XLV. Die Kuh Búkolla.

[190] Árn. II S. 470/1. Nach der Erzählung einer Frau auf Seltjarnarnes.


Einem Bauernpaare wird die einzige Kuh Búkolla gestohlen, gerade nachdem sie gekalbt hatte. Sie suchen und suchen sie überall, können sie aber nirgends finden. Nun[190] schicken sie ihren Sohn, den sie nicht besonders lieben, nach der Kuh aus und sagen ihm, er dürfe ohne die Kuh ihnen nicht wieder vor die Augen kommen. Wie der Bursche eine Weile gegangen ist, setzt er sich zum Essen nieder und sagt: »Brülle Búkolla, wenn du irgendwo noch am lieben bist.« Darauf glaubt er in weiter Ferne das Tier brüllen zu hören. Er geht nun weiter. Bei der zweiten East scheint ihm auf seine Aufforderung hin das Gebrüll der Búkolla etwas naher zu sein, und wie er die dritte Mahlzeit einnimmt, hört er die Kuh unter seinen Füssen brüllen. Er klettert nieder, bis er in eine grosse Höhle gelangt. Hier findet er Búkolla angebunden, doch ohne Zaudern löst er sie und führt sie mit sich. Wie er nach einer Weile sich umschaut, sieht er sich von einer grösseren und einer kleineren Riesin verfolgt. Da diese bei ihren grossen Schritten ihn bald einholen werden, fragt er Búkolla, was er tun solle. Die Kuh rät ihm, ein Haar aus ihrem Schwänze zu nehmen und es auf die Erde zu legen. Dann zaubert sie es zu einem grossen Teiche um. Doch die Riesin lässt durch ihre Tochter den grossen Ochsen ihres Vaters holen, und der trinkt sogleich den ganzen Teich aus. Nun verzaubert Búkolla ihr Schwanzhaar zu einem riesigen Scheiterhaufen. Jetzt wird von der Riesentochter auf die Aufforderung der Alten der Ochse zurückgeholt. Der gibt dann alles Wasser wieder von sich, so dass das Feuer erlöscht. Schliesslich wird aus dem dritten Schwanzhaare der Kuh ein hoher Berg. Die Riesin lässt jetzt das grosse Bohreisen ihres Vaters holen und bohrt sich einen Weg hindurch. Wie sie durch die Öffnung schon hindurch sehen kann, drängt sie sich voreilig hinein. Doch der Weg ist zu eng, sie bleibt in ihm stecken und wird schliesslich zu Stein. Der Bauernbursche aber kommt mit seiner Búkolla glücklich zu den Eltern zurück.

Dieses Märchen ist eigentlich nur eine Märchenepisode von den bei der Flucht ausgeworfenen Gegenständen, die die Verfolgung hindern. In diesem fragmentarischen Charakter stimmt es mit Grimms »Wassernixe« (79, I S. 294) überein. Auch dort handelt es sich nur darum, wie Brüderchen und Schwesterchen auf der Flucht vor der Wassernixe sich retten.

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 190-191.
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