Zur Orgel

[190] In Caesarea gab es einen feisten Popen, der sehr verliebt war, und hatte besonders auf eine Lehrersfrau seine Wünsche gerichtet, die ihm als eine frohe Natur gern zu Willen gewesen wäre, wußte sie doch, daß der Pope nicht nur feist an Leib war, und wußte solches durch liebe Gevatterinnen. Aber ihr Mann war sehr wachsam, und wenn er auch nicht eifersüchtig war, so wollte er doch bei solchem Spiele auch irgendwie auf seine Kosten kommen. Da er arm war, hielt er, wie das bei armen Leuten so geht, viel auf Gutlebe. Und der Pope wußte darum.

So lud er denn das Lehrerpaar zu einem köstlichen Abendbrot ein. Und während das Weib und der Pope sich verliebt äugelten und darüber die guten Speisen vergaßen, füllte der arme Lehrer seinen Leib an mit all den Leckereien und trank soviel Wein, daß er ganz trunken wurde und müde dazu und bald laut schnarchend einschlief.

Sprach der Pfarrer: »Jetzt ist's Zeit, Liebchen, komm, laß uns spielen!«

Die Schöne aber sträubte sich noch.

»Komm, Herzchen, siehe, ich bin bereit,« bettelte der Pfaffe.[191]

Und als sie ihn so schön in Bereitschaft sah, entflammte auch sie sich.

Doch hatte sie Angst, ihr Mann, der dann und wann laut rülpste, könnte noch nicht fest genug schlafen.

Sprach sie darwider: »Ich will sehen, ob er tief schläft.«

Und sie trat an den dürren Hering in seinem abgetragenen Röckchen heran, beugte sich über ihn, öffnete leise den Hosenlatz und riß ihm drei Schamhaare aus.

Der Lehrer wurde darüber wach, doch stellte er sich schlafend, um sie bei ihrem guten Werke nicht zu stören. Denn Essen stand ihm höher als der Weinberg seiner Frau, und gut getafelt hatte er.

Rief der Pfarrer: »Sieh, er rührt sich nicht, also komm.«

Und das Weibchen war ihm zu Willen und ihre vielen Achs und Ohs erfüllten den spärlich erleuchteten Raum, denn der Pfaffe war ein wackerer Reiter vor dem Herrn. Und immer ging's Trapp und Galopp, bis dem Gaul die Zunge schlaff aus dem Maule hing.

Bei der Frühmesse anderen Morgens aber war der Pfaffe verschlafen und nicht bei der Sache, noch immer des süßen Abends gedenkend.

Und als er zum rauschenden Orgelton singen mußte, hub er also an:[192]


O schöne Nacht, hochselige Nacht,

O, könnte jede mir auf Erden

So voll des süßen Glückes werden.


Mit feiner Stimme aber antwortete das Weibchen, des Lehrers Frau, die stillverklärt unter den Gevatterinnen kniete:

»O, kämen noch viele solche, fürwahr!«

Und oben von der Orgel her sang der Lehrer zum tiefsten, summenden Baß:

»Dann hätt' mein Knecht bald mehr kein Haar!«

Und er ließ dann die Engel im höchsten Diskant flöten.

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 190-193.
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