[140] 329. Grenzsteinverrücker zu Rodingen.

Zu Rodingen hinter der Obergasse dehnt sich ein Feld aus, bekannt unter dem Namen die Schäferei. Auf diesem Felde ging vorzeiten ein Geist mit einem Markstein um und rief beständig: »Wohin soll ich den Markstein setzen? wohin soll ich ihn setzen?«

Eines Abends hatten sich verschiedene Einwohner der Obergasse in der Spinnstube versammelt. Einer derselben trat ins Freie heraus und hörte hinter den Häusern eine Stimme rufen: »Wohin soll ich den Markstein setzen? wohin soll ich ihn setzen?« Als der Ruf zum drittenmal erscholl, konnte der Mann sich nicht enthalten, zu antworten: »Setz mir ihn in den[140] H ...« Kaum aber hatte er das gerufen, so sauste der Markstein mit einer solchen Heftigkeit an seinem Kopfe vorbei, daß, wäre er davon getroffen worden, derselbe ihn unfehlbar zerschmettert hätte. Der Markstein aber schlug in die unterhalb der Obergasse liegenden Gärten.


Lehrer P. Hummer

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 140-141.
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