Vorrede

Obgleich der Verfasser dieses Buchs, das unter dem Titel Fairy legends and traditions of the South of Ireland. London 1825. erschien, sich nicht genannt hat, so darf man doch voraussetzen, daß er ein geborner Irländer ist oder lang in Irland gelebt hat. Er zeigt genaue Kenntniß von Oertlichkeiten, Sitten und Denkweise und ist vertraut mit eigenthümlichen Ausdrücken, Gleichnissen, sprichtwörtlichen Reden und andern Kleinigkeiten dieser Art, die nicht wenig dazu beitragen seine Darstellung zu beleben und in der Ferne oder aus einem Buch sich nicht erlernen lassen. Daher bedarf es kaum der Versicherung, welche er in ein paar als Einleitung vorangehenden Zeilen gibt, daß er alles aus dem Munde des Volks und in dem Styl, in welchem es gewöhnlich vorgetragen werde, aufgenommen habe. Abgesehen von dem eigentlichen Inhalt verleiht diese Treue und Wahrheit der Ausführung seiner Sammlung noch einen besondern Werth, denn sie gewährt eine Reihe kleiner, mit richtigen Farben und in allen Nebendingen sorgfältig ausgemahlter Bilder, die als irische Idyllen gelten könnten. Man muß nachsichtig urtheilen, wenn manchmal etwas zu viel sollte gethan seyn; dieser Fehler des zu sorgsamen Ausmahlens, der immer nützlich und wobei Fleiß und Bestreben an sich achtungswerth ist, erklärt sich am natürlichsten aus dem Einfluß, den Walter Scotts Darstellungsart gegenwärtig in England ausübt, welche ihrer Natur zufolge bei Nachahmern, selbst bei talentvollen, leicht die rechte und feine Linie überschreiten kann. Wer noch Sinn hat für schuldlose und einfache Poesie wird sich von diesen Märchen angezogen fühlen, sie haben einen eigenthümlichen Beigeschmack, der nicht ohne Reiz ist und kommen aus einem Lande, an das wir gewöhnlich nur in wenigen und gerade nicht erfreulichen Beziehungen erinnert werden. Gleichwohl wird es von einem Volke bewohnt, dessen Alterthum und frühe Bildung die Geschichte bezeugt und das, wie es zum Theil noch in der eigenen Sprache redet, auch lebendige Spuren seiner Vorzeit wird aufzuweisen haben, wovon der hier dargestellte[7] Glaube an überirdische Wesen vielleicht eins der besten Beispiele abgibt.


Den einzelnen Erzählungen unmittelbar zugefügte Anmerkungen des Sammlers sind nach englischer Sitte so weitläufig als möglich und oft gar nicht auf die Sache, sondern einen nebenbei erwähnten, unwesentlichen Umstand gerichtet. Nichts was zur Erläuterung der Ueberlieferung selbst diente, ist von uns ausgelassen, wohl aber was ungehörig schien, darunter auch manche gerade nicht glückliche allgemeine Sprachbemerkung oder etymologische Ausführung. Von uns herrührende Zusätze sind jedesmal mit einem Stern bezeichnet worden. Einiges wenige, was sich auf das Wesen der Elfen bezog, haben wir für die einleitende Abhandlung verwendet, die wir hinzuzufügen für zweckmäßig hielten.


Cassel 10ten Juli 1825.

Quelle:
Croker, Thomas Crofton: Irische Elfenmärchen. Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1966, S. 7-8.
Lizenz:
Kategorien: