CIV.

[218] [Rand: Alaim.] Ishak, der berühmte Tonkünstler, erzählet: Der Chalife Mamun habe ihn einst in der Rosenzeit aufgefordert, etwas Schönes zum Lobe der Rosen zu sagen. Ich verließ, erzählt er, die Gesellschaft des Chalifen, und zerbrach mir den Kopf, um etwas Artiges auszusinnen. Ich sann und sann die ganze Nacht, ohne etwas zu ersinnen. Am folgenden Morgen, als ich nach Hofe gieng, fand ich den Diener Fasl's, des Sohns Merwan's, der mir auf einer silbernen Tasse[218] sieben Rosen darreichte. Das war schön, aber die Verse mangelten noch. Da gieng ein Lastträger vorbey, der die folgenden improvisirte:


Nimmer neide ich die Biene,

Die aus Rosen Honig trinkt;

Da aus meines Mädchens Munde

Nektar mir entgegenblinkt.


Rosen funkeln auf den Fluren,

Rosen glühn in ihrem Haar,

Rosen blühn auf ihren Wangen,

Trinket, liebet immerdar.


Ich behielt die Verse sogleich im Gedächtniß und sagte sie dem Chalifen her, der mich dafür sehr großmüthig belohnte.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 218-219.
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