[449] 948. Die Hausfrau als Katze.

A. In Hallenhaus zu Esch a.d. Sauer war vor alter Zeit einmal die Magd beschäftigt, abends die Schuhe der Hausbewohner zu putzen. Eine Katze saß neben ihr und sah zu. Da die Magd ihre eigenen Schuhe zuerst reinigte, sprach die Katze: »Es ist nicht Brauch, daß die Magd ihre Schuhe zuerst reinigt.« – »Es ist auch nicht Brauch«, erwiderte die Magd, »daß die Katzen sprechen« und mit diesen Worten schlug sie der Katze den Absatz ihres Schuhes ins Gesicht. Mit einem Satz sprang die Katze zur offenen Tür hinaus und die Treppe hinauf.

Am andern Morgen wollte die Hausfrau nicht aufstehen; als sie endlich herunter kam, sah man die Spuren der Nägel des Schuhabsatzes, mit dem die Magd sie geschlagen, in ihrem Gesicht abgedrückt. Diese Frau war eine Hexe.


Lehrer Schlösser zu Esch a.d. Sauer


B. Zu Rodingen war eine Magd, welche die Gewohnheit hatte, beim Putzen der Schuhe die ihrigen zuerst zu wichsen. Als sie einst wieder damit beschäftigt war, kam die schwarze Hauskatze dahergeschlichen, stellte sich vor die Magd und sagte: »Ist es Brauch, daß die Mägde ihre Schuhe zuerst wichsen?« Die Magd stellte sich, als habe sie die Worte der Katze überhört, ergriff heimlich einen Schuh und schleuderte denselben der Katze mit aller Gewalt an den Kopf.[449]

Am folgenden Morgen bemerkte die Magd, daß die Hausfrau die Nase geschunden hatte. Das war also die Katze vom gestrigen Abend. Zur Stunde verließ die Magd den Dienst.


Lehrer P. Hummer


C. Zu Machtum schmierte eine Magd abends die Schuhe der Hausbewohner. Sie nahm ihre eigenen Schuhe zuerst zur Hand. Da nahte sich ihr eine Katze, welche sagte: »Seit wann ist es Brauch, daß die Mägde ihre Schuhe zuerst schmieren?« Die Magd erwiderte: »Und seit wann ist es Brauch, daß die Katzen sprechen?« Mit diesen Worten schlug sie mit der Bürste die Katze heftig ins Gesicht, worauf diese entsprang.

Am andern Morgen gewahrte sie, daß die Hausfrau mehrere Vorderzähne eingeschlagen hatte.


D. Zu Dommeldingen hatte eine Frau den Schuster ins Haus genommen. Da er aber mit seiner Arbeit vor Einbruch der Nacht nicht fertig wurde, so begehrte er ein Licht; er wolle, sagte er, in der Nacht arbeiten, bis die Schuhe fertig wären. Ungefähr gegen zwölf Uhr kam eine Katze, setzte sich neben ihn auf den Stuhl und schaute ihn immer fest ins Auge. Allmählich fing sie an zu schlafen, schwankte und wäre beinahe vom Stuhl herabgefallen; dabei schrie sie: »I, da wär ich fast gefallen!« Der Schuster machte das Kreuzzeichen und hob sein Messer in die Höhe. Schnell sprang die Katze zur Tür, aber der Schuster warf ihr das Messer nach und verwundete sie am Hinterfuß. Esr rann ein wenig Blut und zur Stunde stand statt der Katze die Meisterin des Hauses da, welche die Katzengestalt angenommen hatte, um den Schuster zu beobachten.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 449-450.
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