[499] 1039. Die Reiterleh zu Marienthal.

Gegenüber dem ehemaligen Kloster Marienthal, am rechten Eischufer, erhebt sich, ungefähr zwei Meter von der Felswand entfernt, ein etwa dreißig Meter hoher, vereinzelt stehender Felsen, bekannt unter dem Namen Reiterleh. An diesen Felsen knüpft sich folgende Sage.

Ein edler und tapferer Ritter wurde einst von seinen Gefährten abgeschnitten[499] und von Feinden umringt, die ihn immer mehr nach dem Felsengürtel am rechten Eischufer hindrängten, so daß er den Tod vor und hinter sich sah: hinter sich die grimmigen Feinde, vor sich den tiefen Abgrund. In dieser Not beschloß er, den gefährlichen Sprung in die Tiefe zu wagen, und machte das Gelübde, soviel Pfund Wachskerzen der Klosterkirche von Marienthal zu schenken, als er in voller Rüstung samt seinem Pferde wiege, falls er mit dem Leben davonkäme. Rasch drückt er dem Pferde die Sporen in die Weichen, setzt auf die Reiterleh hinüber und dann hinab in die Tiefe. Unten angekommen, versank das Pferd bis über die Kniee in den Boden, doch rasch hat es sich wieder herausgearbeitet, und im Galopp ging's weiter. Nach anderer Mitteilung setzte das Pferd den Ritter sanft auf den Boden nieder, ohne daß beiden das geringste Leid geschah. Der Ritter dankte Gott für die wunderbare Rettung und begab sich ins Kloster, um sich abwägen zu lassen. Da sieh! er wog samt dem Pferde nur ein Pfund, (nach anderen drei, und nach anderen fünfundzwanzig Pfund).

Oben auf dem Felsen, von wo der Reiter sich in die Tiefe stürzte und der noch heute Reiterleh heißt, zeigt man noch zur Stunde den Abdruck des Hufeisens seines Pferdes.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 499-500.
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