[427] 905. Vom Drücken der Hexen.

Wenn die Hexen den Menschen auf keine andere Weise zusetzen konnten, so nahmen sie ihre Zuflucht zu dem sogenannten Drücken. Die Hexe setzte sich nämlich dem Menschen, dem sie Leid zufügen wollte, auf die Brust und hielt ihm sogar mit ihren langen Fingern oft den Hals zu, so daß er fast erstickte. Manchmal legte sich den Menschen auch eine Katze auf die Brust, die sich nicht fortjagen lassen wollte. Dieselbe war so schwer, daß der unter ihr Liegende fast erdrückt wurde. Wurde die Hexe aber erkannt, so drohte sie dem von ihr Gedrückten mit schmählichem Tod, wenn er je ein Wort darüber laut werden lasse.

Eine alte Frau aus der Obergasse zu Rodingen, die noch heute lebt, hatte auf diese Weise jahrelang zu leiden. Sie kannte die Hexe, aber sie durfte kein Wort sagen, denn dieselbe hatte ihr gedroht: »Wenn du je einmal etwas sagst, geht es dir nicht gut!«


Lehrer P. Hummer

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 427.
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