Dritter Auftritt.

[57] ABELLINO allein, halblaut, in tiefer Bewegung.

O allwaltendes Verhängniß!

Muß der Frevel, wider Willen,

Mir den Abgrund deiner Weisheit

Selbstverrätherisch enthüllen!

Ja, du hast mich, du erwählt;

Und ich fühl', am tiefsten Innern,

Deine furchtbarstrenge Führung.


Er geht schweigend durchs Zimmer, bleibt in Gedanken verloren stehen. Dann mit Fassung.


Nun so mag das Spiel beginnen!

Ob verlieren, ob gewinnen,

Ist nicht heut die Frage mehr.

Meine Stunde hat geschlagen;

Und das Schicksal rief mich her.[57]

Freie Faust will ich mir machen,

Abellino muß allein

Meister in Venedig sein;

Die elenden Spießgesellen

Sind zum Rabenfutter reif.

Einzig werd' ich, einzig stehn,

Einzig soll um meinen Willen,

Wie die Welt um ihre Achse,

Die Lagunenstadt sich drehn!

Alle, die Verwirrung brüten,

Und mit Trümmern der Gesetze

Ihre Schulden decken wollen,

Dolche miethen, Kuppler zahlen,

Lotterbuben aller Enden

Sollen künftig sich zu mir,

Als der einz'gen Sonne wenden.

Und ist Alles fest umsponnen,

Und die Stadt von mir umgarnt:

Dann urplötzlich und zermalmend,

Donnr' ein Wetterstrahl von oben

In das ungewarnte Nest.

Und in Nord und Ost und West

Fährt die wüste Brut zerstoben.

MATTEO draußen.

Abellino!

ABELLINO.

Ich erscheine!


Ab.


Quelle:
Heinrich Zschokke: Gesammelte Schriften. Band 15, Aarau 1865, S. 57-58.
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