XV.

[37] Hedschadsch, der Sohn Jusufs Thakfi, ist berühmt in der arabischen Geschichte durch seinen unersättlichen Blutdurst. Man sagt, daß er als neugebornes Kind die Brust seiner Mutter Caria nicht habe annehmen wollen. Hareß Ben Kelde rieth den Aeltern, eine schwarze Ziege zu schlachten, und das Kind mit dem Blute derselben zu tränken. Dieß geschah durch drey Tage, am vierten säugte die Mutter das Kind. Die arabischen Geschichtschreiber sind der Meinung, Satan selbst habe diesen Rath gegeben, und erklären hieraus des Tyrannen seltene Blutgier, der nur wenige der bezeichneten Schlachtopfer[37] durch außerordentliche Freymüthigkeit oder kalte Verachtung des Todes entgiengen.

Eine solche Ausnahme war die folgende: Bey einem öffentlichen Gastmahle bemerkte Hedschadsch, daß ein Beduine die Schüsseln mit Halwa auf das gierigste verschlang. Wer vom Halwa etwas anrührt, ist des Todes, donnerte Hedschadschens Stimme, und alle Hände, welche nach der Schüssel zugefahren waren, erstarrten auf dem Wege. Der Beduine allein konnte die den Bewohnern der Wüste angeborne Freßlust nicht verläugnen. Nachdem er einige Zeit unbeweglich geblieben war, rief er: Emir! ich empfehle dir mein Weib und meine Kinder, und fiel mit Hast über die Schüssel her. Hedschadsch sank auf den Rücken vor Lachen, und ließ die Drohung unvollzogen.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 37-38.
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