[78] 172. Das rollende Faß bei Kaundorf.

Wenn man von Esch an der Sauer den Berg hinauf nach Kaundorf geht, so trifft man unterwegs eine Stelle, wo es nicht recht geheuer sein soll. Einige wollen dort des Nachts ein rollendes Faß, andere einen großen, unheimlichen Mann gesehen haben, der aber, wenn man ihn anreden wollte, plötzlich verschwand. Wieder andere bemerkten dort ein Geldfeuer, das aber heute nicht mehr besteht.

Ein Mann von Esch an der Sauer kam eines Abends ziemlich angeheitert von Kaundorf, wohin er sich des Nachmittags Geschäfte halber begeben hatte. Je näher er zu dem Schreckensorte kam, desto mehr dachte er über die Gespenster nach, die an dieser Stelle erscheinen sollten. Als er so in Gedanken vertieft seinen Weg fortsetzte, erblickte er auf einmal etwas Schwarzes vor sich den Abhang hinabrollen. Dem Manne wurde es ganz unheimlich zu Mute. »Richtig«, dachte er, »das ist ja das rollende Faß, das schon so manchen hier in die Flucht gejagt hat«. Er bedachte sich auch nicht weiter, sondern lief, so schnell er konnte, um aus dem Bereich dieser Erscheinung zu kommen, und traf ganz erschöpft um Mitternacht zu Hause an. Seit dieser Zeit ist der Mann nie mehr in der Nacht diesen Weg gegangen; man hat auch seither nichts von dem Geisterspuk vernommen.


Lehrer H. Georges

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 78.
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