[217] 499. Gespenstische Kröte.

Auf Schloß Steinborn zu Heffingen ging die Köchin eines Tages in den Keller, um eine Flasche Wein heraufzuholen. Als sie die Treppe hinunterstieg, gewahrte sie auf einer Stufe derselben ein schneeweißes Lamm; sie nahm das Tier auf ihre Arme und trug es in den Schloßhof, in der Hoffnung, es werde weiterhüpfen. Doch kaum hatte dasselbe den Boden berührt, als es sich in eine Kröte von außerordentlicher Größe verwandelte. Die Dienstboten liefen auf das Geschrei der Köchin herbei und wollten das Untier töten. Aber ein bejahrter Schäfer, der das Gnadenbrot auf dem Schlosse erhielt, trat herzu und sprach: »Ich warne euch vor diesem Unternehmen, denn ich glaube, es geht hier nicht mit rechten Dingen zu. Da es eben zwölf Uhr ist, so möchte ich euch anraten, euer Mittagsmahl vorerst einzunehmen, und dann könnt ihr kommen und nachsehen.« Den Rat des alten Mannes befolgend, traten die Dienstboten erst nach der Mahlzeit wieder in den Hof, um ihr Vorhaben auszuführen, aber sieh, das Untier war spurlos verschwunden.


J. Bettendorf

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 217.
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