Dynamomaschine [2]

[198] Dynamomaschine. Während bei langsamlaufenden Gleichstromdynamos für die funkenfreie Kommutierung besondere Anordnungen nicht absolut erforderlich sind, müssen für Dynamos mit hoher Tourenzahl (Turbogeneratoren), für Dynamos, bei denen die Spannung in weiten Grenzen geregelt werden soll, und für Motoren mit Tourenregulierung Wendepole angewandt werden.

Die Wirkungsweise der Wendepole besteht darin, daß an der Stelle, wo sich die Drähte der kurzgeschlossenen Spule befinden, eine EMK. erzielt wird, welche der EMK. der Selbstinduktion der kurzgeschlossenen Spule gleich-, aber entgegengerichtet ist. Es wird deshalb in der zwischen den Hauptpolen liegenden neutralen Zone durch die Wendepole ein Hilfsfeld geschaffen, das die Wirkung der Selbstinduktion in der kurzgeschlossenen Spule aufhebt und somit eine funkenfreie Kommutation gestattet. Damit das durch die Wendepole erzeugte Feld stets proportional der von dem Ankerstrom abhängigen Selbstinduktion in der kurzgeschlossenen Spule bleibt, müssen die Wendepole vom Ankerstrom erregt werden (Fig. 1). Es ist nun nicht notwendig, daß die Anzahl der Wendepole gleich der Anzahl der Hauptpole ist, so daß also jede Spulenseite der kurzgeschlossenen Spule sich unter einem Wendepole befindet, sondern es genügt auch die halbe Zahl der Wendepole, wenn nur die in der kurzgeschlossenen Spule entstehende Reaktanzspannung in einer Spulenseite durch die elektromotorische Gegenkraft aufgehoben wird. Die Berechnung der Ampèrewindungen für die Wendepole findet man in [1]. Ist die berechnete Ampèrewindungszahl zu groß ausgefallen, so schaltet man parallel zu den Windungen des Wendepoles einen Widerstand und kann durch Abgleichung desselben die genaue Ampèrewindungszahl einstellen.

Die Gleichstrom-Turbogeneratoren erhalten außer den Wendepolen noch eine Kompensationswicklung, welche zur Aufhebung der durch den Ankerstrom hervorgerufenen Feldverzerrung dient. Zu diesem Zwecke werden die Polschuhe mit Nuten versehen, die zur Aufnahme der Wicklung dienen. Wird diese Wicklung vom Hauptstrom durchflossen, so erzeugt sie Kraftlinien, die denen des Ankers entgegengerichtet sind, diese also aufheben. Das Magnetgestell der kompensierten Maschinen kann entweder mit ausgeprägten Polen gebaut werden, wobei die Kompensationswicklungen in Nuten der Polschuhe der Hauptpole liegen (Fig. 2), oder mit gleichmäßig verteilten Feldeisen nach dem System Déri (Fig. 3). Die Fig. 4 zeigt das Magnetgestell eines[198] Turbogenerators der Siemens-Schuckert-Werke für 1300 KW. mit Wendepolen und Kompensationswicklung. Bei den hohen Tourenzahlen der Turbogeneratoren ist in mechanischer Hinsicht auf die großen Fliehkräfte Rücksicht zu nehmen. Es werden deshalb die nicht mehr von den Zähnen des Ankers getragenen Wicklungsteile durch aufgezogene Kappen aus Spezialbronze oder Nickelstahl gegen die Wirkung der Zentrifugalkraft geschützt. Ebenso sind die Lamellen des Kommutators gegen die Einflüsse der Zentrifugalkraft zu sichern, was dadurch geschieht, daß man unter Zwischenlegung von Glimmerisolation Schrumpfringe von Siemens-Martin-Stahl warm auf den Kommutator aufzieht (Fig. 5).

Die hohe Tourenzahl bewirkt ferner eine Verringerung des Durchmessers und damit eine Verkleinerung der Abkühlungsoberflächen. Damit nun die Erwärmung des Ankers in zulässigen Grenzen bleibt, wird dem Anker Kühlluft zugeführt. So wird z.B. bei den Turbogeneratoren der Siemens-Schuckert-Werke (Fig. 6), die in einem Filter gereinigte Frischluft durch ein Rohr aus einem im Keller liegenden Frischluftkanal seitlich in axialer Richtung angesaugt und zwischen radialen Stegen, die lieh zwischen den Blechpaketen des Ankers befinden, am Umfange herausgeschleudert. Um eine zu hohe Erwärmung des Kommutators und dadurch ein Krummziehen desselben zu vermeiden, ist der Kommutator ebenfalls zu kühlen. Dies erfolgt nach Fig. 7 durch Hohlstege, die selbsttätig von einem Luftstrom durchflossen werden oder dadurch, daß der Kommutator in zwei Teile geteilt wird, zwischen denen ein Ventilationsschlitz verbleibt (Fig. 5).


Literatur: [l] Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Leipzig 1909.

Holzt.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 198-199.
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198 | 199
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