[199] 470. Höllischer Lärm in der Grosbuser Seitert.

Vor Jahren kam ein kräftiger Jüngling aus Schandel in später Nacht bei hellem Mondscheine[199] von Merzig. Um so bald als möglich in seine Heimat zu kommen, schlug er einen Fußpfad ein, der durch das große Gebüsch zwischen Grosbus und Vichten führt. Schnellen Schrittes ging er auf dem holprigen Wege voran. Da auf einmal – es war bei der Grosbuser Seitert – tönten klägliche Laute an sein Ohr, die sich bald in ein höllisches Zetergeschrei verwandelten. Der Jüngling beflügelte seine Schritte, um diesem gräßlichen Spektakel zu entgehen. Aber der immer wachsende Lärm wurde bald so grell und furchtbar, daß er glaubte, die ganze Hölle sei los. Er klammerte sich an eine Buche, um das Ende dieses Getümmels abzuwarten, denn voran konnte er nicht mehr. Er stierte um sich, erblickte aber nichts, während der entsetzliche Lärm über ihm und um ihn herum noch immer heftiger wurde. Die dichtbelaubten Buchen, die alten Eichenstämme, glaubte er, würden über ihm zusammenbrechen und ihn unter ihrem Geäste begraben. Unwillkürlich ließ er die Buche los, die er umfangen hielt, und irrte eine Zeitlang umher. Nach und nach nahm das Getöse ab und der Jüngling fand den rechten Pfad wieder, auf dem er so oft des Nachts gewandert war, ohne je solchen vermaledeiten Geisterspuk erlebt zu haben. Matt und müde kam er zu Hause an und sank totenbleich an der Schwelle nieder. Von diesem Tage an siechte der sonst so starke Jüngling hin und war bald eine Leiche.

An verschiedenen andern Stellen dieser waldreichen Gegend wurde diese schauerliche Musik gehört, aber nie wurde etwas gesehen.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 199-200.
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