I. Zwerge.

[1] Die Zwerge sind klein und dick, bartlos, aber doch nicht hässlich von Aussehen. Sie hausen in grossen Steinen oder in Hügeln unter Blöcken; solche Zwergensteine findet man weit und breit auf den Inseln. Die Zwerge sind gutmütig, aber dulden keine Zänkereien in der Nähe ihrer Wohnungen; da werden sie böse und fahren im Zorne von hinnen; deshalb steht der grosse Zwergenstein in Skúvoy zerspalten, weil zwei Burschen, welche einmal dort standen, fluchten und sich rauften; da flohen die Zwerge und spalteten den Stein. Die Zwerge sind die besten Schmiede; von ihnen lernten die Menschen zuerst den Stahl im Wasser härten;[1] früher dehnten sie das Eisen aus und schmiedeten es, indem sie es mit dem Hammer kalt schlugen. Die Zwergenwerkzeuge schmieden von selbst. Die Kraft der Zwerge ist im Gürtel, mit dem sie sich um die Mitte gürten; nimmst du dem Zwerge den Gürtel, so ist es um seine Macht gethan, und kann man ihn da zwingen, zu schmieden, was man verlangt, und Kleinodien dafür zu geben, um den Gürtel zurückzubekommen. Am Fusse der Steine, wo sie wohnen, kann man oft Asche liegen sehen, welche aus ihrer Schmiede herausgefegt ist.

Ein Stein steht im Gásadál, wo Zwerge wohnen; dort drinnen hört man sie bisweilen schmieden. Ein armer Mann war einmal nördlich in Tunga und stach Torf; er sah den Stein offen und die Zwerge drinnen schmieden; er ging näher, um sie zu beobachten. Ein Zwerg kam da heraus in die Thüre und sagte zu ihm: »Naseweis warst du, so arm du bist; doch sollst du dieses Messer bekommen,« und nun warf er ihm ein Messer heraus, das so scharf war, dass es alles schnitt, was mit seiner Schneide in Berührung kam, wie hart es auch sein mochte.

Quelle:
Jiriczek, Otto L.: Færöerische Märchen und Sagen. In: Zeitschrift für Volkskunde 2 (1892) 1-24, 142-165, Berlin: A. Asher & Co, S. 1-2.
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