36. Der gute Ambriano in Anacapri

[182] Eine brave Frau besaß einen Spitzenwebstuhl. Einst hatte sie abends alles sorgfältig für den nächsten Morgen vorgerichtet. Da hörte sie in der Nacht ein klapperndes Geräusch und sah durch die Türspalte ein flinkes Männchen am Webstuhl sitzen. Das war der gute Ambriano. Die Frau wagte sich vor Furcht nicht zu rühren und fand dann am Morgen ihre ganze Arbeit vollendet. Und so ging es Tag für Tag weiter. Und da die Frau klug war und keinem Menschen ein Wort sagte, erwarb sie ein hübsches Vermögen.

Aber nach ihrem Tode zog eine unordentliche Frau in das Haus, der Ambriano nicht gewogen war und die beständiges, meist selbstverschuldetes Unglück schließlich aus dem Hause trieb.

Quelle:
Zschalig, Heinrich: Die Märcheninsel. Märchen, Legenden und andere Volksdichtungen von Capri. Dresden: Verlag Deutsche Buchwerkstätten, 1925, S. 182-183.
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