[246] 10. Die Arachobiten und die Lamnia.

Im Alterthum haftete in derselben Gegend die ähnliche Sage von der Lamia oder Sybaris, welche Antoninus Liberalis 8 nach Nikandros' 'Ετεροιούμενα mit den folgenden Worten erzählt: Παρὰ τὰ cφυρὰ τοῦ Παρναcοῦ πρὸc νότον ὄροc ἐcτὶν ὃ καλεῖται Κιρφὶc παρὰ τὴν Κρίcαν, καὶ ἐν αὐτῷ ἐcτιν ἔτι νῦν cπήλαιον ὑπερμέγεθεc, ἐν ᾧ θηρίον ᾤκει μέγα καὶ ὑπερφυέc, καὶ αὐτὸ Λαμίαν, οἱ δὲ Cύβαριν ὠνόμαζον. τοῦτο καθ᾽ ήμέραν ἑκάcτην τὸ θηρίον ἐπιφοιτῶν ἀνήρπαζεν ἐκ τῶν ἀγρῶν τὰ θρέμματα καὶ τοὺc ἀνθρώπουc. ἤδη δὲ τῶν Δελφῶν βουλευομένων ὑπὲρ ἀναcτάcεωc καὶ χρηcτηριαζομένων εἰc ἥντινα παρέcονται χώραν, ὁ θεὸc ἀπόλυcιν ἐcήμανε τῆc cυμφορᾶc, εἰ μένοντεc ἐθέλοιεν ἐκθεῖναι παρὰ τῷ cπηλαίῳ ἕνα κοῦρον τῶν πολιτῶν. κἀκεῖνοι καθάπερ ὁ θεὸc εἶπεν ἐποίουν. κληρουμένων δ᾽ ἔλαχεν Ἀλκυονεὺc ὁ Διόμου καὶ Μεγανείρηc παῖc, μονογενὴc ὢν τῷ πατρὶ καὶ καλὸc καὶ κατὰ τὴν ὄψιν καὶ τὸ τῆc ψυχῆc ἦθοc. καὶ οἱ μὲν ἱερεῖc τὸν Ἀλκυονέα cτέψαντεc ἀπήγαγον εἰc τὸ τῆc Cυβάριδοc cπήλαιον, Εὐρύβατοc δὲ κατὰ δαίμονα ἐκ τῆc Κουρήτιδοc ἀπιὼν ὁ Εὐφήμου παῖc, γένοc μὲν Ἀξίου τοῦ ποταμοῦ, νέοc δ᾽ ὢν καὶ γενναῖοc, ἐνέτυχεν ἀγομένῳ τῷ παιδί, πληγεὶc ἔρωτι καὶ πυθόμενοc καθ᾽ ἥντινα πρόφαcιν ἔρχονται, δεινὸν ἐποιήcατο μὴ οὐκ ἀμῦναι πρὸc δύναμιν, ἀλλὰ περιιδεῖν οἰκτρῶc ἀναιρεθέντα τὸν ταῖδα. περιcπάcαc οὖν ἀπὸ τοῦ Ἀλκυονέωc τὰ cτέμματα καὶ αὐτὸc ἐπὶ τὴν κεφαλὴν ἐπιθέμενοc ἐκέλευεν ἀπάγειν ἑαυτὸν ἀντὶ τοῦ παιδόc. ἐπεὶ δὲ αὐτὸν οἱ ἱερεῖc ἀπήγαγον, εἰcδραμὼν καὶ τὴν Cύβαριν ἐκ τῆc κοίτηc cυναρπάcαc παρήνεγκεν εἰc ἐμφανὲc καὶ κατὰ τῶν πετρῶν ἔρριψεν ἡ δὲ καταφερομένη προcέκρουcε τὴν κεφαλὴν παρὰ τὰ cφυρὰ τῆc Κρίcηc. καὶ αὐτὴ μὲν ἐκ τοῦ τραύματοc ἀφανὴc ἐγένετο, ἐκ δὲ τῆc πέτραc ἐκείνηc ἀνεφάνη πηγή, καὶ αὐτὴν οἱ ἐπιχώριοι καλοῦcι Cύβαριν. – Also auch in der alten Sage tritt, wie in der unsrigen, ein hochherziger Jüngling aus Mitleid für den Unglücklichen ein, auf welchen das Los gefallen ist, und tödtet das Ungeheuer. Die Höhle, in welcher die Sybaris hauste, ist die in einer tiefen, jenseits des Pleistos von der Kirphis herabkommenden Schlucht versteckte grosse Höhle, die jetzt Krypsána heisst, und die Quelle Sybaris die gegenüber befindliche Winterquelle Zálesca (Ulrichs Reisen und Forschungen in Griechenl. I, S. 26 f. und S. 34, Anm. 44). Die Doubri ist zwar an einer andren Stelle, aber doch in demselben Thale, und es dürfte demnach um so weniger einem Zweifel unterliegen, dass die heutige Sage wirklich aus jener hellenischen, mit welcher sie in den Grundzügen völlig übereinstimmt, hervorgegangen ist.

Im Eingang unsrer Sage ähnlich ist die von Politis Μελέτη I, S. 135 mitgetheilte, welche sich an eine Kapelle des heiligen Georg beim Dorfe Γιάννιτcα unweit Kalamata's in Messenien anknüpft. Die dortigen[246] Bauern erzählen, dass vor Zeiten bei der alljährlich am 23. April daselbst abgehaltenen Panegyris jedesmal ein cτοιχειό aus einem nahen Loch hervorkam und einen von den zur Festfeier Versammelten auffrass. Da sie nach vieljähriger Erfahrung einsahen, dass dem Uebel nicht abzuhelfen, beschlossen sie das Fest gar nicht mehr zu begehen. Allein eine Woche vor demselben erschien der Heilige allen gleichzeitig im Traume und versicherte ihnen, dass sie fortan nichts mehr bei der Festfeier zu leiden haben würden, da er das cτοιχειό in seiner Behausung eingeschlossen habe. Und in der That fanden sie, als sie sich hinbegeben, die Oeffnung verrammelt mit einem gewaltigen Steine, auf welchem ein Hufeisen (πέταλον) eingedrückt war. Das Ross des heiligen Georg nämlich hatte mit dem einen Fusse den Stein auf die Oeffnung gestampft. Seitdem führt der Heilige den Zunamen πεταλωτήc, und noch jetzt zeigt man auf einer Steinplatte die Spuren des Hufeisens.

Im Uebrigen darf man zu unsrer Sage das Märchen bei Buchon Nr. 3, S. 277 f. vergleichen, welches erzählt, wie alle Jahre ein Mädchen einem Ungeheuer dargebracht wird, das die Quelle bewacht und die Bewohner des Ortes ohne diesen Tribut nicht schöpfen läset, bis das Los die Königstochter trifft, welche der Held des Milrcheus erlöst durch Tödtung des Ungeheuers, worauf die Hochzeit beider erfolgt, und die sehr ähnlichen Züge bei Hahn Nr. 70 (II, S. 55) und in dem albanesischen Märchen ebendas. Nr. 98. Vgl. endlich noch das offenbar auf einer Ortssage beruhende Lied vom heiligen Georg bei Jeannaraki Kretas Volkslieder Nr. 1 (deutsch bei Elpis Melena Kreta-Biene S. 9 ff.).

Quelle:
Schmidt, Bernhard: Griechische Märchen, Sagen und Volkslieder. Leipzig: Teubner, 1877, S. 246-247.
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