Der Wassermann als Flötenspieler.

[167] In der Nähe von Dobrawitz (bei Budweis) spielten einmal eine Menge Kinder aus dem Dorfe. Plötzlich gesellte sich ein Mann zu ihnen, ohne daß sie wußten, von wo er gekommen war. Er nahm eine eigenthümlich geschnitzte Flöte aus der Tasche und blies darauf einige Weisen. Die Dorfjugend wurde dabei ganz lustig, sprang und jauchzte. Pfeifend entfernte sich der Flötenspieler und die Kinder, von den Weisen bezaubert folgten ihm, mit Ausnahme eines einzigen, das blieb zurück und gab Acht, wohin die andern giengen. Da sah es nun, wie sich der Mann und mit ihm die Kinder dem Teiche näherten. Nun schlug der Mann mit dem Stäbchen aufs Wasser, das öffnete sich, und in diese Oeffnung führte der Mann die ganze Kinderschaar. Das Wasser schloß sich über ihnen. Schreiend lief das zurückgebliebene Kind ins Dorf und erzählte den Eltern, was geschehen sei. Diese beschlossen dem Wassermann aufzulauern und ihn zu fangen, da er nur im Wasser mächtig, auf dem Lande aber machtlos ist. Nach langen fruchtlosen Versuchen gelang es ihnen endlich und sie drohten, ihn durch Feuer zu tödten, wenn er die Kinder nicht lebendig wieder herausgäbe und die Gegend verließe. Der Wassermann versprach Alles und so entließ man ihn. Noch an demselben Tage kamen die Kinder zurück, wußten aber nichts zu erzählen, als daß sie gespielt und dann geschlafen hätten. Acht Tage nachher aber sah man aus den Fluten einen Karren kommen, der von vier schwarzen Wesen, die aussahen wie Katzen, gezogen wurde. Der Karren[168] war mit vielen wunderlich geformten Geräthen beladen, oben aber saß der Wassermann eine Pfeife rauchend und mit der Peitsche knallend. Das Gespann bewegte sich mit ungeheurer Schnelligkeit und war in kurzer Zeit Allen aus den Augen verschwunden. Seit jener Zeit ward von einem Wassermann in jener Gegend nichts mehr gehört noch gesehen. (Vernaleken, Myth. und Br. S. 175.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 167-169.
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