mann zu Salem, Simeon, ein mann von viel religion, ein ehrlich mann, der lang geharr't auf das, was Israel erwart't;

2.

Der Heilge Geist hatt' auf ihm ruh, und sagt' ihm einmal heilig zu: Er solt nicht aus der hütte gehn, eh er den Christ des Herrn gesehn.

3.

Einmal in vollem geistes-wehn must er zum tempel Gottes gehn; und grade kömts kind Jesulein, das bringen seine eltern rein;

4.

(Ein knäblein, das die mutter bricht, gehört sich, nachs gesetzes-pflicht, dem Herren dargebracht zu seyn, ein armes bringt ein täubelein.)

5.

Da strekt er auch die armen aus, nimts kind, lobt Gott, und fährt heraus: Daß nun dein knecht im friede fahr! genädger Herr, dein wort ist wahr.

6.

Denn diese meine augen sahn sich dein kleines Heilandgen an, das du so sichtbar zugericht vor aller völker angesicht,

7.

Ein licht, das sich wird offenbarn den völkern, die noch ferne warn, zu einem unsterblichen ruhm seiner leut in dem Judenthum.

8.

Und Joseph und das jungfräulein, das die mutter zum kindelein, stunden da, und erstaunten gar, was von dem kind gesaget war.

9.


Chor.


(Christum wir sollen loben der schon der reinen magd Marien sohn!)

Und Simeon gesegnet' sie, und sagte zur mutter Marie:

10.

Da liegt was, und sieht in die welt, dran sich ein theil den kopf zerschellt von Israel; den übrigen hingegen hilfts zum auferstehn.

11.

Es ist ein groß Phanomenon; doch findets contradiction. Wenn dir ein schwert durchs herz wird fahrn, wird sich manch herze offenbarn.

12.

Da war auch die prophetin Ann', eine tochter von einem mann vom stamm Asser in Israel, dessen sein nam war Phanuel;

13.

Wie alt sie war, ist daraus klar, weil sie sich beym mann sieben jahr nach ihrer jungfrauschaft befand, vier und achtzig im witwen-stand;

14.

Verließ den tempel schon nicht mehr; sie fastete und bette sehr, und zu der[1945] heilgen liturgey war ihr tag und nacht einerley.

15.

Sie war itzt auch nicht weit davon, und stimmte an die antiphon, und sagte von ihm iederman, wem die Geulle recht lag an.


Chor.


O Vater! wohn im Witwen-Haus; Mutter! durchwehs mit Geistes-saus; Du, sättge sie beym blut-gesaug aus deiner seit, du Witwen-Aug!

Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 1945-1946.
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