Kleinbahnen

[508] Kleinbahnen, Bahnen mit öffentlichem, aber auf geringe Entfernungen beschränktem Verkehr, wobei jedoch ein Uebergang von Güterwagen auf andre Bahnen nicht ausgeschlossen ist.

Hierher gehören namentlich solche Bahnen, die nur innerhalb eines oder weniger Gemeindebezirke verlaufen, an sich also nur örtliche Bedeutung besitzen. Sie können durch Anknüpfung an das allgemeine Eisenbahnnetz für die durchzogene Gegend von hohem wirtschaftlichen Nutzen sein und auch den anschließenden größeren Bahnen als Verkehrszubringer die Einnahmen erhöhen. Eine größere Bedeutung hat das Wort Kleinbahnen erst in neuerer Zeit gewonnen, insbesondere durch das preußische Kleinbahnengesetz vom 28. Juli 1892. Eine bestimmte Abgrenzung des Begriffs gegenüber den Nebenbahnen (s. Eisenbahnbetrieb I.) ist darin jedoch nicht gegeben, vielmehr ist die Entscheidung über den Charakter einer Bahn als Kleinbahn in fraglichen Fällen dem Staatsministerium vorbehalten. Die Spurweite und Betriebsart sind nicht entscheidend; jedoch werden zurzeit alle Bahnen ohne Lokomotivbetrieb als Kleinbahnen angesehen.

Unter die Kleinbahnen gehören auch die ausschließlich dem großstädtischen Binnenverkehr dienenden Bahnen, gleichviel, ob sie als Straßenbahnen, Hoch- oder Tiefbahnen hergestellt werden. Solche Kleinbahnen können also unter Umständen einen so großen Personenverkehr haben, wie ihn Fernbahnen nicht erreichen. Auch können sie – wie z.B. die elektrischen Untergrundbahnen in London, Glasgow, Boston, Pest u.a.m. – so großen Bauschwierigkeiten und Kosten begegnen, wie sie ebenfalls bei Hauptbahnen kaum vorkommen. Dagegen gehören solche Stadtbahnen, welche wie die viergleisige Berliner (und die älteren Londoner Lokomotivuntergrundbahnen) mit Uebergang der Züge an äußere Fernbahnen anschließen, zu den Hauptbahnen (s. Bd. 3, S. 274). Die große Mehrzahl der Kleinbahnen wird immer in ebenerdigen Schienenwegen, insbesondere solchen mit Benutzung von städtischen oder ländlichen Straßen, also in Straßenbahnen, bestehen.


Literatur: Müller, F., Grundzüge des Kleinbahnwesens, Berlin 1895; Haarmann, Die Kleinbahnen, Berlin 1896; Gleim, Das Gesetz über Kleinbahnen vom 28. Juli 1892, 3. Aufl., Berlin 1899; Eger, Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892, 2. Aufl., Berlin 1904; Wächter, Die Kleinbahnen in Preußen, Berlin 1902; Zeitschr. f. Kleinbahnen, herausgegeben im Königl. preuß. Ministerium der öffentl. Arbeiten, mit Mitteil. des Ver. deutsch. Straßenbahn- und Kleinbahnverwalt., Berlin, sowie verschiedene andre Zeitschriften.

Kübler.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 508.
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