Die lustigen Weiber.

[69] Es standen einmal drei Häuser in einer Reihe, Wand an Wand nebeneinander. In dem einen wohnte ein Schneider, im andern ein Tischler und im dritten ein Schmied. Alle drei Männer waren verheiratet und ihre Frauen waren die besten Freundinnen miteinander Sie erzählten sich oft, was sie doch für dumme Männer hätten, aber nie konnten sie darüber einig werden, welche von ihnen den dümmsten Mann habe; jede einzelne war überzeugt und sagte ihrer müsse es sein.

Die drei Frauen gingen jeden Sonntag miteinander in die Kirche, da hatten sie unterwegs die beste Gelegenheit zum Schwätzen und Klatschen und nach der Kirche fanden sie sich wieder in einem Wirthshaus, welches gleich in nächster Nähe lag, und da tranken sie immer ein Seidel »Guten« miteinander. Das eine[70] war bei ihnen so sicher als das andere. Und es war gerade zu der Zeit, da ein Seidel Branntwein drei Schillinge kostete, so daß auf jede der Frauen ein Schilling traf. Aber da schlug der Branntwein auf einmal auf und der Wirth sagte, daß das Seidel von nun an vier Schillinge koste. Das war ihnen sehr unangenehm, denn sie waren nur ihrer drei, die sich in den Preis des Getränkes theilten, und so war immer ein Schilling zu wenig, denn keine wollte herausrücken und den vierten Schilling daraufbezahlen.

Am Heimweg von der Kirche besprachen sie sich darüber und machten miteinander aus, daß diejenige, deren Mann der dümmste sei und sich den ärgsten Schabernack von seiner Frau spielen lasse, vom nächsten Sonntag an künftig nichts mehr zu bezahlen brauche und daß jede der beiden andern dann immer zwei Schillinge hergeben müsse zu ihrem Sonntags-Schnaps.

Am nächsten Tag sagte die Schneidersfrau zu ihrem Manne: »Ich habe für heute Mädchen zum Wollezupfen hieherbestellt, denn es ist ein ganzer Haufen zu verarbeiten, so daß wir uns ordentlich tummeln müssen. Es ist mir aber recht unangenehm, daß unser Kettenhund todt ist. Wenn es nun gegen Abend geht, so kommen natürlicherweise die jungen Burschen dahergelaufen und wollen ihren Jux mit den Mädchen [71] treiben, so daß wieder gar nichts geschieht. Hätten wir nur einen recht bissigen Hund, der sollte uns die Kerls schon vom Leibe halten.« »Ja,« sagte der Mann, »das wäre freilich recht gut gewesen.« »Höre, Männchen!« fuhr die Frau fort, »du könntest gewiß selbst den Kettenhund machen und die Burschen von dem Hause verscheuchen.« Aber das glaubte er denn doch nicht, daß er könnte, er wolle ihr sonst alles andere gerne zu Gefallen thun. »O, du wirst schon sehen, daß es ganz gut geht,« sagte die Frau, und gegen Abend hüllte sie ihn in einen wolligen Pelz ein, zog ihm eine dunkle Wollmütze über den Kopf und hängte ihn mit der Hundskette unten bei der Hundehütte an. Da stand er nun und knurrte und bellte jeden an, der sich in der Nähe hören ließ. Und das thaten meistens die Nachbarsfrauen, die ihren Spaß mit ihm hatten.

Am andern Tag war der Tischler außer Haus arbeiten gegangen und kam ganz vergnügt zu seiner Frau heim – da schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen und rief: »Um des Himmels willen! – aber Mann, wie siehst du denn aus? – Männchen, du bist ja krank!« Davon wußte er selbst aber nicht das geringste; höchstens schien es ihm, daß er recht hungrig sei und nothwendig etwas zum Essen brauche. Darum setzte er sich an den Tisch und begann sogleich [72] zu essen, aber seine Frau, welche ihm gegenüber mit gefalteten Händen saß, schüttelte das Haupt und schaute ihn ganz bekümmert an. »Männchen, es wird immer schlimmer mit dir!« sagte sie, »nun bist du schon ganz bleich; man sieht es dir ganz deutlich an, daß eine schwere Krankheit in dir stecken müsse.« Jetzt wurde er selbst schon ängstlich, es war ihm am Ende doch nicht ganz gut. »Es ist wirklich schon die höchste Zeit, daß du dich ins Bett legst,« sagte die Frau und brachte ihn dazu, daß er sich niederlegte. Dann deckte sie alle Decken auf ihn, die sie nur im ganzen Hause finden konnte, und gab ihm Fliederthee und Brechwasser ein und er fühlte sich immer elender und kränker. »Du wirst diese Krankheit nicht mehr überstehen können,« sagte die Frau, »ich fürchte immer, daß du vor mir stirbst.« – »Glaubst du wirklich?« fragte der Tischler. »O ja, das kann auch leicht sein, denn ich fühle mich schon schrecklich elend.« Bald darauf sagte sie: »Nun muß ich von dir scheiden. Der Tod ist schon da. Und jetzt muß ich dir die Augen zudrücken,« und das that sie auch. Der Tischler, der ja alles glaubte, was seine Frau sagte, glaubte auch das, daß er nun todt war. Und er blieb ruhig liegen und ließ alles mit sich machen, was seine Frau nur wollte.

Sie holte dann ihre Nachbarinnen herüber und [73] sie halfen ihr ihn in den Sarg zu legen, – es war einer, den er selbst gemacht, – aber die Frau hatte Löcher hineingebohrt, damit er doch Luft schöpfen konnte; – sie richtete ihm sein Lager darin recht weich und gut, legte eine Decke auf ihn und faltete ihm die Hände über die Brust, aber statt einer Blume oder einem Gebetbuch gab sie ihm eine Seidelflasche mit Branntwein in die Hand. Als er kurze Zeit so dagelegen, machte er einmal einen Schluck aus der Flasche, dann noch einen und wieder einen, und es schien ihm recht gut zu thun, denn er schlief darauf ein und träumte, daß er schon im Himmel sei.

Inzwischen hatte man es im ganzen Orte erfahren, daß der Tischler gestorben sei und andern Tags begraben werden sollte. – Was that aber unterdes die Frau des Schmieds? – Sie ging hinein zu ihrem Mann und zog ihm, während er da lag und einen Rausch ausschlief, das Hemd herunter und schmierte ihn vom Scheitel bis zur Zehe pechschwarz an und ließ ihn lang in den Tag hineinschlafen, bis die Leute, die dem Tischler das Geleit geben wollten, sich schon alle versammelt hatten und ihn im Sarge bereits zur Kirche trugen. Da kam die Schmiedefrau zu ihrem Manne hereingestürzt und rief: »Aber Mann, liegst du denn noch da? du verschläfst dich ja und weißt doch, daß [74] du mit zur Leiche gehen mußt.« Der Schmied fuhr ganz verwirrt auf, denn er wußte gar nichts von einer Leiche. »Unser Nachbar Tischler,« sagte die Frau, »ist es ja, der heute begraben wird und der Leichenzug ist schon am halben Weg zur Kirche.« – »Nun ja,« sagte der Schmied, »so tummle dich halt und hilf mir meine schwarzen Kleider anziehen!« – »Papperlapapp!« sagte die Frau, »die hast du ja schon an, schau' nur, daß du endlich weiter kommst!« Ja da schaute sich der Schmied an und bemerkte, daß er bedeutend schwärzer sei, als er sonst zu sein pflegte; dann packte er schnell seinen Hut und lief zur Thüre hinaus dem Leichenzug nach, der schon ganz nahe bei der Kirche war. Der Schmied wollte als ein guter Nachbar natürlicherweise mit dabei sein und den Sarg tragen helfen, darum lief er dem Zuge nach und rief so laut er konnte: »He da! wartet ein wenig und laßt mich auch tragen helfen!« Die Leute im Zug blickten sich um und sahen die schwarze Gestalt dahergelaufen kommen und glaubten, es sei der Teufel in eigener Person, welcher den Tischler davontragen wolle. Da warfen sie den Sarg weg und machten sich schleunigst auf die Beine. Mit diesem »Plumps« sprang aber der Deckel vom Sarg und der Tischler erwachte und schaute heraus. Er erinnerte sich an alles wieder und[75] wußte, daß er todt sei und begraben werden sollte. Er erkannte den Schmied und sagte mit schwacher Stimme: »Lieber Nachbar! wenn ich nicht schon gestorben wäre, müßte ich mich jetzt zu Tode lachen, so wie du zu meiner Leiche kommst!«

Von dieser Zeit an brauchte die Tischlersfrau am Sonntag nichts mehr für das Seidel zu bezahlen, denn das mußten alle zugestehen, daß sie ihren Mann am ärgsten zum Narren gehalten hatte.

Quelle:
Grundtvig, Svend: Dänische Volksmärchen [1]. Leipzig: Joh. Barth, 1878, S. 69-76.
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