[201] 473. Der Geisterspuk beim Läuteschbösch.

Auf dem Banne Rosport über dem Abhange des sogenannten Läuteschbösch und hart an dem Pfade, der von Rosport nach Girsterklaus hinaufführt, steht ein altes, mit grauem Moos bedecktes, steinernes Kreuz, bei welchem es früher, wie die alten Leute aus Rosport und Umgegend berichten, nicht geheuer gewesen sein soll. In der Nähe dieses Kreuzes entstand nämlich zu gewissen Zeiten um Mitternacht ein unheimliches Sausen und Brausen, dessen Entstehen man sich nicht erklären konnte. Es war, als ob die dicksten Buchen zerspalten und der ganze Wald entwurzelt würden. Der Spuk setzte sich den ganzen Abhang des Läuteschbösches hinunter und über die am Fuße desselben liegenden[201] Felder fort und verschwand an dem zwischen Hinkel und dem Hölteberg gelegenen Wehrhäuschen in der Sauer, deren Fluten sich mit Gewalt auseinanderteilten und so heftig zischten, daß sie schäumend in die Höhe spritzten.

Ein Mann aus Rosport, der in später Nacht nach Hinkel ging, vernahm, als er unten am Fuße des Läuteschbösches vorüberging, ein unheimliches Getöse, welches sich oben auf dem Berge bei besagtem Kreuze erhob. Es kam immer näher und näher den Berg herunter, sauste über seinem Haupte hinweg und verschwand unten am Wehrhäuschen in den schäumenden und tobenden Fluten der Sauer. Als der Mann nun erschrocken und verlegen um sich blickte, sah er zu seinem noch größeren Entsetzen an jener Stelle, wo seit dem Jahre 1872 ein Kreuz errichtet ist, sechs häßliche kohlschwarze Katzen am Wege liegen.

Auch andere Leute, die in tiefer Nacht von Rosport nach Hinkel gingen, vernahmen dasselbe gespensterhafte Getöse im Läuteschbösch, sahen aber, statt der sechs schwarzen Katzen, am Wegesrand ein Fuderfaß unter furchtbarem Geräusch den Berg herunterrollen.


Lehrer M. Bamberg zu Steinheim

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 201-202.
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