Hase und Affe.
Wolossenfabel aus Baron Ragers [157] Recherches philosophiques sur la langue Ouvlosse. Paris 1829.

Der Affe warf dem Hasen vor, daß er die unangenehme Angewohnheit habe, sich fortwährend umzusehen. Darauf erwiderte der Hase, das ewige Jucken und Kratzen des Affen sei jedenfalls viel lästiger für andere mit anzusehen, und er könne nicht einsehen, was den Affen berechtige, ihm, dem Hasen Vorwürfe zu machen. Schließlich kamen beide überein, daß sie einen ganzen Tag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, nebeneinander sitzen wollten, und der Affe sollte sich in der ganzen Zeit nicht kratzen, der Hase sich nicht umblicken. Der festgesetzte Tag hatte kaum gegraut, als beide sich an dem bestimmten Platz einfanden. Regungslos hielt der Hase seinen Blick auf die Erde geheftet; ruhig und unbeweglich ruhten die Hände des Affen in seinem Schoß. Stunde um Stunde verrann, und mit Überwindung nur war es beiden noch möglich stille zu sitzen. Es wurde Mittag. Da sagte der Affe, der es vor Pein kaum noch aushalten konnte:

»Als ich im Kriege war, trafen mich die Pfeile der Feinde hier und hier und hier und da und dort,« und wohin er mit dem Finger wies, da kratzte er sich schnell. Auch der Hase konnte es schließlich nicht mehr über sich gewinnen, seine Augen auf dem Boden ruhen zu lassen, und so begann er eine Erzählung:

»Als ich im Kriege war,« sagte er, »verfolgten mich eines Tages die Feinde. Vor Entsetzen sprang ich bald hierhin, bald dorthin, bald nach rechts, bald nach links.« Mit Blitzesschnelle folgten dabei seine Augen, die solange starr vor sich hingeblickt hatten, den Bewegungen seiner Glieder.

Quelle:
Held, T. von: Märchen und Sagen der afrikanischen Neger. Jena: K.W. Schmidts Verlagsbuchhandlung, 1904, S. 157-158.
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