X. Die Meerfrau.

[9] Die Meerfrau [Haffrú] gleicht oberhalb des Gürtels den Menschen, hat langes lichtbraunes Haar wie ein Weib, sie lässt das um sich auf dem Wasser schwimmen; doch hat sie kürzere Arme. Unterhalb des Gürtels ist sie wie ein Fisch und hat Schuppen und einen Schwanz. Wendet sie sich gegen das Boot, wenn sie aus der See auftaucht, so kommt Unwetter, und da gilt es, so schnell als möglich heimzurudern, und zu versuchen, dem Wassertod zu entrinnen. Kommt aber der Meermann neben ihr in die Höhe, so kommt gutes Wetter. Die Meerfrau singt so schön, dass die[9] Menschen toll werden, wenn sie ihrem Gesange lauschen, und deshalb sollen sie Wattepfropfen in die Ohren stecken, denn sonst wollen sie in Tollheit und Wahnsinn aus dem Boote in die See zu ihr springen.

Quelle:
Jiriczek, Otto L.: Færöerische Märchen und Sagen. In: Zeitschrift für Volkskunde 2 (1892) 1-24, 142-165, Berlin: A. Asher & Co, S. 9-10.
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