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Schinschibiss

[39] Der Wigwam von Schinschibiss stand am Ufer des Eriesees. Es war ein grimmig kalter Winter, doch da sich Schinschibiss vier große Baumstämme herbeigeschleppt hatte, von denen jeder wenigstens einen Monat brannte, so war er immer guten Mutes und unbesorgt und pfiff und sang den ganzen lieben Tag. Wenn er Hunger hatte, hackte er das Eis des Sees auf, tauchte unter und fing sich Fische, so viele er nur brauchte. Ob das Wasser kalt oder warm war, kümmerte ihn wenig.

Dies ärgerte nun Kabibonocca, den Nordwind, ganz gewaltig, und er sprach: »Dieser Schinschibiss ist doch ein Teufelskerl; das kälteste Wetter, das ich auf ihn herabschicke, geniert ihn nicht im geringsten, und er ist immer so vergnügt und zufrieden dabei, als ob es ewig Sommer bei ihm wäre. Versuchen will ich's aber doch noch einmal, ob ich nicht Herr über ihn werden kann.« Und damit schickte er den kältesten Sturmwind zu ihm, den er je über die Erde sausen ließ.

Doch das Feuer von Schinschibiss erlosch nicht, und obwohl seine ganze Kleidung nur aus einem einzigen dünnen Fell bestand, das ihm notdürftig die Lenden bedeckte, ging er nach wie vor aus und fing sich seine Fische.[40]

Da beschloß denn Kabibonocca, ihm einen Besuch abzustatten, und er kam am Abend zum ihm. Schinschibiss lag neben einem brennenden Baumstamm und sang:


»Blase, Windgott, immerzu,

Bist ja doch nur meinesgleichen!

Daß du mich erfrieren machst,

Wirst du nimmermehr erreichen;

Vor Hunger, Wind und Schlangenbiß

Da fürchtet sich kein Schinschibiss.«


Schinschibiss wußte, daß Kabibonocca an seiner Tür war, denn er merkte es an seinem kalten Atem; aber er sang ruhig weiter. Nun trat Kabibonocca herein in die Hütte und setzte sich ihm gegenüber; Schinschibiss tat, als sähe er ihn nicht, schürte lustig sein Feuer und sang: »Bist ja doch nur meinesgleichen!«

Da wurde es Kabibonocca zuletzt doch ein wenig zu langweilig; grimmig verließ er die Hütte wieder und schickte darauf eine solche Kälte, daß das Eis auf dem See noch dreimal so dick gefror. Schinschibiss wußte sich aber immer wieder zu helfen, so daß Kabibonocca zuletzt den Kampf aufgab und sagte: »Schinschibiss ist ein seltsamer Mensch; ich kann ihn weder erfrieren machen noch ihn aushungern; er muß von einem gewaltigen Manitu beschützt sein, und es ist wohl das Beste, ich lasse ihn in Ruhe!«

Quelle:
Knortz, Karl: Märchen und Sagen der Indianer Nordamerikas. München: Verlag Lothar Borowsky, 1979, S. 39-41.
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