LXIII.

[109] [Rand: Alaim.] Ebi Nuwas und Zeineddin Ibnalwardi, zwey der berühmtesten Hofdichter des Chalifen, unterhielten sich eines Tages zusammen von Gespenster und Teufelsgeschichten. Nachdem sie lange darüber in Prosa gesprochen hatten, improvisirte der Erste die Erzählung des folgenden Abentheuers:


Es kam in einer Nacht zu meinem Bette

Fürst Satan, wie er lebt und leibt.

Er sagte: Ey! hast du ein liebes Mädchen,

Mit dem man sich den Schlaf vertreibt?

Ich sagte: ja. Er sprach: Hast du ein Weinlein

Von Adams Zeiten eingelegt?

Ich sagte: ja. Er sprach: hast einen Sänger,

Der Steine durch Gesang bewegt?

Ich sagte: ja. Er sprach: hast einen Tänzer,

Dem Alkohol die Wimpern schwärzt?

Ich sagte: ja. Er sprach: hast du ein Knäbchen,

Das willig mit dir kos't und scherzt?

Ich sagte: ja. Er sprach: so schlaf, ich will dich weihen

Zum Tempel und zur Kaaba aller Schelmereyen.


Zeineddin Ibnalwardi entgegnete:


Ich schlief, da kam zu meinem Bett' der Teufel

Mit tief durchdachter Höllenlist.

Er sprach: hast du vielleicht ein Opiatchen,

Das süßen Schlaf in Glieder gießt?

Ich sagte: nein. Er sprach: hast du kein Weinchen,

Das Feuer durch die Adern sprüht?

Ich sagte: nein. Er sprach: hast keinen Sänger,

Deß Lied die Herzen nach sich zieht?

Ich sagte: nein. Er sprach: hast du kein Mädchen,

Mit einem hellen Mondgesicht?

Ich sagte: nein. Er sprach: hast keine Leyer,

Um die ein Blumenkranz sich flicht?[110]

Ich sagte: nein. Er sprach: so schlafe fühllos fort,

Du Block von Holz und Stein verdienst kein and'res Wort.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 109-111.
Lizenz:
Kategorien: