2332. Herrnhuthisches Char-Freytags-Lied.

[2231] 1748.


1.

Ave, herzlieber Mann! für deinen weisen plan[2231] zur demonstration, daß Gott ins Vaters thron zwar aus Ur-erb-recht wohn, daß aber (wenns im rath, wo niemand stimme hat, gäb ein indigenat,) nur Er war candidat, und das nicht aus gnad, sondern lohn für that.

2.

Ave, du Vater Gott! fürs einige gebot der neuen bundes-roll, daß wer dich ehren woll, den Sohn verehren soll. Mein Sohn ist Josua, sprach Abba Jehovah, en ho evdokesa, und eine andre stimm ruft: ihr Elohim, betet an vor ihm.

3.

Ave, Gott heilger Geist! den man jetzt Mutter heißt, daß du das meritum des Sohns in einer summ bringst überall herum. Ave fürs document im neuen Testament, was er an uns gewendt, dein richtig Instrument übers Herren end und sühn-sacrament.

4.

Heilige engelein! würdge geschwisterlein, wie wohl war euch zu muth, als es auf eurer huth zum ersten tönte: Blut! wunden von Gottes Sohn, dem Lamm ins Vaters thron, striemen und dornen-kron: ihr huldigtet vor freud seiner menschlichkeit, und nicht ohne eid.

5.

Vollendete Gemein gerechter geisterlein! alle ihr täubelein, die in den Seitenschrein schon nein gefahren seyn, der'r ihre seligkeit eigentlich nichts bedeut't, als die theilhaftigkeit der wunden-herrlichkeit, stimmet eure sait' ins lied der creuz-leut.

6.

Und du so schmählige, und sündhaft-selige Christs zur athanasie accreditirte Sie! du in dem Mähr'schen rok, mit deinem pilger-stok, um seinen creutzes-blok frohe Synagogy, halte seiner müh sabbaths-liturgie.

7.

Aber bist du auch da, Gott Ruach Elohah? du must den sünderlein ins ave helfen 'nein: Ave, du mund so blaß! ave, du wangen naß! ave, du blik so graß! leichnam voll schmach und tod, seele voll todes-noth, ey nu, tröst dich Gott!

8.

Ave, Gott Schöpfer mein! für deine sünden-pein, für die melancholien, die dir bey meiner sühn vor dein gemüthe ziehn: ave, für dein gebet dort an der marter-stät, wies kranke zupft am bett: ave, für all diezeit, der verlegenheit und der buß geweyht!

9.

Præparatoria sind zur bestattung da: eine einfältige[2232] frau, die dir mit blumen-thau erfrischt den leibes- bau, die kauft sich sommige1, kostbare gummie, salbt dich zur mumie. Das millenarium lauft drum bald herum, wird ein triduum.

10.

Unendbar' ewigkeit! unangefangenheit, erb-vater aller zeit! erb-unsterbhaftigkeit! ave, zum sterbe-kleid! ave, zum grab-geleit, in Josephs grab beyseit! ave, zum schlaf auf heut! ave, du muntre seel, bringst dein'n gast zur stell, und fährst noch zur höll.

11.

Das leichlein von dem Christ haben sie wol zerküßt, Joseph und Nicodem; es lag auch so bequem, bald wie zu Bethlehem. Mutter Mariä gruß, war wol ein nasser kuß, auf herz und hand und fuß; aber wie war den dreyn, und dem Johann sein über dem Seitelein:

12.

Hier bleibt mein sinnen stehn, indem so schlägts auch zehn, da kommt die Herrenhuth, der bund auf Jesu blut, des Lämmleins proper-gut; (wo dir, Christin, vom Christ, so lang du einsam bist, dein witthum sicher ist:) das bringt nach seinem brauch ein durchleichnamt aug, das redt und singt auch.

Fußnoten

1 mancherley.


Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 2231-2233.
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