Kriegsrat.

[239] Es war einmal ein Mann, der zog in ein anderes Land und liess sich dort nieder. Nach seiner Heimat wollte er nicht wieder zurückkehren. Er heiratete daselbst und bekam Kinder und es mangelte ihm an nichts. Die Leute des Landes hatten ihn gern.

Da kam es zum Kriege und sie wollten das Land, in welchem er geboren war, überfallen. Eines Tages feierten alle Grossen ein Fest, in der Absicht, die Sache zu beraten. Sie begaben sich dahin und schworen einen Eid: »Wer davon Mitteilung macht, dass wir dorthin zum Kriege ziehen wollen – wird getötet.«

Der Mann aber, welcher in jenem Lande geboren war, war gleichfalls zur Festberatung gekommen. Als er den Kriegsbeschluss vernommen, nahm er kleine Stückchen von den Speisen, die es bei dem Festmahle gab, steckte ein kleines Messer mit etwas Blut daran hinzu und suchte jemand, dem er die Sache übergab, um sie zum Sultan seines Landes, in dem er geboren war, zu bringen.

Jener Sultan und seine Leute riefen die Weisen des Landes zusammen und sie kamen, öffneten und sahen jene Dinge und erkannten daraus, dass der Krieg im Anzüge sei.

Seitdem fragen die Leute, wenn sie zusammenkommen und über ein anderes Land oder in betreff[239] des Krieges Beratung pflegen, einander zuerst: »Wo bist Du geboren?« oder: »Wo stammst Du her?« Damit kein Mann eines anderen Landes bei ihrem Kriegsrat zugegen sei.

Quelle:
Velten, C[arl]: Märchen und Erzählungen der Suaheli. Stuttgart/Berlin: W. Spemann, 1898, S. 239-240.
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