[372] 798. Veit der Zauberer.

Wer kennt nicht den berüchtigten Zauberer Veit, der vor vielen, vielen Jahren in unseren Gauen seinen Spuk trieb? An verschiedenen Orten des Landes tauchte er auf; auch in der Umgegend von Berdorf soll er gehaust haben. Er trug einen Zaubergürtel um die Lenden, vermittelst dessen er die verschiedenartigsten Verwandlungen vornehmen konnte, so z.B. verwandelte er sich bald in einen Baumstamm, bald in eine Bank usw. Sein besonderes Wohlgefallen war, den Butterfrauen einen Schabernack zu spielen. Wenn dieselben ihre mit Butter, Käse und Eiern gefüllten Körbe zu Markt trugen, täuschte sie der listige Veit, indem er sich in Gestalt eines Baumstammes, eines schweren Steines oder einer Bank dicht an den Weg legte, um die müden Weiber zum Sitzen einzuladen.[372] Jedoch diese Ruhe sollte den armen Marktfrauen übel bekommen, denn auf einmal purzelten sie samt ihren Körben zu Boden und der Inhalt rollte und kollerte im Staub, während Veit sich mit höhnischem Gelächter entfernte.

Zu verschiedenen Malen eingefangen und verurteilt, durch Henkershand den Tod zu erleiden, wußte Veit stets dem Verderb zu entkommen. Hatte man ihn aufs Hochgericht geschleppt und ihm den Strick bereits um den Hals gelegt, so hing auf einmal ein Bund Stroh da. Schließlich verfiel man auf den Gedanken, den alten Zauberer rückwärts zum Galgen zu führen und ihn mit seinem eigenen Zaubergürtel zu hängen. Dies gelang und die Gegend war von dem Unheilstifter befreit.


P. Wolff

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 372-373.
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