Polychromie

[180] Polychromie (Vielfarbigkeit), vielfarbige Bemalung der baulichen und plastischen Kunstwerke sowohl im Altertum als im Mittelalter, im Gegensatz zur Einfarbigkeit (s. Monochromie), wie sie seit den Zeiten der Hochrenaissance in Uebung kam.

Die Beweise für die Bemalung wurden in der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Architekten und Forscher wie Hittorff [1], Semper [2] und Violett-le-Duc [3] überzeugend erbracht. Sie betrafen nicht die Bemalung der Holzbildwerke der mittelalterlichen Kunst an Altären u.s.w., was allgemein bekannt war, sondern vielmehr die durchgehende Ausmalung[180] der Bauwerke im Innern wie auch die Bemalung des Aeußern, und zwar sowohl an den Bauten des Mittelalters wie besonders an den Werken der höchsten Blüte antiker Kunst. Wie an den frühen ägyptischen Denkmälern wurde auch an den Bauten und Bildhauerarbeiten der Hellenen und Römer die vollendetste Bemalung aufgedeckt und nachgewiesen. – Der Widerstand, den diese Kunstanschauung bei den Widerstrebenden fand, hatte seine Begründung in der vollständigen Entwöhnung des kunstgebildeten Auges von der Farbigkeit der Gebäude und Statuen, die seit den Anfängen der Renaissance, wo allerdings noch reiche Hausbemalung in Uebung war, durch die Stilrichtungen des Barock, Rokoko u.s.w. vollkommen beseitigt wurde.


Literatur: [1] Hittorf, L'architecture polychrome chez les Grecs, Paris 1851; Hittorf und Zanth, Architecture antique de la Sicile, Paris 1870. – [2] Semper, G., Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten, München 1860/63; Ders., Kleine Schriften, Berlin 1884. – [3] Viollet-le-Duc, Peintures murales des Chapelles de Notre Dame de Paris, Paris 1876. – [4] Magnus, Die Polychromie vom künstlerischen Standpunkt, Leipzig 1872.

Weinbrenner.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 180-181.
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